Alkohol hilft beim Überleben Goldfische ertragen Winter nur "betrunken"
17.08.2017, 07:42 Uhr
Der Goldfisch ist eine Züchtung, die aus dem Moorkarpfen aus China hervorgegangen ist. Er hat ebenfalls die Fähigkeit, Alkohol zu bilden.
(Foto: imago/Anka Agency International)
In zugefrorenen Teichen können Goldfische wochen- und monatelang im kalten, sauerstoffarmen Wasser ausharren. Jahrelang rätseln Forscher, wie die Tiere das schaffen. Nun haben die Wissenschaftler eine entscheidende Entdeckung gemacht.
Karauschen (Carassius carassius) sind kleine Moorkarpfen, von denen unsere Goldfische abstammen. Beide Fischarten sind wahre Überlebenskünstler: Selbst harte Winter können sie ohne Probleme in zugefrorenen Teichen überstehen.
Bislang wussten Forscher lediglich, dass die Fische es irgendwie schaffen, im sauerstoffarmen Wasser ihren Kreislauf aufrechtzuerhalten. Aber wie ihnen das gelingt, war lange ein Rätsel. Doch nun haben Wissenschaftler der Universitäten in Oslo und Liverpool eine entscheidende Entdeckung gemacht: Wie sie in einer Studie, die in der Fachzeitschrift "Scientific Reports" erschien, herausgefunden haben, verfügen die Tiere über zwei Proteine. Und die ermöglichen es ihnen, Milchsäure in Alkohol umzuwandeln.
Aber von vorne: Milchsäure entsteht, wenn Muskeln mit Sauerstoff unterversorgt sind. Wir Menschen kennen das vom Sport. Irgendwann spielen die Muskeln nicht mehr mit, sie machen schlapp und man muss mindestens das Tempo drosseln. Auch wenn uns der Sauerstoff ausgeht, vergiften wir uns innerhalb weniger Minuten an Milchsäure. Denn: Die Energieproduktion in den Zellen läuft nicht wie üblich bis zum Kohlendioxid, das ausgeatmet wird. Stattdessen entsteht Milchsäure, die nicht abgeführt werden kann. Und das führt zum Tod.
Goldfisch wäre fahruntüchtig
Die Karausche hat das Problem offensichtlich gelöst, indem sie bei Sauerstoffmangel einen alternativen Stoffwechselweg einschlägt und so die Milchsäure unschädlich macht. Dies kann sie, da bei ihr ein Protein vor circa acht Millionen Jahren so mutiert ist, dass es bei Sauerstoffmangel die Milchsäure in Alkohol umwandelt. Deswegen steigt die Blutalkoholkonzentration der Moorkarpfen während der Zeit im nahezu sauerstofffreien Wasser auf mehr als 50 Milligramm pro 100 Milliliter. Ein Mensch dürfte mit dieser Alkoholkonzentration im Blut nicht mehr Auto fahren.
Die Alkoholkonzentration steigt jedoch nicht nur im Fischblut, sondern auch im Wasser. Denn den produzierten Alkohol geben die Tiere über die Kiemen ins Wasser ab. Als Frostschutzmittel im Wasser taugt der Alkohol allerdings nicht. Dafür ist die Konzentration dann doch zu gering.
Auch bei dem alternativen Stoffwechselweg entsteht Energie, die allerdings nur 10 oder 20 Prozent dessen beträgt, was ansonsten mit Sauerstoff produziert wird. Deswegen wirken die Karauschen im kalten Wasser lethargisch, sie bewegen sich kaum, denn das kostet Energie. Vor Fressfeinden muss sich der Fisch aber nicht fürchten. Der Goldfisch ist der einzige Fisch, der dank des Protein-Tricks im zugefrorenen Teich überleben kann.
Quelle: ntv.de