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Vernetzung der Wälder Wildkatze wiederentdeckt

Sie ist so scheu, dass sie so gut wie niemand zu Gesicht bekommt. Zu oft wurde auf die gedrungene Wildkatze mit dem buschigen Schwanz in Deutschland angelegt, fast wäre sie ausgerottet worden. Aber sie überlebte und feiert jetzt ihre Wiederentdeckung als "Leitart" für den Naturschutz. Mit der Wildkatze als Maskottchen sollen die Naturschutzgebiete bundesweit vernetzt werden, sagt der Vorsitzende des Thüringer Umweltverbandes BUND, Burkhard Vogel.

Die Wildkatze gab es schon vor Jahrhunderten in Deutschland. "Das sind keine ausgewilderten Hauskatzen, wie viele meinen", erklärt der Biologe Thomas Mölich vom BUND. "Wildkatzen lebten bereits in den deutschen Wäldern, bevor die Römer die ersten Hauskatzen über die Alpen importierten." Den aktuellen Bestand schätzt er auf 2.500 bis 5.000 Tiere. So genau wisse das aber niemand zu sagen.

Die Größe der Population wird mit Lockstäben im Wald gemessen. An den eingeschlagenen Stangen reiben sich die Katzen. Biologen können an den zurückgelassenen Haaren die Zahl der Tiere bestimmen. Das Revier der weiblichen Tiere umfasst einen Umkreis von rund fünf Kilometern, "in dem sie für kurze Zeit höchstens die eigenen Töchter dulden".

Die Nachkommen treffen auf der Suche nach eigenen Jagdgründen oft auf Hindernisse wie offene Felder und Straßen. Nicht selten werden sie überfahren. Die auf etliche deutschlandweite "Waldinseln" verteilten Populationen bleiben damit weitgehend unter sich. "Es kommen keine neuen Gene hinzu, und schon ein strenger Winter oder eine Krankheit kann den Bestand gefährden", gibt Mölich zu bedenken.

Inzwischen laufen in einigen Bundesländern - etwa in Thüringen, Niedersachsen und Baden-Württemberg - Projekte zur Vernetzung von Waldgebieten, welche den Lebensraum der scheuen Tiere verbessern helfen sollen. Diese Projekte wurden nicht zuletzt angeregt durch die Naturschutz-Verbundplanung des Bundes von 2002. Ziel ist ein grünes Netz, das sich über Deutschland legt. In dem zusammenhängenden Waldgebiet könnte die Wildkatze dann vom Süden bis nach Schleswig- Holstein wandern.

Zudem gebe es Überlegungen zu einer europäischen Vernetzung, erzählt Vogel. "Wir hoffen, dass wir langfristig unsere Wildkatzen- Populationen mit den großen Vorkommen in Frankreich und Tschechien auffrischen können." Von den Projekten soll nicht nur die Katze profitieren. "Die Wege können auch Hirsche und Wildschweine nutzen sowie Mäuse und Marderarten", erläutert Vogel.

Die Wanderbewegung der Wildkatzen wollen die Naturschützer mit Genuntersuchungen verfolgen. Rund 150 Proben von Katzen aus Bayern, Hessen und Thüringen werden in den kommenden Monaten im Senckenberg- Institut in Gelnhausen (Hessen) untersucht. "Dann können wir sehen, ob sich etwa Katzen aus Bayern, die fast alle 1984 ausgewildert wurden, bereits mit Thüringer Katzen gekreuzt haben", sagt Vogel. In zehn Jahren könnten sich bereits größere und gesündere Populationen gebildet haben.

Ingo Senft-Werner, dpa

Quelle: ntv.de

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