Frage & Antwort

Temperaturbedingte Auszeiten Winterschlaf oder Winterruhe?

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Igel im Herbstlaub.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Vor einigen Tagen habe ich ein Eichhörnchen in meinem Garten gesehen. Ich dachte, die Tiere halten Winterschlaf oder Winterruhe. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Winterschlaf, Winterruhe und Kältestarre? (fragt Brigitte S. aus Dortmund)

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Einige Bärenarten fressen sich im Herbst einen Fettvorat an, damit sie im Winter ruhen können.

(Foto: picture-alliance / dpa)

Jeden Winter kann man diverse Artikel zu jahreszeitbedingten Depressionen, Sonnenlichtmangel und Problemen beim Aufstehen während der dunklen Jahreszeit lesen. Der Winter scheint uns Menschen nicht nur durch Erkältungen gesundheitlich zuzusetzen. Da blicken manche von uns neidisch auf den Igel, der sich bis zum Oktober den Winterspeck anfrisst und dann bis zum März schlafen legt. Aber macht der Igel wirklich einen Winterschlaf oder hält er nur Winterruhe oder fällt er gar in eine Kältestarre?

"Erst einmal möchte ich die Gemeinsamkeiten der drei temperaturbedingten Auszeiten nennen", sagt Julian Heiermann, Referent des Naturschutzbund Deutschland (NABU). "Alle drei sind nämlich Anpassungsformen der Tiere, die den Winter in unseren Breiten nicht überleben könnten, aber auch keine Möglichkeit haben, wie die Zugvögel, innerhalb kurzer Zeit in wärmere Gegenden zu gelangen." Tiere, die die Fähigkeit zu einer der drei Überwinterungsstrategien haben, verbringen die kalten Tage mit Inaktivität.

Nicht wie bei tiefgekühlten Erdbeeren

Die Kältestarre findet man nur bei Tieren, die wechselwarm sind. Das sind Tiere, die ihre Körpertemperatur an die äußeren Bedingungen anpassen können. Dazu gehören Amphibien wie Kröten, Frösche und Molche und Reptilien wie Eidechsen und Schlangen. Dazu kommt die Gruppe der Insekten, die auch in Kältestarre fallen können.

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Igel müssen mehr als 500 Gramm auf die Waage bringen, um den Winter zu überstehen. Besser sind 600 bis 700 Gramm.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

"Viele der wechselwarmen Tiere sind sehr robust, vor allem die Insekten. Sie erfrieren auch bei hohen Temperaturen nicht, weil sich in ihrer Körperflüssigkeit, die bei den Insekten Hämolymphe genannt wird, Frostschutzmittel haben, damit die Flüssigkeit bei Minusgraden nicht gefriert," ergänzt Heiermann. Das ist einfach ein genialer Schachzug der Natur, denn das Frostschutzmittel schützt das Gewebe der Tiere. Das Ganze kann man gut am Beispiel einer Erdbeere, die man ins Gefrierfach legt, erklären. War die Frucht vorher ganz prall, so ist sie nach dem Einfrieren und Wiederauftauen matschig. Dieser Effekt entsteht, weil die Eiskristalle, die sich in der Erdbeere gebildet haben, mit ihren scharfen Kanten das Fruchtfleisch zerschneiden.

Wunder der Anpassung

Beim Winterschlaf ist es tatsächlich so, dass die Tiere die Zeit des gesamten Winters über schlafen, vorausgesetzt, sie haben sich vorher genug Fettreserven angefressen, die als Energiequelle während des Winterschlafes dienen. Das beste Beispiel dafür ist der Igel. Er sucht sich für seinen Winterschlaf einen geeigneten Platz aus und schläft dann tatsächlich von Oktober bis März durch. Die Natur hat es so eingerichtet, dass der Schlaf sehr tief ist, so dass der gesamt Organismus des Tieres regelrecht heruntergefahren wird. Das Herz schlägt ganz langsam, der Atem geht ganz langsam und sogar die Körpertemperatur senkt sich bei gleichwarmen Tieren ab. Könnte der Igel keinen Winterschlaf halten, dann würde es das Tier in unseren Breiten nicht mehr geben. Der stachelige Geselle müsste sich dann in wärmeren Gegenden ansiedeln.

Schlaf mit Unterbrechungen

Auch Tiere, die Winterruhe halten, fressen sich einen gewissen Vorrat an Winterspeck an und schlafen. Allerdings können diese Tiere nicht wie der Igel durchschlafen, sondern werden aus energietechnischen Gründen immer mal zwischendurch kurzzeitig wach. "Das Eichhörnchen gehört beispielsweise dazu", so Heiermann. Zu den Fettpolstern müssen sich diese Tiere zusätzlich einen Vorrat an Futter anlegen, den es leicht erreichen kann, wenn es aufgewacht ist. In den kurzen Wachphasen wird hauptsächlich gefressen und Kot und Urin abgesetzt.

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Julian Heiermann vom NABU.

Übrigens: Tiere, die sich in den Anpassungsphasen befinden, benötigen einen besonderen Schutz. Wird beispielsweise ein Igel durch äußere Einflüsse zu früh geweckt, kann das für das Tier das Todesurteil bedeuten, da es kein geeignetes Futter findet. Auch ein Eichhörnchen, dessen Vorrat zum Beispiel durch das Baumfällen im Winter zerstört wird, ist extrem bedroht.

Quelle: ntv.de

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