Gentechnisch verändert Ratten als HIV-Versuchstiere
02.01.2007, 16:10 UhrForscher der Universität Heidelberg haben Ratten mit Hilfe der Gentechnik für den Aidserreger HIV empfänglich gemacht. Damit sei gezeigt, dass sich die veränderten Nager im Prinzip als neues Modelltier für den Test von Medikamenten gegen die Immunschwäche eignen, berichten die Wissenschaftler um Oliver Keppler vom Institut für Virologie in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS"). Ihr Artikel wurde vom US-Virologen Robert Gallo für das Journal editiert, einem der beiden HIV-Entdecker.
Aidsforscher stehen seit der Entdeckung des Virus vor 26 Jahren vor einem schwerwiegenden Problem: Ihnen fehlt ein leicht zu haltendes, billiges und in großer Zahl zur Verfügung stehendes Versuchstier für die Krankheit, mit dem sich etwa die Wirkung neuer Medikamente prüfen ließe. HIV infiziert nur einige Immunzellen des Menschen. Diese lassen sich zwar in Zellkulturen halten und damit für die Forschung nutzen, aber die Experten bevorzugen die Arbeit am lebenden Organismus. An solchen müssen neue Medikamente auch getestet werden. Die im Labor weit verbreiteten und oft erprobten Ratten und Mäuse werden von dem Aidserreger aber nicht attackiert.
Dies hat sich mit den Experimenten des Heidelberger Teams nun geändert. Keppler übertrug gentechnisch einige Moleküle von der Oberfläche menschlicher Immunzellen auf Ratten. Diese so genannten Rezeptoren dienen dem Virus als Andockstelle. Mit ihrer Hilfe bleibt es im ersten Schritt der Infektion an der Zelle hängen. Die so geschaffenen Tiere tragen also einige menschliche Moleküle an ihrer Oberfläche - den so genannten CD4-Rezeptor-Komplex.
Die Ratten ließen sich daraufhin tatsächlich mit menschlichen Aidserregern infizieren, das Virus vermehrte sich in ihnen, heißt es in "PNAS". In weiteren Experimenten zeigte sich, dass ein herkömmliches Medikament gegen HIV ebenfalls in den Tieren wirkte.
Weil sich die Ratten leicht und in großer Zahl halten lassen, werde die Suche nach neuen Wirkstoffen (so genannte Screens) vereinfacht. Davon könnte besonders die Suche nach neuen Wirkstoffen profitieren, die das Eindringen des Virus in die Immunzellen in einem frühen Stadium verhindern, schreibt Keppler. Zurzeit arbeitet sein Team unter anderem daran, die Vermehrung des Virus in den Nagern zu stärken und das Modelltier damit weiter zu verbessern.
Quelle: ntv.de