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Dentalsalons voll im Trend Wurzelbehandlung mit Wellness

Tom Arnold (48) ist ein echtes Mannsbild, 1,90 Meter groß, mit Händen wie ein Schaufelbagger. Dem Bauunternehmer machte so schnell keiner was vor. Nur im Zahnarztstuhl schrumpfte er immer zu einem Häufchen Elend zusammen. Das hat sich geändert, seit er das schicke Dental Spa (etwa: Dentalsalon) in Bethesda bei Washington entdeckte. Seitdem lässt Arnold sich alle drei Monate verwöhnen. Denn das wird hier groß geschrieben: Neben Wurzel-Behandlung, Kariesfüllung und Kronen sind bei Kerzenlicht und sanften Düften warme Halskissen, Massagen, Paraffin-Behandlung für die Hände und Akupunktur im Angebot. Zahnarztpraxen mit dem Flair von Schönheitssalons sind in den USA groß im Kommen.

"Die Patienten sind nach einer kurzen Kopfmassage sehr viel entspannter, ihr Stress-Empfinden sinkt nachweislich", sagt Zahnärztin Lynn Watanabe, die mit ihrem Mann John Chien in Palisades (Kalifornien) praktiziert und ihre Praxis 2002 als eine der ersten in einen Dentalsalon umwandelte. Die beiden gründeten gleich den Internationalen Dentalsalon-Verband, nach dessen Angaben es in den USA inzwischen rund 200 solcher Praxen-Salons gibt.

Tom Arnold fährt eine Stunde, um sich in die Hände von Zahnärztin Kimberly Baer zu begeben. Die 34-Jährige holt ihre Patienten vorn in der Rezeption gern selbst vom Ledersofa ab. Hier verstrahlen futuristische Leuchter diffuses Licht, auf der Theke brennen drei Teelichter und eine dicke Kerze, die Honigmelonenduft verbreitet. Die Wände sind bemalt mit Wiesen und Himmel. Es gibt eine Küchenzeile mit frischem Kaffee und Plätzchen für Patienten, die ihre Behandlung hinter sich haben.

"Hier wird man nicht - wie bei anderen - wie in einer Autowaschanlage durchgeschoben", sagt Arnold. Er liegt entspannt im Stuhl und schmiegt sich in seine angewärmte Nackenrolle. Das Zimmer ist durch einen Vorhang vom Gang getrennt. Die Instrumente sind in Schränken untergebracht, die in jedem modernen Wohnzimmer stehen könnten. Selbst sein Freund, der ihn früher einmal bat, ihm beim Zahnstein-Entfernen die Hand zu halten, vertraue sich Baer inzwischen ganz allein an.

Baer war in einer normalen Praxis tätig "die Zahnärzte Männer, die hatten die Einstellung: Zahnarztbesuche sind unangenehm, aber da muss man durch", sagt sie. Als sie vor drei Jahren ihre eigene Praxis eröffnete, wollte sie den Patienten das gewisse Extra bieten. "Warme Nackenrollen, Duft, um den Zahnarztpraxengeruch loszuwerden, das kostet nicht die Welt, macht es für die Patienten aber sehr viel angenehmer", sagt sie.

Die kleinen Aufmerksamkeiten gibt es gratis, die Schönheitspflege kostet extra und wird vor oder nach der Zahnbehandlung angeboten. Baer beschäftigt eine Masseurin, eine Kosmetikerin und eine Akupunkteurin, die in separaten Räumen unter anderem Hautpeeling, schwedische Massage, Laser-Haarentfernung und Permanent-Make-up anbieten. Watanabe und Chien haben in ihrem Salon mit inzwischen neun Angestellten sogar eine eigene Produktlinie für Kosmetika entwickelt.

"Das Kuschelige macht Männer zunächst ziemlich skeptisch", sagt Baer. Das lege sich schnell. Sie hat inzwischen mehr männliche als weibliche Patienten.

Steven Schlafstein, der regelmäßig in der Rangliste einer Washingtoner Zeitschrift der 100 besten Zahnärzte steht, ist skeptisch. "Nicht mein Ding", sagt er. "Ich fühle mich nicht wohl, in die Nähe von Schönheitssalons gerückt zu werden." Zahnarzt Chien weist das zurück. "Dieser Trend ist ja nicht auf Zahnärzte beschränkt, auch Universitätskliniken experimentieren damit, Komplementär-Therapien in ihren Behandlungsplan zu integrieren."

Christiane Oelrich, dpa

Quelle: ntv.de

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