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"Nase noch nicht voll" Reiter macht weiter

Vier Wochen nach seiner Rückkehr zur Erde scheint der deutsche Astronaut Thomas Reiter noch auf Wolken zu schweben. Die Ziele der spektakulären Langzeitmission auf der Internationalen Raumstation ISS seien voll erreicht worden, berichtete der 48-Jährige bei der ersten Pressekonferenz nach seinem fast sechsmonatigen Einsatz am Donnerstag in Köln. Der ISS-Aufenthalt sei "faszinierend", der Blick auf die Erde "überwältigend" und die Schwerelosigkeit "wunderbar" gewesen, schwärmte Reiter.

Als einen Höhepunkt seiner 171 Tage im All und besonderen "Genuss" bezeichnete er seinen knapp sechs Stunden langen Außenbordeinsatz am 3. August. Obwohl er nun schon zwei Langzeitmissionen im Weltall absolvierte, hat Reiter "bei weitem die Nase noch nicht voll".

Nach Ansicht des früheren Luftwaffen-Oberst wird 2007 ein bedeutendes Jahr für die europäische Raumfahrt. Im Sommer werde das ATV-Versorgungsraumschiff zur ISS gebracht, gegen Ende des Jahres soll das europäische "Columbus"-Labor folgen. Ziel seiner "Astrolab"-Mission sei es auch gewesen, Erfahrung für die Arbeit im "Columbus"-Modul zu sammeln. Sobald dies angedockt habe, könnten dort nun die Operationen beginnen. Mit der jetzt abgeschlossenen Mission ist für die notwendige elektrische Energie und die Kühlung gesorgt.

Reiter ist Rekord-Inhaber für die längste Gesamtaufenthaltszeit im Weltraum, da er bereits 1995 genau 179 Tage im Rahmen der "Euromir"-Mission im All war. Mit seiner Langzeitmission als erster europäischer Astronaut sei die Arbeit auf der ISS auch internationaler geworden, sagte er.

Als Vorsitzender des ESA-Rats betonte Sigmar Wittig, Reiter habe "perfekte Arbeit" geleistet. Beim Ausbau der ISS seien große Fortschritte erzielt worden. "Wir kommen nun in eine Zeit der Ernte." Reiter erklärte, er habe die 171 Tage in Weltraum – etwa die Hälfte davon verbrachte er mit dem Russen Pawel Winogradow und dem NASA-Flugingenieur Jeffrey Williams – insgesamt sehr genossen. "Es gibt gute Tage, und es gibt schlechte Tage, man erlebt das zusammen."

DerAbschied sei bewegend und traurig gewesen, obwohl er sich zugleich riesig auf seine Rückkehr gefreut habe. Sein dreitägiger Rückflug und die Stunden nach seiner Landung am 22. Dezember mit der "Discovery" seien allerdings kein Vergnügen gewesen. Seine Rehabilitationszeit mit Sport, Gleichgewichtsübungen und verstärkten Gesundheitschecks ist noch nicht abgeschlossen.

Reiter nahm zahlreiche wissenschaftliche Experimente vor, darunter auch aus dem bildungstechnischen Bereich. Er freue sich, dass dies bei der Jugend offenbar großes Interesse geweckt habe, sagte der 48-Jährige. "Als kleiner Junge habe ich mich schon für die Raumfahrt interessiert", erklärte der Vater zweier Söhne. Mit seiner Mission wolle er auch Motivation und Interesse beim Nachwuchs wecken, meinte Reiter, der inmitten des großen Medienandrangs ganz ohne Starallüren und bescheiden auftrat.

Der Astronaut betonte, angesichts seiner faszinierenden Erlebnisse im Weltraum könnte er sich weitere Flüge vorstellen. "Die Reihe derer, die jetzt anstehen für eine Mission, ist aber lang, da muss man sich hinten anstellen." Nach zwei Jahren Vorbereitungszeit in Houston und Moskau und sechs Monaten im All habe vor allem seine Familie "ein Wörtchen mitzureden." Ob ein weiterer Einsatz realistisch sei, wisse er nicht, allerdings: "Ich wäre bereit, noch mal zu fliegen."

Quelle: ntv.de

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