Fundsache

Fundsache, Nr. 820 Neue Vormenschenart entdeckt

Die Fossilien weisen sowohl  Merkmale des Homo habilis als auch des affenartigen Australopithecus auf.

Die Fossilien weisen sowohl Merkmale des Homo habilis als auch des affenartigen Australopithecus auf.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit der Entdeckung einer bisher unbekannten Vormenschenart wird der Stammbaum des Menschen immer erkennbarer. Die etwa zwei Millionen Jahre alten Fossilien eines Kindes und einer Frau könnten ein Bindeglied zwischen den noch affenartigen Vormenschen und den frühen Menschen darstellen, teilte die Witwatersrand-Universität in Johannesburg mit. Zwei Forscherteams um Prof. Lee Berger von der Witwatersrand-Universität und Paul Dirks von der australischen James-Cook-Universität berichten über Entdeckung und Analyse der Fossilien im US-Fachjournal "Science".

Versehentlich in Tümpel gestürzt

Die Forscher waren in einer Höhle der Region Sterkfontein auf die Skelettteile gestoßen. Sterkfontein wird wegen zahlreicher spektakulärer Funde auch "Wiege der Menschheit" genannt. Den ersten Fund, ein menschenartiges Schlüsselbein, hatte am 15. August 2008 Matthew Berger gemacht, der kleine Sohn des Paläoanthropologen.

Die Fossilien lagen inmitten der Überreste von Säbelzahn-Katzen, Antilopen, Mäusen und Ratten in einem ausgetrockneten unterirdischen Tümpel. Der Vormenschen-Junge wurde etwa zehn Jahre alt, die Frau war mindestens Ende Zwanzig. Möglicherweise seien sie versehentlich in den unterirdischen Tümpel gestürzt, berichteten die Forscher. Spuren eines Raubtierangriffs oder von Aasfressern gebe es nicht. Ob Kind und Frau verwandt sind, steht nicht fest. Es sei aber gut möglich, dass sie sich zumindest gekannt hätten.

Kleines Gehirn, aber so klein dann doch nicht

Die bislang unbekannte Art bekam den wissenschaftlichen Namen Australopithecus sediba. Sediba ist das Wort für "natürliche Quelle" in der südafrikanischen Sprache Sotho. Kind und Frau waren war zum Zeitpunkt ihres Todes vor 1,95 bis 1,78 Millionen Jahren beide etwa 1,27 Meter groß, wobei die Forscher davon ausgehen, dass der Junge größer geworden wäre. Die Frau habe etwa 33 Kilogramm gewogen und das Kind etwa 27 Kilogramm. Das Gehirn des Jungen, von dem der Schädel erhalten ist, sei mit 420 bis 450 Kubikzentimetern im Vergleich zum modernen menschlichen Gehirn (etwa 1200 bis 1600 Kubikzentimeter) relativ klein gewesen, aber deutlich entwickelter als das Gehirn des älteren Australopithecus afarensis.

Der Fund könne "unser Verständnis der menschlichen Evolution revolutionieren", hieß es. Die Fossilien wiesen sowohl bereits Merkmale des Homo habilis auf als auch von affenartigen Vormenschen der Gattung Australopithecus. Wissenschaftler hätten nun angesichts der weitgehenden Vollständigkeit des Kinderskeletts die Chance, weit besser als bisher das Aussehen der menschlichen Vorfahren nachzuzeichnen.

Kandidat für eine Übergangsspezies

"Ich glaube, dass dies ein guter Kandidat für die Übergangsspezies zwischen dem südlichen afrikanischen Affenmenschen Australopithecus africanus und dem Homo habilis ist oder sogar ein direkter Vorfahre des Homo erectus", erläuterte Berger. Die Art habe lange Arme, wie ein Affe, kurze starke Hände, ein sehr entwickeltes Becken und lange Beine, heißt es in der Mitteilung.

Ein Grabungsteam vom Anthropologischen Institut der Universität Zürich unter der Leitung von Peter Schmid hat inzwischen mehr als 180 Fragmente von insgesamt mindestens vier Individuen des bisher unbekannten Vormenschen gefunden. Die jetzt in "Science" beschriebenen Fossilien des Jungen bestehen aus einem Schädelfragment, einem Unterkieferfragment, sowie einem Teilskelett. Die Überreste der ebenfalls in "Science" beschriebenen Frau umfassen Einzelzähne, Unterkieferfragmente und ein Teilskelett. "Diese Skelette sind besser erhalten und vollständiger als diejenigen der bekannten Lucy", stellte Schmid fest.

Quelle: ntv.de, dpa

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