Augen auf beim Pilzesammeln Trüffel erstmals in Norddeutschland kultiviert
03.10.2013, 15:50 Uhr
Trüffel sind eine Delikatesse. Für ein Kilo bezahlt man bis zu 1500 Euro.
(Foto: dpa)
Es ist eine Sensation für Feinschmecker: Erstmals gelingt es, Trüffel im hohen Norden Deutschlands anzusiedeln. Der Trüffel ist ein äußerst seltener Pilz und nur schwer zu kultivieren. Statt Schweinen spüren ganz besondere Tiere die Trüffel auf.
Erdig, braun und unscheinbar sehen sie für Laien aus, Experten schätzen sie als kostspielige, seltene Delikatesse. Die Rede ist von Trüffeln. Besonders begehrt sind die sogenannten Schwarzen Winteredeltrüffel oder Périgord-Trüffel - Tuber melanosporum Vittadini nennen sie Experten. Ihr Verbreitungsgebiet ist gewöhnlich südlich des Bodensees. Hierzulande gibt es daher in der Regel nur die etwas günstigeren Sommer- oder Burgundertrüffeln. Nun aber ist klar, auch die besonders edlen Périgord-Trüffel lassen sich in Deutschland kultivieren. Gelungen ist das ausgerechnet im hohen Norden, nahe der Ostseeküste.
Périgord-Trüffel gibt es im Winter etwa von Dezember bis März. Für ein Kilo gehen durchaus bis zu 1500 Euro über den Tisch. Dass nun die Kultivierung dieses Traums vieler Feinschmecker auf einem Grundstück östlich von Kiel gelungen ist, verschlägt so manchem Experten die Sprache. Gelungen ist das dem Künstler und Grafiker Ingo Fritsch. Aufgetan hat ihn der Hamburger Pilzexperte Christian Volbracht. Er berichtete darüber bei einem internationalen Trüffel-Symposium in Sinzig in Rheinland-Pfalz.
Trüffel wandern gen Norden
Was aussieht wie ein Haufen Steine, ist in Wahrheit ein gewinnbringender Trüffel-Fund in Kiel.
(Foto: dpa)
Experten gehen davon aus, dass sich die Grenze des Vorkommens von Trüffeln grundsätzlich wegen des Klimawandels langsam verschiebt. Sie rücke nach Norden, sagt etwa Jean-Marie Dumaine. Er ist Präsident des Vereins Ahrtrüffel, der das Symposium veranstaltet. Zu einem ähnlichen Schluss kam auch eine Studie unter der Leitung von Wissenschaftlern der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) aus der Schweiz von Ende 2012, die in der Zeitschrift "Nature Climate Change" veröffentlicht wurde.
Der Studie zufolge ist davon auszugehen, dass Trüffel aufgrund einer zunehmenden Trockenheit in den wichtigsten Anbaugebieten in Nordspanien, Frankreich sowie den italienischen Regionen Piemont und Umbrien zurückgehen. Nördlich der Alpen indes sind laut der Studie günstigere ökologische Verhältnisse zu erwarten.
"Das ist 700 Kilometer nördlich der natürlichen Verbreitungsgrenze ziemlich sensationell", sagt Volbracht. Er hat die Trüffel aus der Nähe von Kiel untersucht und probiert und nach der Überprüfung durch einen anderen Experten darüber in der neuesten Ausgabe der "Zeitschrift für Mykologie" berichtet.
Symbiose mit Baum nötig
Mit der Kultivierung von Trüffeln ist es so eine Sache. Klassische Kulturpflanzen sind sie beileibe nicht, wie Dumaine betont. "Sie bleiben - auch wenn man sie kultiviert - wilde Pilze", sagt der Franzose. Das sei anders als etwa bei Champignons.
"Es ist ein völlig rätselhafter und eigenwilliger Organismus", sagt auch Volbracht. Wie andere sogenannte Mykorrhizapilze - etwa der Steinpilz - gingen auch Trüffeln eine Symbiose mit Bäumen ein. Der Pilz ist dabei mit dem Wurzelsystem in Kontakt, hierüber geschieht ein Stoffaustausch. Doch selbst wenn die Symbiose in der Erde entstehe, heiße das noch lange nicht, dass auch Fruchtkörper gebildet würden. "Wie das geschieht, ist nach wie vor unklar."
Katzen schnüffeln nach Pilzen
Um Trüffel, die in Deutschland in freier Natur seit 1986 unter Naturschutz stehen, dennoch zu kultivieren, werden Baumsetzlinge mit Trüffelsporen beimpft, mykorrhizieren heißt das. Der findige Trüffelkenner Ingo Fritsch aus der Nähe von Kiel hat dafür übrigens eine ganz eigene Methode angewandt. Er gab Mäusen Trüffelreste zu fressen, um deren Kot mit den Sporen dann aufzufangen, ihn mit Erde zu mischen und darin Baumsetzlinge großzuziehen. Bei ihm gedeihen die Pilze nun unter Hainbuchen, es fanden sich Fruchtkörper von 1,3 bis fünf Zentimetern Größe, wie Volbracht in seinem Fachartikel schreibt.
Und bei der Suche nach den Kostbarkeiten im Erdboden helfen Fritsch nicht etwa Trüffelschweine oder -hunde, sondern Katzen. Es handelt sich um einen Wurf, den er einst mit Trüffelmilch aufzog. Die Tiere haben dadurch ein besonderes Näschen ausgebildet.
Quelle: ntv.de, Christian Schulz, dpa