Wiege der Erdbebenforschung Weltvermessung in Moxa
20.11.2007, 12:17 UhrDas Thüringer Schiefergebirge südlich von Jena wirkt eigentlich fest und stabil. Doch für den Besucher des Geodynamischen Observatoriums der Universität Jena am Rande des Dorfes Moxa geraten solche Gewissheiten ins Wanken. Denn das Ticken, Surren, Knattern und Knistern all der Apparate, Rechner und Messgeräte zeugt davon, dass die Erde ein höchst dynamisches Medium ist und für Überraschungen sorgen kann. "Selbst in unseren Breiten hebt und senkt sich die Erdoberfläche tagtäglich bis zu 70 Zentimeter", sagt der Geophysiker Gerhard Jentzsch.
Der Forscher deutet auf ein sogenanntes supraleitendes Gravimeter, ein hoch empfindliches Messinstrument in Tonnenform, das die Deformation des Erdkörpers durch Erdgezeiten noch im Millimeterbereich registriert. "Unser Land wird ständig von Beben erschüttert. Zum Glück sind diese meist so schwach, dass nur unsere Instrumente sie registrieren."
Im Auswerteraum sitzt Matthias Meininger am Computer. Auf dem Schirm hat der Stationstechniker die Aufzeichnungen des verheerenden Erdbebens im Sommer in Peru. Um 23.54 Uhr Weltzeit wurden an jenem 24. August in Moxa die ersten Signale gemessen. An dem heftigen Zackenausschlag kann selbst der Laie erkennen, in welchem Aufruhr die Erdkruste damals war. Doch auch der seismographische Bericht vom 19. Oktober hat es in sich. In Ostthüringen bebte am Morgen zwei bis drei Sekunden lang die Erde. "Die Stärke der Erschütterung betrug immerhin 3,0 auf der Richter-Skala", sagt Meininger. Die Station verfasst täglich einen Erdbeben-Bericht.
Das Observatorium Moxa sei einer von weltweit 22 Standorten, die in einem Netzwerk zusammenarbeiten und die Dynamik der Erde von der Lufthülle bis zum Erdkern untersuchen, sagt Jentzsch. "Dabei werden Deformationen der Erdoberfläche, des Erdkörpers und des Schwerefeldes erfasst und ausgewertet."
Die erfassten Daten kämen zum Beispiel dem Bau von Brücken zugute, bei dem millimetergenaue Präzision nötig sei. "Auch die Entdeckung immer neuer Ölvorräte im 20. und 21. Jahrhundert ging vor allem auf das Konto unserer Zunft", betont er. "Ohne die Rohstofferkundung durch die Geophysiker würden wir noch mit Kutschen umherfahren."
Die Geophysik als eine der Wissenschaften, die sich mit der Erdvermessung befassen, hat in Jena eine lange Tradition. Denn in der Thüringer Stadt stand vor mehr als 100 Jahren eine der Wiegen der deutschen Erdbebenforschung: Im Keller des Physikalischen Instituts entstand um 1900 eine der ersten Erdbebenstationen auf deutschem Boden.
Quelle: ntv.de