Rasante genetische Anpassung Wie Fische Giften trotzen
18.02.2011, 09:07 Uhr
Ein Frostfisch (Microgadus tomcod).
(Foto: Joanie Côté, wikipedia)
Nur wer sich schnell genug an die Lebensbedingungen anpassen kann, überlebt langfristig. Dieser evolutionären Gesetzmäßigkeit scheinen die Frostfische im Hudson River zu folgen. Sie schützen sich mit nur einer Genmutation vor hohen Giftkonzentrationen im Wasser.
Als Reaktion auf große Mengen Gift im Wasser hat sich bei den Frostfischen des Hudson River in den USA binnen Jahrzehnten eine schützende Mutation ausgebreitet. Das ist für eine Genmutation sehr schnell, berichten Forscher um Isaac Wirgin von der New York University School of Medicine im Journal "Science". Verantwortlich dafür sei lediglich ein Gen.
Die rund 20 Zentimeter großen Frostfische (Microgadus tomcod) leben am Boden des Gewässers und sind weit verbreitet. Ein großes wirtschaftliches Interesse an ihnen gibt es nicht, heißt es in "Science" weiter. Zwischen 1947 und 1976 verschmutzten zwei Fabriken von General Electric 315 Kilometer stromaufwärts den Hudson-River mit 590.000 Tonnen polychlorierter Biphenyle (PCBs). Die Chemikalien dienten unter anderem zur Produktion elektrischer Isolatoren und haben zahlreiche giftige Wirkungen. Der Gehalt des Giftes in den Lebern der Fische gehört zu den höchsten je gemessenen, notiert Wirgin. Wie die Tiere unter Bedingungen überleben, die viele andere Fische hinwegraffen, war nicht bekannt.
Wirgin und seine Kollegen fingen viele Fische, sowohl in belasteten als auch in relativ sauberen Abschnitten des Hudson River. Im Erbgut suchte das Team nach Genen wie der Erbanlage AHR2. Das daraus hervorgehende Protein ist an der Regulierung der toxischen Effekte beteiligt.
Mutierte Fische setzen sich durch
Dabei zeigte sich, dass den Fischen aus den vergifteten Teilen des Flusses sechs DNA-Bausteine in dem Gen fehlten. Daraufhin bindet das Gift, so erklären es die Forscher, schlechter an das Protein. Dieses ist im intakten Zustand dafür zuständig, die giftigen Effekte der Substanz in der Zelle zu vermitteln. Diese Kaskade ist durch die mutierten Proteine geschwächt oder unterbrochen.
Die Mutation gab es auch in Frostfischen aus sauberen Gewässern, wenngleich viel seltener. Sobald aber das Gift in großer Menge ins Wasser gelangte, setzten sich Tiere mit der Mutation schnell durch. Viele Jungtiere ohne diesen genetischen Schutz sterben früh an Herzdefekten. Die Studie ist ein Beispiel dafür, dass die Evolution sehr schnell "zupacken" kann.
Quelle: ntv.de, dpa