25 Zentimeter lange Pfropfen Ohrenschmalz verrät Wal-Geheimnisse
17.09.2013, 07:36 Uhr
Keine Ohren zu haben, bedeutet nicht, dass es keinen Schmalz gibt.
(Foto: dpa)
Blauwale geben Forschern noch immer viele Rätsel auf. Doch nun wird ein neues Detail aus dem Leben der Meeressäuger bekannt: Der Ohrenschmalz der Giganten ist verräterisch. Unter die Lupe genommen, liefert er wertvolle Erkenntnisse - zum Beispiel über ihr Liebesleben.
Ohrenschmalz von Walen kann Auskunft geben über das Liebesleben und die Schadstoffbelastung der Meeressäuger. Das hat ein Forscherteam um Sascha Usenko von der Baylor Universität in Waco im US-Bundesstaat Texas bei der Untersuchung eines Blauwals herausgefunden. Ziel der Studie war es, ein chemisches Profil des Meeresgiganten zu erstellen. Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachjournal "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS").
Für ihre Untersuchung entfernten die Forscher den 25 Zentimeter langen Schmalzpfropfen aus dem Gehörgang des toten Blauwals. So, wie an einer Baumscheibe die Lebensringe sichtbar werden, besteht auch ein Pfropfen aus dem Ohr eines Wales aus mehreren Schichten. Die Wissenschaftler nahmen diese auseinander und analysierten sie genau. Sie suchten dabei unter anderem nach dem Stresshormon Cortisol und dem Sexualhormon Testosteron, aber auch nach Pestiziden.
Die Untersuchung ergab, dass der Blauwal etwa zwölf Jahre alt war, als er bei einer Schiffskollision starb. Der hohen Konzentration an Cortisol und Testosteron in den entsprechenden Schichten nach zu urteilen, wurde er mit etwa zehn Jahren geschlechtsreif. Andere Stoffe zeigen, dass er vor allem während des ersten Lebensjahres - als er noch gestillt wurde - Pestiziden ausgesetzt war. Die Forscher vermuten, dass die Schadstoffe durch die Mutter übertragen wurden.
Mensch beeinflusst Meer und Wale
Ziel der Studie war es, genauere Informationen über Stress- und Umwelteinflüsse sowie generell über die Entwicklung von Walen zu erhalten. "Der Ohrenschmalzpfropfen ermöglicht eine umfassendere Untersuchung, um das lebenslange chemische Profil nachzuzeichnen", schreiben die Autoren. Außerdem könne die Ohrenschmalz-Analyse Hinweise darauf geben, wie sehr der Mensch das Meer und die Wale beeinflusse.
Wale haben keine Ohrmuscheln. Ihre Ohren sind von außen nur als kleines Loch erkennbar. Zwischen dieser Öffnung und dem inneren Hörorgan liegt der Gehörgang mit dem Ohrenschmalzpfropfen.
Der Blauwal gilt als das schwerste Tier, das jemals auf der Erde gelebt hat. Die größten Exemplare messen über 30 Meter und wiegen mehr als 150 Tonnen - das sind über 40 Elefanten. Ihr Leben lang ziehen die bedrohten, stahlblauen bis blaugrauen Riesen auf der Suche nach Futter umher. Das Herz eines Blauwals hat die Größe eines Autos, und sein Magen fasst etwa zwei Tonnen Krill.
Nach Angaben der Umweltorganisation WWF führte die massive Jagd nach Blauwalen zu einem drastischen Rückgang der Bestände. Erst durch das 1967 von der Internationalen Walfangkommission IWC erlassene Jagdverbot werden diese Tiere geschützt. Sie sind laut WWF heute unter anderem durch die Meeresverschmutzung, den Schiffsverkehr und den Klimawandel bedroht.
Quelle: ntv.de, dpa