Therapie für Leberzirrhose Trojanische Pferde eingesetzt
07.04.2008, 16:11 UhrJapanische Forscher haben eine mögliche Therapie für Leberzirrhose an Ratten erfolgreich getestet: In Vitamin-A-Kügelchen versteckt schleusten sie kleine Moleküle in bestimmte Leberzellen, wo diese freigesetzt wurden und die Bildung eines leberschädigenden Eiweißes verhinderten. Die Zirrhose verschwand nach fünf Behandlungszyklen fast vollständig, die Überlebenszeit der Tiere verlängerte sich deutlich, berichten die Wissenschaftler im Journal "Nature Biotechnology". 
Eine Leberzirrhose ist die Folge eines chronischen Leberschadens, der zum Beispiel durch Hepatitisviren oder Alkoholmissbrauch verursacht werden kann. Es kommt dabei zu einem Umbau des Gewebes, vor allem einer übermäßigen Bildung von Bindegewebe. Verantwortlich für die Schäden sind in erster Linie die sogenannten Stellat-Zellen, die auf bestimmte schädigende Reize hin beginnen, eine Vorstufe von Kollagen zu bilden und freizusetzen. Dieses wird dann in Kollagen umgewandelt und lagert sich in der Leber ab. 
Meiste Versuche gescheitert 
Forscher haben bereits auf verschiedene Art und Weise versucht, die Bildung von Kollagen zu unterbinden und damit die Zirrhose zu verhindern oder rückgängig zu machen. Allerdings scheiterten die meisten dieser Versuche daran, dass es nicht gelang, die entsprechenden Wirkstoffe gezielt in die Leberzellen zu leiten und die Kollagenbildung andernorts nicht zu beeinträchtigen. 
Yoshiro Niitsu von der Sapporo Medical University (Japan) nutzen nun eine spezielle Eigenschaft der Stellat-Zellen, um ihre Wirkmoleküle zielgenau zum Einsatzort zu leiten: Da die Zellen bevorzugt Vitamin A aus dem Blutkreislauf aufnehmen und speichern, versteckten sie ihre Wirkmoleküle kurzerhand in winzigen Vitamin-A-Kügelchen. Spritzten sie diese "Trojanischen Pferde" in den Blutkreislauf von Ratten, gelangten die Wirkmoleküle ungehindert und fast ausschließlich in die Zielzellen in der Leber, berichten die Wissenschaftler. 
Informationsübertragung gestört 
Bei den Wirkmolekülen handelte es sich um kleine Abschnitte von RNA, einem Verwandten des Erbgutmoleküls DNA. Die auch siRNA genannten Abschnitte waren von den Forschern so zusammengebaut worden, dass sie sich - einmal in den Zielzellen angelangt - nur an ein ganz bestimmtes, zu ihnen passendes Botenmolekül anlagerten. 
Dieses Botenmolekül transportiert normalerweise die Informationen für die Bildung eines gp46 genannten Eiweißes, das an der Bildung von Kollagen mit beteiligt ist. Durch die Anlagerung wird nun die Informationsübertragung gestört, die Bildung des Eiweißes - und damit die Kollagenbildung - verhindert. Wissenschaftler nennen dieses Verfahren der gezielten Abschaltung genetischer Informationen RNA-Interferenz. 
Bei den Ratten zeigte die Behandlung Wirkung: Die Kollagenablagerungen verschwanden und damit die Zirrhose der Leber, Abwehrreaktionen des Immunsystems traten so gut wie nicht auf. In Abhängigkeit von der Dosis und der Dauer der Behandlung stieg die Überlebensdauer der Tiere. Die Wissenschaftler sind optimistisch, dass sich das Verfahren auch für die Anwendung beim Menschen eignet. Abgesehen von der Leberzirrhose könnten damit aber möglicherweise auch in anderen Organen Erkrankungen behandelt werden, die auf eine übermäßige Bildung von Bindegewebe zurückgehen. 
Quelle: ntv.de