Pharmaindustrie verdächtigt Selbsthilfe manipuliert?
29.11.2006, 13:45 UhrForscher an der Universität Bremen haben der Pharmaindustrie vorgeworfen, Selbsthilfegruppen in Deutschland zu manipulieren. "Die Informationen, die die Patienten über Selbsthilfegruppen bekommen, sind längst nicht mehr frei von Wirtschaftsinteressen", kritisierte der Pharmakologe, Prof. Gerd Glaeske, vom Zentrum für Sozialpolitik an der Uni Bremen. Das Institut stellte am Mittwoch in Hannover einen Bericht zum Einfluss der Pharmaunternehmen auf Selbsthilfegruppen vor. Über finanzielle Unterstützung versuchten Arzneimittelkonzerne Einfluss auf dem Kauf von Medikamenten zu nehmen, hieß es.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie in Berlin wies die Kritik zurück. Ein Sprecher sagte, mit diesen "pauschalen Vorwürfen" werde den Patientenorganisationen Unmündigkeit und Unprofessionalität unterstellt. Patientenorganisationen achteten stark darauf, nicht von einem Pharma-Unternehmen abhängig zu sein.
Glaeske, auch Mitglied des Sachverständigenrates der Bundesregierung zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, kritisierte, mit der Information von Selbsthilfe- und Patientengruppen etwa bei Kongressen versuchten Arzneimittel-Anbieter das Verbot zu umgehen, für rezeptpflichtige Medikamente in der Öffentlichkeit zu werben. Auch Arzneimittel, die noch nicht zugelassen sind, würden beworben. Gesetzlich ist Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente bei Laien verboten.
Die Untersuchung der Universität war von der Selbsthilfe-Fördergemeinschaft der Ersatzkassen in Auftrag gegeben worden. Die Wissenschaftler untersuchten unter anderem Werbeauftritte von Pharmaunternehmen, beobachteten Kongresse und sprachen mit Selbsthilfegruppen, Ärzten und Mitarbeitern der Pharma-Branche. Um eine Einflussnahme einzudämmen, sollte aus Sicht des Instituts eine unabhängige Beratungs- und Kontrollstelle geschaffen werden.
Quelle: ntv.de