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Sich selbst Schmerz zufügen Versuch zum Stressabbau

Jeder vierte Jugendliche hat laut einer Studie schon einmal versucht, sich Schmerzen zuzufügen. "Dabei verwenden die Jugendlichen Rasierklingen oder Glasscheiben oder verbrennen sich absichtlich mit einer Zigarette."

Das sagt Paul Plener, Arzt an der Ulmer Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Plener leitete die Untersuchung, an der 605 Schüler im Alter von 14 bis 17 Jahren teilnahmen. Er machte darauf aufmerksam, dass die Jugendlichen beim "Ritzen" oft keinen Schmerz spüren. Als Motiv nannte er den Versuch, Stress abzubauen.

Bei selbstverletzendem Verhalten spiele unter anderem das Gehirn eine zentrale Rolle, weil es körpereigene Opioide frei setze. "Viele berichten von einer schnell einsetzenden Entspannung nach dem Ritzen." Die meisten Jugendlichen begännen damit im Alter von 13 oder 14 Jahren. "In diesem Alter ist das Gehirn ähnlich wie eine Baustelle, wobei Hormone eine große Rolle spielen." Mitte bis Ende 20 höre diese Phase meist auf. "In dem Alter hat man schon Strategien entwickelt, um mit Stress und Emotionen besser umgehen zu können."

Nach Angaben des Experten ist nicht jeder, der ritzt, auch psychiatrisch behandlungsbedürftig. "Man muss immer dahinter blicken. Die wenigsten machen es aber, um Aufmerksamkeit zu erregen. Das Ritzen ist für sie ein Ventil, um Stress abzubauen." Das Krankheitsbild gehe häufig mit Essstörungen wie Bulimie, Depressionen oder der Entwicklung einer so genannten Borderline Persönlichkeitsstörung einher. Laut Plener besteht bei Betroffenen in vielen Fällen nicht die Gefahr, dass sie sich das Leben nehmen.

Mädchen sind der Studie zufolge mehr als doppelt so oft betroffen wie Jungen. In der Hauptschule gibt es mehr Jugendliche, die sich selbst verletzen als in den anderen Schultypen - ein Unterschied zwischen Stadt und Land ließ sich nicht ausmachen. Ein großer Teil der befragten Jugendlichen gab an, dass die Selbstverletzung ihre eigene Idee war, einige hatten durch andere Leute davon gehört. Medien schienen eine geringere Rolle zu spielen. Im Internet ist das Thema aber höchst präsent, laut internationalen Studien existieren derzeit rund 400 Seiten und Diskussionsforen dazu.

Quelle: ntv.de

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