Viele Fehlgeburten bei Hauspferden "Seitensprünge" werden vertuscht
02.04.2011, 12:31 UhrForscher wollen den Grund für die hohe Zahl an Fehlgeburten bei Hauspferden herausgefunden haben: Wenn Stuten "fremdgehen", versuchen sie dies im Nachhinein durch Sex mit ihrem angetrauten Hengst zu vertuschen. Gelingt das nicht, führen sie einen Abort herbei. Wie, das ist noch unklar.
Wissenschaftler aus Tschechien haben Daten aus 81 Befruchtungen bei Hauspferden ausgewertet und herausgefunden: Wurden die Stuten durch fremde Hengste gedeckt, versuchten sie im Anschluss durch erneute Paarung mit Hengsten aus ihrem Heimatstall, diesen die Vaterschaft vorzugaukeln. Gelang ihnen dieses Täuschungsmanöver nicht - etwa, weil der Hengst auf einer anderen Koppel stand - kam es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zur Fehlgeburt.
"Das in dieser Studie gezeigte Phänomen könnte die hohe Zahl verlorener Föten bei Hauspferden erklären", schreiben die Autoren im Fachjournal "Behavioral Ecology and Sociobiology". Den Forschern zufolge geht die Zahl der Fehlgeburten bei Hauspferden gegen 40 Prozent.
Fragebogen für Pferdebesitzer
In Tschechien werden Stuten häufig zur Paarung in andere Ställe gebracht. Nach der Deckung kommen sie wieder in ihre vertraute Umgebung zurück. Das Team um Ludek Bartos vom Institute of Animal Science in Prag wollte herausfinden, ob es einen Zusammenhang zwischen der Befruchtung der Tiere an fremden Orten und den häufigen Fehlgeburten gibt.
Über eine Internet-Plattform, die von privaten Pferdebesitzern genutzt wird, verschickten die Autoren einen Fragebogen. Darin sollten die Besitzer verschiedene Angaben zur Fortpflanzung ihrer Stuten machen - etwa, wie viele Fohlen das Tier schon bekommen hat, ob es während der Schwangerschaft transportiert wurde und wie es nach der Befruchtung untergebracht war.
Insgesamt konnten die Wissenschaftler dadurch Daten aus 81 Befruchtungen von 60 Stuten auswerten. Die Pferde waren im Alter von 4 bis 24 Jahren, einige hatten zuvor schon Fohlen bekommen. Ein Fünftel der Befruchtungen erfolgte künstlich.
In den 36 Fällen, in denen die Stuten von einem Hengst in ihrem Heimatstall gedeckt wurden, gab es keine Fehlgeburten. Bei den 45 Befruchtungen durch ein Tier aus einem Fremdstall kam es hingegen zu 14 Aborten.
Zwei Faktoren für Fehlgeburten
Die Forscher fanden anhand der Fragebögen heraus, dass die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt von allein zwei Faktoren abhing. Zum einen sank sie mit der Zahl der Fohlen, die die Stute bereits zur Welt gebracht hatte. Zum anderen hing sie damit zusammen, welchen Kontakt die Stuten nach der Befruchtung durch fremde Tiere zu den Hengsten und Wallachen in ihrem Heimatstall hatten.
In den 32 Fällen, in denen die vertrauten männlichen Tiere im gleichen Bereich untergebracht waren, lag gab es 7 Fehlgeburten (22 Prozent). In 13 Fällen hatten die Stuten nach der Befruchtung keinen direkten Kontakt zu den Wallachen und Hengsten aus ihrem eigenen Stall. Hier starben über die Hälfte (54 Prozent) der ungeboren Fohlen während der Schwangerschaft. Die Stuten, die nach der fremden Befruchtung direkten Kontakt zu ihren vertrauten Hengsten und Wallachen hatten, paarten sich fast immer mit ihnen.
Selbst herbeigeführt
Die Forscher vermuten, dass die Stuten – wenn sie keine Möglichkeit zur Paarung haben – die Fehlgeburt selbst herbeiführen. Dadurch würden sie verhindern, dass die fremde Vaterschaft "auffliegt" und die Hengste aus dem Heimatstall die Fohlen nach der Geburt töten. Wie die Stuten den Abort hervorrufen könnten, ist den Wissenschaftlern unklar. Zu ähnlichen Ergebnissen hatten bereits Studien mit Zebras und Wildpferden geführt.
"Die gängige Praxis, Stuten für die Paarung oder künstliche Befruchtung durch einen Zuchthengst an einen anderen Ort zu transportieren und sie anschließend zurück in ihre gewohnte Umgebung mit heimischem Hengsten zu bringen, ist wahrscheinlich einer der Hauptgründe für den hohen Prozentsatz von Schwangerschaftsabbrüchen bei Hauspferden", heißt es in dem Journal.
Quelle: ntv.de, dpa