Und 1, und 2, und 3 ... Sport hilft tatsächlich!!
26.07.2006, 13:19 UhrFrüher oder später trifft es jeden: Etwa 70 bis 80 Prozent der Menschen in Deutschland haben Rückenschmerzen - mindestens einmal in ihrem Leben.
Sieben bis acht Millionen Deutsche quälen sich sogar dauerhaft damit, schätzt die Aktion Gesunder Rücken in Selsingen (Niedersachsen). Den Arzt suchen die meisten Betroffenen aber erst auf, wenn die Kreuzschmerzen zur Qual werden. Dabei gibt es ein einfaches Mittel zur Vorbeugung und Behandlung: regelmäßige Bewegung.
"Sehr viele Rückenprobleme sind muskulär bedingt", erklärt Detlef Detjen, Sprecher der Aktion Gesunder Rücken. "Es ist nicht immer gleich der Bandscheibenvorfall, der Schmerzen verursacht." Durch permanente Fehlbelastungen entstünden leicht Dysbalancen zwischen verschiedenen Muskelpartien, die zu Rückenschmerzen führen können.
Detjen erzählt von Kameraleuten des WDR, die häufig Rückenprobleme hatten. "Die Schultermuskulatur auf der Seite, mit der sie die Kamera trugen, war viel kräftiger als die andere Seite. Durch dieses Ungleichgewicht sind Verspannungen und Schmerzen entstanden."
Im Regelfall ist jedoch Bewegungsmangel Grund für Rückenschmerzen: "Rückenprobleme sind im Grunde Stoffwechselprobleme", erklärt Achim Denner, Bewegungswissenschaftler und Geschäftsführer vom FPZ in Köln, einem von der Aktion Gesunder Rücken empfohlenen Therapiezentrum mit Filialen in ganz Deutschland. Die menschliche Wirbelsäule, eine elastische Konstruktion aus Wirbeln, Bandscheiben, Muskeln und den dazu gehörenden Sehnen und Bändern, sei für Dynamik gebaut.
"Durch unseren Lebensstil wird sie jedoch eingesteift", erläutert Denner. Mangelnde Bewegung lässt die Rückenmuskeln erschlaffen. Sie können die Wirbelsäule beim Tragen der Körperlast nicht mehr ausreichend unterstützen. Die Wirbelkörper müssen dadurch zusätzliche Last tragen. Die Folge: Arthrose -und weitere Schmerzen.
Der Ausweg aus diesem Teufelskreis ist Bewegung. Doch nicht jeder Patient kann -und will -an einem gezielten Rückentraining teilnehmen. "Ein Patient, der starke Rückenschmerzen hat, muss von seinem Arzt abklären lassen, ob er direkt an einer Bewegungstherapie teilnehmen kann oder ob er erst medikamentös oder manuell therapiert werden muss", sagt Detjen. Denkbar sind klassische Massagen, eine Chirotherapie oder Akupunktur. Zudem müsse die genaue Ursache der Schmerzen erkannt werden.
Ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Rückentrainings ist die Motivation der Patienten: "Das funktioniert nur bei denjenigen, die sich bewegen möchten", sagt Denner. Es gebe jedoch Patienten, die dazu nicht bereit seien und lieber eine Spritze wollen.
Basis eines zielgerichteten Rückentrainings ist eine Analyse der Wirbelmuskulatur: "Wir vermessen 90 Minuten lang die Muskeln an der Wirbelsäule und machen eine genaue Analyse des Muskelkorsetts, um muskuläre Schwächen zu finden", erklärt Denner. Daraus leitet sich der Plan für das Training ab - zweimal in der Woche, drei Monate lang. "Man optimiert in der Zeit die gesamten Wirbelsäulenfunktionen, hauptsächlich aber am Rumpf und an der Halswirbelsäule."
Wer mitmacht, hat die Chance, die Ursachen der Schmerzen durch gezieltes Training zu beseitigen. So wie die Kameramänner, die ihre vernachlässigte Schulter stärkten und das muskuläre Ungleichgewicht ausbalancieren konnten. Derartige Erfolge sind aber nur unter fachlicher Anleitung möglich. Training in Eigenregie in einer Muckibude verbietet sich: Wer Schmerzen am Rücken hat, gehöre in die Hände eines Therapeuten, sagt Detjen.
Wo fachliche Hilfe zu bekommen ist, weiß in der Regel der Hausarzt, der das Training verschreibt. Ansonsten hilft die Krankenkasse, die für die Kosten aufkommt. Voraussetzung dafür ist, dass die geplanten Leibesübungen dem Rücken helfen: "Wenn der Erfolg einer Therapie nicht nachgewiesen ist, werden die Kosten nicht übernommen. Wir zahlen als Krankenkasse keine Fitnessstudios", sagt Hermann Bärenfänger von der Techniker Krankenkasse in Hamburg.
Wer vorbeugend etwas für seinen Rücken machen will, muss nicht in ein Sportstudio: Der Mensch ist ursprünglich ein Steppen- und Savannenläufer. Wer keine Schmerzen hat, sollte am Besten das tun, wofür das menschliche Bewegungssystem gemacht wurde: Gehen und laufen. "Bei Ausdauersportarten, bei denen man große Muskelmassen einsetzt, werden auch die Rückenmuskeln versorgt", erklärt Achim Denner. Erst wenn Defizite da sind, bedürfe es einer speziellen Therapie mit Hilfe von Trainingsgeräten.
Quelle: ntv.de