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Mehr Routine, mehr Qualität Nur große Kliniken für Frühchen

Der Bundesverband "Das frühgeborene Kind" fordert, dass Frühchen unter 1500 Gramm nur in erfahrenen Kliniken behandelt werden dürfen. In Krankenhäusern, die im Jahr weniger als 20 dieser Mini-Frühchen sähen, sei das Risiko für lebenslange Behinderung oder Tod erhöht, sagte Silke Mader, Vorsitzende des Bundesverbandes "Das frühgeborene Kind", der Deutschen Presse-Agentur. Mader zufolge werden in Deutschland jährlich 60.000 Frühchen geboren, davon 9000 mit einem Geburtsgewicht von weniger als 1500 Gramm.

Wünschenswert sei eine Mindest-Behandlungszahl von 50 Fällen pro Jahr, sagte Mader. In den USA seien 120 bis 150 Fälle pro Jahr Pflicht. Die 50er-Grenze gelte in Deutschland für viele Krankheitsbilder vom Brusttumor bis zur Knieoperation. "Warum sollte man, wenn man ein Knie operiert, eine gewisse Erfahrung vorschreiben, aber bei Frühchen ist es egal?" Für diese Kinder gelte das gleiche wie für alle anderen medizinischen Diagnosen und Eingriffe: "Was man öfter macht, kann man besser. Mehr Routine bedeutet mehr Qualität."

Viele Unwägbarkeiten

Bei unerfahrenen Teams bestehe zum einen die Gefahr, dass Schädigungen bei den Winzlingen übersehen würden, sagte Mader. Bei Frühchen könnten Gehirnblutungen auftreten, manchmal schließe sich der Herzmuskel nicht oder innere Organe seien unvollständig entwickelt. "Und selbst wenn es erkannt wird: Dann muss das Kind operiert werden und zwar schnell. Und dafür muss dann so ein Winzig- Frühchen mit dem Hubschrauber von A nach B geflogen werden. Dass die Ruckelei dem Gehirn nicht gut tut, das kann man sich vorstellen."

Bisher hätten die Kliniken im für solche Fragen zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss diesen Vorstoß stets abgeblockt. Den Grund dafür sieht Mader bei der Finanzierung: Frühchen seien eine lukrative Einnahmequelle: "Die Versorgung kleiner Frühchen kostet zwar viel Geld, aber durch die Refinanzierung dieser Kosten rechnet sich oft die ganze Station." Tatsächlich müssten - würde die Mindest- Behandlungszahl 50 eingeführt - wohl einige schließen, gibt Mader zu. Aber selbst dann müssten die Eltern nie mehr als 100 Kilometer fahren. Ihrer Ansicht nach reichen dennoch statt der heute 300 Stationen "80 bis 120" aus, um die Versorgung sicherzustellen.

Der Bundesverband "Das frühgeborene Kind" mit Sitz in Frankfurt versteht sich als Dachorganisation von Elterninitiativen und Fördervereinen für Frühgeborene und kranke Neugeborene. Der Verein setzt sich für eine bessere medizinische Versorgung ein, fördert regionale Selbsthilfegruppen und unterstützt betroffene Eltern.

Quelle: ntv.de

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