Stärker als gedacht Sonnenzyklus beeinflusst Klima
29.08.2009, 17:21 UhrMittels Erkenntnissen über den Einfluss der Sonnenstrahlung könnten Klimaphänomene wie der Kaltwasseranomalie La Niña im tropischen Pazifik besser vorhergesagt werden.

Die Aktivität der Sonne schwankt in einem elfjährigen Zyklus.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die schwankende Sonnenaktivität verändert das Klima auf der Erde möglicherweise stärker als gedacht. Das legt zumindest eine neue Modellrechnung des staatlichen US-Atmosphärenforschungszentrums NCAR in Boulder (US-Staat Colorado) nahe. Gerald Meehl und seine Kollegen haben dort erstmals das Zusammenspiel von zwei wichtigen Mechanismen untersucht, die gemeinsam den Effekt der schwankenden Sonnenstrahlung verstärken und so zu Klimaveränderungen führen könnten. Die Erkenntnisse könnten eine bessere Vorhersage von Klimaphänomenen wie der Kaltwasseranomalie La Niña im tropischen Pazifik erlauben, meinen die Forscher. Den vom Menschen verursachten Klimawandel untersucht die Studie nicht.
Die Aktivität der Sonne schwankt in einem elfjährigen Zyklus. Die Energie der Sonnenstrahlung, die die Erde erreicht, ändert sich dadurch aber nur um etwa 0,1 Prozent. Dennoch kann sich dies der neuen Modellrechnung zufolge im Erdklima bemerkbar machen. Verantwortlich dafür seien zwei scheinbar getrennte Regionen, wie die Forscher im Fachjournal "Science" schreiben: die Stratosphäre und der pazifische Ozean. Die geringfügig stärkere Sonnenstrahlung während des solaren Aktivitätsmaximums erwärmt die Stratosphäre über den Tropen, wo sie vor allem von Ozon absorbiert wird. Die Erwärmung fördert die Bildung von zusätzlichem Ozon, das weitere Sonnenstrahlung absorbiert. Da sich die Stratosphäre nicht überall auf dem Globus gleich erwärmt, ändern sich auch die dort vorherrschenden Winde, was über eine komplexe Wirkungskette zu mehr Niederschlag in den Tropen führt.
Positive Rückkopplung
Am anderen Ende der Atmosphäre verdunstet in den tropischen Meeren, vor allem im Pazifik, etwas mehr Wasser durch die leicht erhöhte Sonnenstrahlung. Über eine ebenso komplexe Wirkungskette führt diese Verdunstung dazu, dass sich über den Subtropen weniger Wolken bilden und so noch mehr Wasser verdunstet. Diese beiden positiven Rückkopplungskreise waren vorher bereits bekannt. Neu ist, dass Meehl und seine Kollegen das Zusammenwirken untersucht haben. Keiner der beiden Mechanismen kann allein die Klimavariationen erklären, die mit den jüngeren Sonnenzyklen in Verbindung gebracht werden. Im Mischmodell führten solare Schwankungen dagegen zu Klimavariationen im Pazifikraum, die den tatsächlich beobachteten sehr ähneln.
"Die Sonne, die Stratosphäre und die Ozeane sind in einer Weise verbunden, die Ereignisse wie etwa den Winterregen in Nordamerika beeinflussen kann", erläutert Meehl. "Wenn wir die Rolle des Sonnenzyklus verstehen, kann das neue Erkenntnisse für Wissenschaftler liefern, die an einer Vorhersage regionaler Wetterprofile für die nächsten Dekaden arbeiten."
Wie viele Untersuchungen zur Auswirkung der Sonnenaktivität auf das irdische Klima ist auch die neue Modellrechnung nicht unumstritten: Die Studie sei nicht annähernd so schlüssig wie die Autoren es gerne hätten, meint etwa die britische Klimaforscherin Joanna Haigh vom Imperial College in London, die den Stratosphären-Mechanismus beschrieben hat. Sie kritisiert in derselben Ausgabe von "Science" unter anderem, ihre US-Kollegen hätten das Kombimodell nicht oft genug auf ihren Computern durchgerechnet, um verlässliche Resultate zu bekommen. "Die Atmosphäre und die Ozeane sind ein großes gekoppeltes System, aber das ist unglaublich kompliziert."
Quelle: ntv.de, dpa