Die Arktis taut Permafrost setzt Treibhausgase frei
02.10.2008, 13:15 UhrDie Erderwärmung wird im Norden Sibiriens mehr Treibhausgase freisetzen als bisher angenommen. Zu diesem Schluss kommt eine internationale Forschergruppe unter Leitung von Heiner Flessa von der Universität Göttingen. Rückkopplungseffekte seien in den bisherigen Klimamodellen noch nicht ausreichend berücksichtigt, schreiben die Forscher im Journal "Global Change Biology". Sie hatten besonders Methan (CH4) untersucht, das als Treibhausgas rund 30 Mal wirksamer ist als Kohlendioxid (CO2).
Riesiger Kohlenstoffspeicher
In den Permafrostgebieten sind die Böden fast ganzjährig gefroren. Sie tauen nur im Sommer kurze Zeit für einige Dezimeter an der Oberfläche. Der ganzjährig gefrorene Boden verhindert, dass das Wasser während der Tauperiode versickert und begünstigt so die Bildung von Mooren mit Böden von hohem Humusgehalt. Diese speichern große Mengen Kohlenstoff.
Etwa ein Viertel des Bodens der nördlichen Hemisphäre gehört zum Permafrostbereich – ein riesiger Kohlenstoffspeicher. Taue der Dauerfrostboden auf, bestehe die Gefahr, dass die über Jahrtausende angereicherte und bislang gefrorene organische Substanz innerhalb kurzer Zeit freigesetzt wird, erklärte Flessa. Wie sich dies auf die Emissionen von Treibhausgasen auswirken wird, hat das Team am Unterlauf des Jenissej rund 100 Kilometer nördlich des Polarkreises untersucht.
Austritt von CO2 und Methan
Forschungsregion war ein Wassereinzugsgebiet im Übergangsbereich zwischen sibirischer Taiga und baumfreier Tundra. Die auf Messungen im Gelände und der Auswertung von Satellitenbildern beruhende Untersuchung komme zu dem Schluss, "dass die Böden unter den geänderten klimatischen Bedingungen große Mengen an Kohlenstoff verlieren, was auch durch ein gesteigertes Pflanzenwachstum nicht ausgeglichen werden kann". Die Gruppe hatte gemessen, wie viel Methan aus verschiedenen Böden freigesetzt wird. Dabei zeigte sich, dass mit Wald bedeckte Böden im Jahresdurchschnitt immer eine kleine Menge Methan aus der Luft aufnehmen. Sie sind also Senken für das Treibhausgas. Tauende Sümpfe hingegen setzen viel Methan frei.
Obwohl sie nur 2,1 Prozent der untersuchten Gesamtfläche ausmachten, sorgten sie dafür, dass in der Bilanz der Gesamtfläche 0,38 Gramm Methan je Quadratmeter frei wurden. Die Daten wurden von August bis November 2003 und von August 2006 bis Juli 2007 gesammelt. Durch den von Experten erwarteten Temperaturanstieg von sechs bis sieben Grad Celsius in Sibirien bis Ende dieses Jahrhunderts werde der Permafrostboden im Norden der Region tiefer auftauen und große Mengen Kohlenstoff freigeben. Außer dem Treibhausgas Kohlendioxid werde in erheblichem Umfang auch Methan in die Atmosphäre gelangen, was den Treibhauseffekt weiter verstärke – was wiederum weitere Moore tauen ließe. Insgesamt seien "die Konsequenzen der Klimaerwärmung für die natürlichen Lebensräume in Nordsibirien weitaus drastischer als bislang angenommen".
Quelle: ntv.de