Weder positiv noch negativ Wenn Zweijährige TV gucken
08.03.2009, 08:00 UhrFernsehen ist für die geistige Entwicklung von Kindern bis zwei Jahren nicht hilfreich. Das berichtet Marie Evans Schmidt von der Harvard Medical School in Boston (USA). Die Forscher hatten Daten einer Langzeitstudie ausgewertet. Die erscheinende Studie berücksichtigt Angaben von 872 Kindern.
Für die Langzeituntersuchung "Project Vita" werden Familien mit Kindern besucht und befragt. Außerdem wird die Intelligenz der Kinder nach einem Standardverfahren bestimmt. Direkte Beobachtungen des Kindes finden bei der Geburt, nach sechs Monaten und nach drei Jahren statt. Zudem beantworteten die Mütter Fragebögen, unter anderem zum Fernsehkonsum der Kleinen im Alter von einem und zwei Jahren.
Kein messbarer Einfluss
"In dieser Studie hatte das Fernsehen an sich keinen messbaren Einfluss auf die Kognition", berichtet Schmidt. In der Studie zeigte sich auch kein negativer Einfluss des Fernsehens auf die Kinder. Der Inhalt der Sendungen wurde von Schmidt und ihren Kollegen nicht berücksichtigt, sie erfassten nur die Dauer des TV-Konsums.
Andere Wissenschaftler hatten von vielen negativen Folgen des frühkindlichen Fernsehens berichtet. Damit einher gehen in späteren Jahren vielfach Übergewicht, Konzentrationsstörungen und ein unruhigerer Schlaf. Diese Schwierigkeiten werden oft als Hinweis auf die Folgen des Aufwachsens in sozial schwachen und bildungsfernen Familien gedeutet, in denen der Fernseher vielfach den ganzen Tag über läuft.
Die bewegten, bunten Bilder ziehen schnell die Aufmerksamkeit auch der jüngsten auf sich – halten sie damit von anderen, für die Entwicklung wichtigeren Tätigkeiten ab. "Fernsehen sollte am besten als Hinweis auf eine Vielzahl anderer Einflüsse der Familien gesehen werden, die die geistige Entwicklung des Kindes behindern", erklärte Schmidt.
"Fernseher und PC nicht generell verteufeln"
Trotz steigenden Medienkonsums sind nach Ansicht des Hamburger Psychiaters Michael Schulte-Markwort nicht mehr Kinder verhaltensauffällig. Dies sei "ein weiteres Zeichen dafür, die negativen Auswirkungen der Medien nicht zu überschätzen", teilte der stellvertretende Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP) mit. "Ich halte es für falsch, die Medien, gleich ob Fernsehen oder Computer beziehungsweise Internet, generell zu verteufeln. Es liegt in den Händen der Eltern, den Kindern einen verantwortungsvollen Umgang vorzuleben." Schulte-Markwort äußerte sich bei einer Tagung von Kinder- und Jugendpsychiatern in Hamburg über psychosomatische Störungen.
Mit klaren Regeln und Zeitvorgaben könnten Eltern schon Vorschulkinder an Fernsehen und Computer heranführen, teilte Schulte-Markwort mit. "Natürlich dürfen Dauerfernsehen oder endlose Computersitzungen nicht auf der Tagesordnung stehen, aber in einem intakten, kommunikativen Familienleben regelt sich der Medienkonsum oft von allein."
Quelle: ntv.de