Gäste aus Nordamerika "Problemgänse" machen Ärger
17.07.2008, 13:34 UhrLaut schnatternde Gäste sorgen in Deutschland in Stadtparks und an Badeseen immer häufiger für Ärger. Kolonnen von Kanadagänsen watscheln mit ihren Jungen über die Wiesen, betteln um Nahrung und hinterlassen jede Menge Kot. In der Ruhrgebietsstadt Duisburg mussten Anwohner sogar schon den Wasservögeln und ihrem Nachwuchs einen Spielplatz überlassen - zu groß war die Verschmutzung.
Nach Angaben des Naturschutzbundes (NABU) sind Nord- und Westdeutschland bereits "relativ stark" von der Wildgans besiedelt. Auch in Berlin gesellen sie sich gern zu Picknickern. Mittlerweile ziehe es die Tiere auch immer weiter in den Süden, berichtet der Ornithologe im NABU-Bundesverband, Julian Heiermann.
In Nordrhein-Westfalen sind die belagerten Gebiete vor allem an Flussabschnitten des Niederrheins gelegen sowie an Seen etwa in Münster, Duisburg, Bochum und Soest. Brütende Kanadagänse wurden laut Medienberichten auch an Seen bei Darmstadt und Augsburg gesichtet. Die Tiere mit dem markanten weißen Fleck auf dem schwarzen Hals würden sich immer mehr an den Menschen anpassen, so der Ornithologe.
Zäune gegen "Problemgänse"
Die ersten Städte haben nun Maßnahmen gegen die "Problemgänse" ergriffen. Zäune sollen den flugunfähigen Jungtieren und ihren Eltern den Weg zum Ufer versperren. Auch die Jagd auf die größte Wildgans in Deutschland wollen Behörden als Szenario nicht länger ausschließen.
Der Naturschutzbund Nordrhein-Westfalen räumt ein, dass die Exkremente der Vögel auf lange Sicht den natürlichen Reinigungsprozess in kleineren Seen stören könnten. Daher komme die Sorge der Kommunen, weiß auch der Sprecher für Vogelschutz im NABU NRW, Bernd Jellinghaus: "Man hat Angst, dass das Gewässer umkippt."
Dennoch warnen die NABU-Umweltschützer vor Panik und sprechen von einem "punktuellen Befall". Es ist schwierig zu sagen, wie viele der Einwanderer überhaupt hierzulande nisten. Während der NABU für Nordrhein-Westfalen zum Beispiel 400 Brutpaare schätzt, geht die Stadtverwaltung in Duisburg schon von 100 Gänsepaaren allein in der Ruhr-Stadt aus.
"Die Kanadagänse haben bei uns ein Leben wie im Schlaraffenland", schildert der Duisburger Stadtförster Stefan Jeschke. Sie hätten keine natürlichen Feinde und würden von den Menschen durchgefüttert. Außerdem fühlten sich die gefiederten Tiere in Parkanlagen mit Seen sehr wohl.
Seit 300 Jahren in Europa
Als Ziervogel für Parkanlagen und Zoos war die Kanadagans vor mehr als 300 Jahren nach Europa gelangt. Über die Jahrhunderte hinweg fanden ausgebüxte Tiere zueinander, gründeten Kolonien und wurden heimisch. Die Gänsepopulation sei vor allem an Seen in den vergangenen Jahren "erheblich gewachsen", sagt Förster Jeschke.
Der Duisburger Förster war selbst lange Jahre ein Freund der Gänse. Die Vögel treiben es ihm inzwischen zu bunt. Jeschke berichtet von einem seit voriger Woche geschlossenen Wasserspielplatz. Hier liefen die Gänse durch die Sandkästen und "koteten überall hin". Da bestehe "Handlungsbedarf". In Duisburg überlegen Behörden, in der Brutzeit 2009 den Vögeln die Eier aus den Nestern zu nehmen. Eine weitere Möglichkeit sei eine "moderate" Bejagung. "Wir wollen jedoch auf keinen Fall diese Tierart ausrotten", sagt Jeschke.
Bei einem Düsseldorfer Naherholungsgebiet sind unterdessen bewegliche Vogelscheuchen angedacht sowie Gänse-Warnrufe vom Tonband, die nach der Badezeit ausgestrahlt werden sollen. Erst als letzte Möglichkeit will man sich auch in Düsseldorf die Jagdsaison zunutze machen, die für Kanadagänse am 1. November beginnt.
Quelle: ntv.de, Kristina Kiauka, dpa