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Penicillin gegen Streptokokken Resistenz-Ursache entdeckt

Britische Forscher haben die Entstehung der Penizillin-Resistenz bei Streptokokken im Detail entschlüsselt. Mit diesem Wissen lasse sich das "stumpfe Schwert" Penizillin wieder schärfen und erfolgreich gegen die widerstandfähigen Keime einsetzen, meinen Adrian Lloyd und seine Mitarbeiter von der Universität Warwick.

An Infektionen mit der untersuchten Bakterienart Streptococcus pneumoniae stürben weltweit jährlich allein fünf Millionen Kinder, betont die Hochschule. Die Methode eröffne auch eine realistische Chance, die vor allem als problematische Krankenhauskeime bekannten Methicillin-resistenten Staphylokokken (MRSA) wieder mit Penizillin attackieren zu können. Penizillin stört die Bildung des Zellhüllengerüsts bei Bakterien, des sogenannten Peptidoglykans. Dieser starre Käfig schützt normalerweise die empfindliche Zellmembran.

Das Antibiotikum verhindert, dass sich die Peptidbrücken des Gerüsts schließen. Das Gerüst wird instabil, die Membran reißt, und das Bakterium stirbt. Bei resistenten Streptokokken verzweigen sich jedoch die Peptidbrücken durch zwei angehängte Aminosäuren, an denen das stark veränderte Bindungsprotein ansetzt. Es lässt sich durch Penizillin nicht mehr stören. Ursache ist eine Veränderung in einem Gen namens MurM, wie sich auch in den Experimenten der Briten zeigte. Zudem ist diese Erbanlage in resis tenten Bakterienstämmen aktiver als in Penizillin-empfindlichen Stämmen, wie die Forscher im "Journal of Biological Chemistry" berichten. Wird MurM ausgeschaltet, tötet das nicht das Bakterium.

Aber es wird wieder empfindlich für Penizillin-Attacken. Die Forscher konnten die biochemische Funktion von MurM im Labor detailliert nachbilden. "Daher haben wir eine Vorstellung, welche chemischen Eigenschaften ein MurM-Hemmstoff benötigen könnte", erläutert Lloyd. So ein chemischer Zusatz ließe Penizillin wieder zu einer wirksamen Waffe gegen resistente Streptokokken werden. Die Erkenntnisse aus den Warwicker Laboren ermöglichten Forschern und Pharmaindustrie die Entwicklung eines maßgeschneiderten Wirkstoffs, betont die Universität.

"Wir haben bereits einen MurM-Hemmstoff mit vergleichsweise niedriger Affinität hergestellt und arbeiten an der Verbesserung seiner Wirksamkeit", berichtet Lloyd. Wann ein entsprechendes Präparat allerdings den Weg in die medizinische Anwendung finden könnte, ist momentan noch völlig offen. Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, dass die Keime neue Resistenzen gegen den Hemmstoff entwickeln. Diese Gefahr gebe es jedoch grundsätzlich bei jedem Hemmstoff für irgendein Gen des Bakteriums, gibt Lloyd zu bedenken.

Auf demselben Weg wie die resistenten Streptokokken ließen sich möglicherweise auch MRSA-Bakterien bekämpfen, meint der Forscher. Die Penizillin-Resistenz dieser Staphylokokken habe sich zwar auf ganz anderem, bislang noch unbekanntem Weg entwickelt als bei den untersuchten Streptokokken. Die beteiligten Enzyme seien jedoch extrem eng mit MurM verwandt, so dass ein Hemmstoff mit geringen oder sogar völlig ohne Änderungen auch MRSA-Stämme wieder empfindlich für Penizillin machen oder sogar direkt abtöten könnte, hofft Lloyd.

Quelle: ntv.de

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