Fundsache

Pünktlich zum 1. April Trojanische Ente verwirrt Experten

In Ägypten wurden Katzen verehrt. Gab es Ähnliches für Enten? Archäologen feiern einen Fund, der eine bisher unbekannte Kultur ans Tageslicht bringt. Im Mittelpunkt steht ein Objekt, das wegen des Fundorts "Trojanische Ente" genannt wird. Ähnlichkeiten mit peruanischen Funden drängen sich auf.

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Die trojanische Ente soll nun intensiv untersucht werden.

Deutsche Archäologen sind in der Türkei einem Sensationsfund auf der Spur. In der Nähe der historischen Stadt Troja entdeckte die Forschergruppe offenbar einen frühen Entwurf des Trojanischen Pferdes. Das Fundstück ist komplett aus Holz und dem Ursprung in der Bronzezeit entsprechend gut erhalten. Nach ersten Schätzungen ist es 20 Zentimeter groß. Nach Angaben der Wissenschaftler steckt die eigentliche Sensation des Fundes jedoch im Detail: Nach einer gründlichen Reinigung entpuppte sich das Holzgebilde als innen hohle Ente. Der Fund erregt nun weltweit Aufmerksamkeit. Vor allem in Südamerika wartet man gespannt auf eine weitere Auswertung.

Was das Objekt bedeuten könnte und wofür es verwendet wurde, ist den Forschern allerdings noch völlig unklar. Erste Hinweise sollten eine Computertomographie und eine digitale 3D-Rekonstruktion bringen. Die Entdecker des bereits "Trojanische Ente" getauften Objektes vermuten, dass es sich um eine Art Modell handeln könnte. Nach dessen Vorbild soll demnach das bisher historisch nicht verbürgte Pferd gebaut worden sein, das laut Homers "Illias" die Einnahme Trojas durch die Griechen ermöglichte. Warum aus der Ente ein Pferd wurde ist allerdings völlig unklar. Dieser Frage gehen die Wissenschaftler derzeit in einem interdisziplinären Forschungsprojekt nach. Neben der archäologischen und kulturhistorischen Einordnung finden dabei auch besondere statische und konstruktive Merkmale des Fundes Berücksichtigung.

Troja-Debatte flammt neu auf

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Ein rituelles Musikinstrument der Moche-Kultur.

Der Fund wird von den Archäologen als erster Hinweis gewertet, dass das in Homers "Illias" beschriebene sagenhafte trojanische Pferd tatsächlich existierte. Dies käme einer wissenschaftlichen Sensation gleich. Jedoch gibt es in der akademischen Welt starke Vorbehalte gegen diese Theorie. Die vor zehn Jahren ausgebrochene sogenannte Troja-Debatte zwischen mehreren renommierten Altertumswissenschaftlern droht nun erneut aufzuflammen.

Althistoriker Frank Kolb von der Universität Tübingen hatte sich damals gegen seinen Archäologie-Kollegen Manfred Korfmann gewandt. Dieser hatte Grabungsergebnisse im türkischen Troja als Nachweis für die historische Authentizität der in Homers Epos beschriebenen Vorgänge gedeutet. Kolb hatte dies scharf kritisiert. Er sah in der "Illias" die reine Fiktion eines Dichters. Die Stadt habe in der Realität nicht die in dem Werk beschriebene Bedeutung gehabt. Nach einem Symposium in Tübingen und dem Tod Korfmanns 2005 kam die hitzige und mit scharfen Worten geführte Debatte jedoch zum Erliegen.

Der Plagiats-Affäre auf der Spur

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Ein Kopfgefäß, ebenfalls aus der Moche-Kultur.

Nun könnte die auch in der Öffentlichkeit mit Interesse verfolgte Auseinandersetzung neuen Schwung bekommen - und eine völlig andere Richtung nehmen. So meldeten sich nach dem Fund der Ente bereits Archäologen, die einen Zusammenhang mit dem trojanischen Pferd und der "Illias" abstreiten. Vielmehr könnte es sich um ein Objekt einer anderen, vergessenen und bisher unbekannten Kultur handeln, die lange vor den Griechen den Landstrich bewohnte.

Demnach könnten das Volk und seine Rituale von griechischen Siedlern entdeckt worden sein. Dabei wurden nach Meinung einiger Archäologen auch Kultobjekte geraubt, die dann Eingang in die griechische Götterwelt fanden. Um den Diebstahl zu vertuschen, seien die Objekte verfremdet worden, heißt es weiter. So könnte aus der Ente ein Pferd geworden sein, das dann der Dichter Homer verwendete. Experten sprechen bereits von einer Plagiats-Affäre historischen Ausmaßes. Die Forscher wollten nicht ausschließen, dass es auch heute noch Nachkommen dieses Volkes geben könnte.

Musikinstrument, Becher und Napf

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Schnabelbecher der Nazca-Kultur.

Untermauert wird diese Ansicht von weiteren Funden auch auf anderen Kontinenten, die in der Chronologie denen der europäischen Bronzekultur entsprechen. So stießen die Spanier bei der Eroberung Perus auf Fundstücke der Moche-Kultur, die etwa vom 1. bis 8. Jahrhundert bestand. Das kulturell hochentwickelte Volk ist für seine realistischen Figurengefäße aus Ton und "keramische Bilderbücher" bekannt, die neben Menschen und Pflanzen auch Tiere zeigen. Neuere Funde aus der nördlichen Küstenregion Perus - darunter ein filigranes Musikinstrument und ein Kopfgefäß - deuten neben der Verehrung der Fliege auch auf eine hervorgehobene Stellung der Ente in dieser Kultur hin.

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Dieser Napf aus der mittleren Nazca-Kultur gibt Rätsel auf.

Auch weiter südlich geben archäologische Funde Rätsel auf. Der mittleren Periode (200-300 n.Chr.) der peruanischen Nazca-Kultur werden etwa Funde zugerechnet, die eindeutig an Enten angelehnt sind. Es handelt sich um einen sogenannten Schnabelbecher und einen Napf mit einem Entenkopf. Dies überraschte die Archäologen, da in den berühmten Nazca-Linien bisher nur Darstellungen von Menschen und Tieren wie Wal, Kolibri und Affe bekannt waren. Ob ein Zusammenhang zwischen den Nazca-Gefäßen und den Funden der Moche-Kultur besteht, ist allerdings noch offen. Das gilt auch für die Hintergründe der bisher unbekannten und offenbar kultischen Verehrung der Ente. Diese ist aus keinem der bisher bekannten Kulturkreise überliefert.

Auswirkungen auf die Altertumsforschung dürften sowohl diese Funde, als auch die in der Türkei gefundene "Trojanische Ente" haben. Wissenschaftler in Deutschland sehen in Letzterer bereits einen Wendepunkt in der Geschichtsschreibung. Je nachdem, was genau die Analyse ergebe, müssten Geschichts-, aber auch Schulbücher umgeschrieben werden. Sogar Museen stehen vor umfangreichen Arbeiten. Bisher dem griechischen Kulturkreis zugeschriebene Ausstellungsstücke müssten entsprechend umgedeutet und neu präsentiert werden.

Quelle: ntv.de

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