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Botschafter aus der Urzeit "Rosetta" bringt Licht in Planeten-Frühzeit

Der Zielkomet "Tschuri" ist extrem dunkel.

Der Zielkomet "Tschuri" ist extrem dunkel.

Erstmals könnte ein von Menschen geschaffenes Gerät weich auf einem Kometen landen. Doch was wollen die Wissenschaftler dort überhaupt? Und warum dauerte die Reise zum Kometen "Tschuri" zehn lange Jahre?

Für die europäische Kometenjäger-Mission "Rosetta" ist der Höhepunkt gekommen: Erstmals in der Geschichte der Raumfahrt könnte ein von Menschen geschaffenes Gerät weich auf einem Kometen landen. Nach zehnjähriger Reise durch den Weltraum hatte die "Rosetta"-Sonde mit dem Landegerät "Philae" an Bord am 6. August den Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko erreicht und war in seine Umlaufbahn eingeschwenkt. Am Mittwochmorgen wurde "Philae" für den Weg zum Kometen von "Rosetta" abgekoppelt.

Warum sind Kometen für die Wissenschaftler so interessant?

Kometen gelten als Zeitkapseln. Sie sind Botschafter aus der Entstehungszeit des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren und bestehen aus Eis, gefrorenem Gas und Staub. Die Erforschung ihrer genauen Zusammensetzung kann ein neues Licht auf die Geschehnisse in der Frühzeit von Sonne, Erde und anderen Planeten werfen. Außerdem glauben manche Forscher, dass ein Teil des Wassers auf der Erde von Kometen-Einschlägen stammt - und wahrscheinlich auch viele organische Moleküle, die eine Schlüsselrolle bei der Entstehung des Lebens gespielt haben.

Wieso galten Kometen jahrhundertelang als Unglücksboten, die Kriege, Seuchen und Hungersnöte ankündigten?

Die imposanten Exemplare unter den Schweifsternen hatten für unsere Vorfahren etwas Bedrohliches: Da sie plötzlich auftauchen, stellten sie aus damaliger Sicht die kosmische Ordnung in Frage. Heute wissen die Forscher, dass Kometen vom Rand des Sonnensystems stammen und sich ihre Gas- und Staubschweife bei der Annäherung an die heiße Sonne bilden.

Ist "Rosetta" die erste Mission zu einem Kometen?

Nein. Forschungssonden sind bereits mehrfach nahe an Kometen vorbeigeflogen, beispielsweise am berühmten Halleyschen Kometen bei dessen bislang letzter Annäherung an die Sonne 1986. 2005 feuerte die US-Kometensonde "Deep Impact" ein Projektil auf den Kometen Temple 1 ab. Auch Asteroiden, die wie Kometen zu den Kleinkörpern im Sonnensystem zählen, waren bereits Ziel von Raumfahrt-Missionen. Der japanischen "Hayabusa"-Sonde gelang es 2005 sogar, Bodenproben auf dem Asteroiden Itakawa zu nehmen.

Was macht die "Rosetta"-Mission dann so einzigartig?

Die am 2. März 2004 gestartete "Rosetta" ist die erste Sonde, die einen Kometen umkreist und nicht nur an ihm vorbeifliegt. "Philae" wiederum ist das erste Labor und Landegerät, das zu einem "Ritt auf dem Kometen" gebaut wurde.

Warum hat die Reise "Rosettas" zum Kometen mehr als zehn Jahre gedauert?

Weil "Rosetta" auf ihrer komplizierten Bahn mehrfach Schwung holen musste - dreimal bei Umrundungen der Erde, einmal passierte sie den Mars. Außerdem begegnete sie zwei kleinen Asteroiden. Seit ihrem Start hat "Rosetta" mehr als 6,4 Milliarden Kilometer zurückgelegt.

Warum wurde Tschurjumov-Gerasimenko als Ziel ausgewählt?

"Rosettas" Zielkomet war ursprünglich ein anderer: Die insgesamt rund eine Milliarde Euro teure Mission sollte zum Kometen 46P/Wirtanen führen. Doch vor dem geplanten Start im Januar 2003 gab es eine schwere Panne mit der damals neuen Version der europäischen Ariane-5-Rakete - mit der Folge, dass "Rosetta" am Boden blieb und das Startfenster zum Kometen Wirtanen verpasste. Sozusagen als Ersatz suchten die Forscher dann als Reiseziel Tschurjumov-Gerasimenko aus, den Wissenschaftler kurz "Tschuri" nennen.

Was wissen die Forscher über den Zielkometen?

"Tschuri" wurde 1969 von den Forschern Klim Tschurjumov und Svetlana Gerasimenko entdeckt. Schon die ersten "Rosetta"-Bilder zeigten, dass der Brocken von wenigen Kilometern Durchmesser aus zwei deutlich getrennten Teilen besteht - gleichsam einem "Kopf" und einem "Körper". Der Komet erinnert daher an ein Plastik-Entchen. Auf seiner Oberfläche gibt es steile Felsen und Brocken. Wissenschaftler haben außerdem herausgefunden, dass "Tschuri" unter irdischen Bedingungen streng riechen würde - nach faulen Eiern, Pferdestall und beißendem Formaldehyd.

Quelle: ntv.de, Richard Heister, AFP

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