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Wann Schweigen Gold ist Zuhören kann die Erinnerung schwächen

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Die Erinnerung kann beim Reden beeinflusst werden.

(Foto: imago/Westend61)

Gemeinsame Erlebnisse verbinden und werden nach einiger Zeit zu Erinnerungen. Tauscht man sich darüber aus, können Lücken geschlossen werden oder Erinnerungen verblassen. Vergangene Zeit und Redelust spielen dabei eine Rolle.

"Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!" lautet eine alte Volksweisheit. Dass in Bezug auf Erinnerungen nicht immer geschwiegen werden sollte, haben Forscher der Universität Regensburg nun herausgefunden. Die Psychologen Karl-Heinz Bäuml und Magdalena Abel stellten sich die Frage, was mit Erinnerungen geschieht, wenn man sich bei einem Gespräch mit einer anderen Person gemeinsam gemachte Erfahrungen ins Gedächtnis ruft. Um diese Frage zu beantworten, führten die Forscher drei Verhaltensexperimente mit insgesamt 384 Probanden durch. Bei einem der drei Tests wurden die Erinnerungsleistungen nach drei Minuten und nach 24 Stunden verglichen.

Aus bisherigen Forschungen war bereits klar, dass anfängliches Zuhören bei einem solchen Gespräch die eigene Erinnerungsleistung schwächen kann. Der erste Redner aktiviert nämlich den Erinnerungsprozess und bringt selektiv einzelne Passagen der gemeinsamen Vergangenheit zur Sprache, während wiederum andere unerwähnt bleiben. Das kann zu negativen Folgen beim Zuhörer führen. "Die Erinnerungen buhlen geradezu um das 'Erinnertwerden' und der selektive Zugriff durch einen Sprecher führt bei den Zuhörern zur Unterdrückung weiterer Erinnerungen", erklärt Bäuml den Prozess in einem Gespräch mit n-tv.de.

Umgekehrte Effekte nach längerer Zeit

Das gilt allerdings nur, wenn wenig Zeit zwischen der gemeinsam gemachten Erfahrung und dem Erinnerungsgespräch besteht. Vergeht dagegen mehr Zeit, ist der gegenteilige Effekt zu beobachten: "In diesem Falle kann die Rolle des Zuhörers von Vorteil sein, da durch den Redner die noch fragmentarisch vorhandenen Erinnerungen aufgefrischt werden", betont Bäuml.

Die Ergebnisse der Regensburger Wissenschaftler könnten weitreichende Konsequenzen für verschiedene Fachgebiete – von der Pädagogik bis hin zur Kriminologie – haben. Sie belegen zudem, dass das Abrufen von Erinnerungen in sozialen Gruppen zwei Gesichter haben kann. Die alte Volksweisheit "Schweigen ist Gold" gilt dabei eben nur unter bestimmten Bedingungen.

Quelle: ntv.de, jaz

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