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"Angara" beerbt "Sojus" Russland will Autonomie mit neuer Rakete

Der Weltraumbahnhof Plessetsk nördlich von Moskau soll den Startplatz Baikonur in Kasachstan ersetzen.

Der Weltraumbahnhof Plessetsk nördlich von Moskau soll den Startplatz Baikonur in Kasachstan ersetzen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zehn Jahre Entwicklung und 3,5 Milliarden Euro Kosten zahlen sich für Russland aus: Mit der "Angara" baut das Land erstmals seit Ende der Sowjetunion eine eigene Trägerrakete. Das Fluggerät soll die russische Raumfahrt deutlich unabhängiger von Partnern machen.

Russland hat erstmals erfolgreich seine neue Trägerrakete vom Typ "Angara" getestet. Nachdem Ende Juni ein erster Versuch gescheitert war, hob die Rakete nun vom Weltraumbahnhof Plessetsk 800 Kilometer nördlich von Moskau ab, wie der staatliche Konstrukteur Chrunitschew mitteilte. Wie beabsichtigt sei die Rakete rund 20 Minuten später und 5700 Kilometer entfernt an ihrem Ziel auf Kamtschatka im äußersten Nordosten Sibiriens eingetroffen. Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe Kremlchef Wladimir Putin über den "wichtigen strategischen Erfolg" informiert, hieß es.

Seit dem Ende der Sowjetunion 1991 hat Russland damit erstmals eine Rakete vollständig im eigenen Land gefertigt. Die über zehn Jahre laufende Entwicklung kostete offiziellen Angaben zufolge mindestens 3,5 Milliarden Euro. "Angara ist da", twitterte Russlands für Raumfahrt zuständiger Vizeregierungschef Dmitri Rogosin dementsprechend euphorisch.

Wegen eines Defektes war der vorherige Start in letzter Minute automatisch abgebrochen worden. Jetzt soll Angara Proton und andere Flugkörper aus Sowjetzeiten beerben. Der Antrieb der Rakete ist deutlich umweltfreundlicher als der ihrer Vorgänger, da beim Start anstatt des bisherigen, stark mit Giftstoffen belasteten Gemischs, Kerosin und flüssiger Sauerstoff verbrannt werden.

Abhängigkeit von Kasachstan beenden

Mit der neuen, für Nutzlasten bis 35 Tonnen ausgelegten Rakete verfügt Moskau nun über ein Transportmittel für Weltraumlasten, das im eigenen Land starten kann. Ursprünglich war der Erststart für 2011 vorgesehen. Bislang ist die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos auf den Weltraumbahnhof Baikonur in der ehemaligen Sowjetrepublik Kasachstan angewiesen.

Von dort starten die meist für den Transport russischer Satelliten genutzen "Sojus"-Raketen. Die russische Regierung will ihr Raumfahrtprogramm nach jüngsten Rückschlägen gründlich überholen. Zuletzt hatte es mehrfach Pannen beim Start russischer Satelliten gegeben, zudem ging ein unbemanntes Versorgungsmodul für die Internationale Raumstation ISS verloren.

Der Jungfernflug erfolgte wie geplant nicht ins All, sondern entlang der russischen Arktisküste auf einer ballistischen Bahn zum Übungsgelände Kura auf Kamtschatka. Dabei trug die 171 Tonnen schwere Rakete eine 1,5 Tonnen schwere Satellitenattrappe.

Quelle: ntv.de, bwe/AFP/dpa

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