Welt-Alzheimer-Tag Wenn das Vergessen kommt
21.09.2006, 12:02 UhrSie wurde vor 100 Jahren entdeckt -und ist noch immer unheilbar: die Hirnkrankheit Alzheimer. Schon macht angesichts einer alternden Gesellschaft die Rede von der "Volkskrankheit der Zukunft" die Runde. Gegenwärtig gibt es mindestens eine Million Demenzkranke in Deutschland, zwei Drittel davon haben die 1906 von dem Nervenarzt Alois Alzheimer erstmals beschriebene Krankheit. Zum Welt-Alzheimer-Tag am 21. September wollen Betroffene und Verbände weltweit dafür werben, Vorbeugung und Therapie von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen voranzutreiben.
"Gelingt kein Durchbruch in der Prävention und Therapie von Demenzen, wird die Zahl der Krankheitsfälle in Deutschland auf Grund der veränderten Altersstrukturen Jahr für Jahr um mehr als 25000 ansteigen und sich bis zum Jahr 2040 verdoppeln", warnt die Deutsche Alzheimer Gesellschaft. Fakt trotz aller Forschungsanstrengungen ist: Alzheimer ist nicht heilbar, mit Medikamenten lassen sich lediglich die Symptome lindern.
Zwar machen Tierversuche inzwischen Hoffnung, dass Alzheimer künftig schon im Frühstadium erkannt und bekämpft werden kann. So ist es etwa US-Wissenschaftlern gelungen, Alzheimer-Mäusen das Gedächtnis zurückzugeben, indem sie die Funktion bestimmter Enzyme verstärkten. Doch der Berliner Molekulargenetiker Prof. Erich Wanker, der selbst auf dem Gebiet forscht, dämpft die Erwartungen: "Der Schritt von der Maus zum Menschen ist oft noch sehr groß."
In der "Anstalt für Irre und Epiletische" in Frankfurt am Main beginnt Anfang des 20. Jahrhunderts die Erforschung der Krankheit. Der Psychiater Alzheimer wird dort aufmerksam auf Auguste Deter, die 1901 in die Klinik gebracht wird. Die 51-Jährige gibt an, sich selbst verloren zu haben. Der Gedächtnisverlust der noch relativ jungen Frau ist Alzheimer ein Rätsel, da Deter bis dahin völlig gesund war und weder erblich vorbelastet noch traumatisiert ist.
Nach dem Tod der Frau im April 1906 untersucht Alzheimer ihr Gehirn: Er entdeckt massiven Zellausfall sowie Eiweißablagerungen und schließt am 3. November des Jahres bei der "Versammlung Südwestdeutscher Irrenärzte": "Mein Fall Auguste D. bot klinisch ein so abweichendes Bild, dass er sich unter keine der bekannten Krankheiten einreihen ließ." Später wird die Krankheit nach ihrem Entdecker Alzheimer (1864-1915) benannt.
"Mit dem Tod dieser Patientin war es erstmals möglich, sich wirklich anzuschauen, was im Kopf passiert", sagt der Geschäftsführer der Hirnliga, Thomas Kunczik. "Damit begann die Alzheimer-Forschung." Inzwischen ist bekannt, dass sich bei der meist ab dem 65. Lebensjahr einsetzenden Krankheit Nervenzellen im Gehirn allmählich zurückbilden. Bei Betroffenen treten beispielsweise Gedächtnisstörungen, Orientierungslosigkeit und Sprachprobleme auf.
Auch nach 100 Jahren Anstrengung ist nicht absehbar, wann es ein Medikament geben wird, das Alzheimer heilen kann. "Alzheimer-Patienten gehören im deutschen Gesundheitssystem zu den Vergessenen", beklagt Hirnliga-Geschäftsführer Kunczik. In Vergessenheit ist auch geraten, warum der Welt-Alzheimer-Tag auf den 21. September gelegt wurde -dem Vernehmen nach handelt es sich um einen willkürlich gewählten Termin.
Quelle: ntv.de