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Alzheimerforschung mit Erfolg Vergessliche Mäuse geheilt

Für Millionen Alzheimer-Kranke gibt es nach Einschätzung Göttinger Forscher neue Hoffnung. Die Wissenschaftler vom European Neuroscience Institut (ENI) haben gemeinsam mit Kollegen aus Boston (USA) erfolgreich "Alzheimer-Mäuse" therapiert.

Nach Angaben der "Universitätsmedizin Göttingen" beschreiben die Forscher in den jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature", wie sie bereits stark vergessliche Mäuse mit "Hirnjogging" und chemischen Substanzen, so genannten HDAC-Inhibitoren, zu neuer Lernfähigkeit und zur Erinnerung an bereits Vergessenes verholfen haben. Die Ergebnisse sollen als Basis für klinische Studien an Menschen dienen.

Alzheimer-Patienten und Menschen mit ähnlichen Demenz-Erkrankungen verlieren die Fähigkeit, Neues zu lernen und sich an Vergangenes zu erinnern, weil Nervenzellen im Gehirn ihre Funktion verlieren. Die Erinnerungen gingen aber nicht unbedingt sofort für immer verloren, sagte der ENI-Neuropathologe Andre Fischer. Sie werden jedoch für das Bewusstsein unerreichbar, weil Nervenverbindungen zu den Speicherorten untergehen. "Andere Nerven können die Kontakte aber übernehmen, wenn man ihnen dabei hilft".

Den Nachweis dafür erbrachten die Göttinger Wissenschaftler an Mäusen. Die Tiere erhielten zunächst ein Nerven schädigendes, Alzheimer auslösendes Protein (p25), bis sie sich kaum noch an Dinge erinnern konnten, die sie vor längerer Zeit gelernt hatten. Ihr Gehirn wies alle Merkmale der Alzheimerschen Krankheit auf, wie den Abbau von Nervenzellen und typischer Eiweißablagerungen.

Ein Teil der kranken Tiere wurde daraufhin in eine anregende Umgebung mit viel Mäuse-Spielzeug und verstecktem Futter gesetzt, der andere Teil blieb in "langweiliger" Standardumgebung. Anders als bei den Tieren in der "normalen" Umgebung verbesserten sich bei den Mäusen in der abwechslungsreichen Umgebung das räumliche Orientierungsvermögen und die Fähigkeit, geistige Verknüpfungen herzustellen.

Diese Mäuse begannen sogar, sich an vergessene Dinge zu erinnern, berichtete Fischer. Biochemische Untersuchungen zeigten, dass im Gehirn mehr Nervenfortsätze und Kontaktstellen zwischen Nerven vorhanden waren als bei den "Langeweile-Tieren". Dieser Effekt beruhe offenbar auf der Aktivierung spezieller Gene.

Diese Aktivierung lässt sich der Untersuchung zufolge auch mit bestimmten chemischen Substanzen erreichen, nämlich mit Hemmstoffen (Inhibtoren) der so genannten Histon-Deacetylasen (HDAC). Mit dieser Substanz behandelte Alzheimer-Mäuse steigerten ihr Lernverhalten und reaktivierten vergessenes Wissen.

Die Untersuchungen hätten gezeigt, dass die verbliebenen Nervenzellen im Gehirn von Alzheimer-Mäusen die Aufgaben der bereits abgestorbenen Hirnzellen zumindest teilweise übernehmen können, wenn sie gefordert oder mit Medikamenten behandelt werden, sagte Fischer. Dies lasse hoffen, dass Hilfe auch für Alzheimer-Patienten möglich ist. Noch sei zwar unklar, ob Alzheimer mit den HDAC-Inhibitoren ganz zu stoppen ist. "Unsere aktuellen Forschungen deuten jedoch darauf hin".

Thilo Resenhoeft, dpa

Quelle: ntv.de

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