"Sie betreiben Schul-Trigonometrie" Winkerkrabben berechnen Wege
04.10.2009, 14:39 UhrWinkerkrabben beherrschen eine einfache Trigonometrie, also den Umgang mit Winkeln und Längen in Dreiecken. Das berichten Michael Walls und John Layne von der Universität von Cincinnati in Ohio (USA) im "Journal of Experimental Biology". Demnach erkennen die Krebstiere, wie weit ein künstliches Hindernis den Rückweg zu ihrer Wohnhöhle verlängert - und korrigieren ihren Weg entsprechend.

Die Männchen haben eine vergrößterte Schere, um Weibchen "herbeizuwinken" und Rivalen zu warnen.
(Foto: REUTERS)
Viele Tiere navigieren, indem sie sich die Weglänge, Wegmarken, Berge, Täler, gerade oder kurvige Strecken merken - und beim Rückweg aus ihrer Erfahrung eine ähnlich lange Strecke zurücklegen. So erreichen etwa Ameisen ihren weit entfernten Bau wieder. Würden die Krebse ähnlich navigieren?
Das Experiment an der Küste des US-Staates North Carolina nötigte den Forschern Geduld ab. Sie hockten sich zunächst lange in den Schlick und warteten, dass die Krebse ihre Höhle verließen. Sobald die vorsichtigen Tiere mit ihren spitzen Beinen auf einer im Schlick verborgenen Plane standen, zog das Team vorsichtig an einer verborgenen Schnur und entfernte die Tiere damit sachte weiter von ihrem Zuhause. Auf einen Schrecken hin rannten die Krebse los - und legten in der genau passenden Richtung auf ebener Fläche genau die nötige Entfernung bis zum kaum erkennbaren Höhleneingang zurück. Die Augen der Krabben reichen nur wenige Zentimeter über den Bodengrund - aus dieser Position ist ein Loch im ebenen Grund schwer zu erkennen. Winkerkrabben bleiben meist in der Nähe ihrer Höhlen und verteidigen diese gegen Konkurrenten.
Schlauer als gedacht
Was aber, wenn sich auf einmal ein Berg auftun würde, der den Weg verlängert? Der Weg über die Steigung hinauf zu dessen Gipfel und auf der anderen Seite wieder herab und dann weiter durch die Schlickebene wäre deutlich länger, als wenn es immer geradeaus ginge. Würden die Krabben diese Verlängerung des Weges einkalkulieren - oder vorzeitig stehenbleiben, wenn sie genau die erwartete Entfernung, also eine bestimmte Zahl von Schritten zurückgelegt haben?

Es existieren über 90 Arten von Winklerkrabben.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Der "Berg" bestand aus einer mit Sand beklebten, aufblasbaren Plastikblase, die Walls und Layne auf Wunsch genau zwischen der Krabbe und ihrer Behausung aufpusteten. Die Krabben zeigten sich schlauer als von den US-Forschern gedacht: Die Krebse erkannten genau, wie lang der Umweg über das Hindernis war, korrigierten ihre interne Karte um diesen Betrag und stoppen wieder genau vor ihrem Loch im Schlick.
Womöglich, so spekulieren die Wissenschaftler, messen die Tiere zu jeder Zeit genau ihre Geschwindigkeit und die Neigung ihres Körpers, wenn sie den künstlichen Berg herauf und wieder herab rennen. Daraus ließe sich die Position in Bezug auf den Horizont ermitteln - und damit der nötige Verlängerungsfaktor. "Sie treiben Schul-Trigonometrie", urteilt Layne.
Quelle: ntv.de, dpa