Empfindliche Barthaare Seehunde sind Spürhunde
12.06.2010, 13:50 Uhr
In den Barthaaren liegt die Kraft.
(Foto: picture alliance / dpa)
Auch 35 Sekunden, nachdem ein Fisch vorbeigeschwommen ist, spüren Seehunde noch, welche Richtung dieser eingeschlagen hat. Forscher haben herausgefunden, dass die Barthaare der Seehunde viel empfindlicher sind, als bisher angenommen.
Die langen Barthaare der Seehunde sind viel empfindlichere Strömungsdetektoren als bisher geglaubt. Noch 35 Sekunden nachdem ein Fisch im trüben Wasser vorbeigeschwommen ist, könne ein Seehund ihm nur anhand des Strömungsmusters im Wasser folgen. Das berichten deutsche Meeresbiologen im britischen "Journal of Experimental Biology".
Dass die langen Barthaare im Robbengesicht überaus empfindliche Sensoren sind, war schon länger klar. Sie haben etwa zehn Mal mehr Rezeptoren als die einer Katze. Werden sie mit einer Strumpfmaske "lahmgelegt", können die Seehunde keine Beute mehr verfolgen.
Training mit "Henry"
Sven Wieskotten und Wolf Hanke von der Universität Rostock hatten für ihre Versuche den sechs Jahre alten Seehund "Henry" im Robbenforschungszentrum (Marine Science Center) der Universität in einem stillen Becken trainiert. Das Tier, dem die Augen verbunden waren, lernte schnell, den Forschern anzuzeigen, in welche Richtung sich eine künstliche Flosse im Wasser bewegt hatte. Als Motivationshilfe dienten dabei schmackhafte Fischstücke.
Nach einem Training über zwei Monate hinweg erledigte Henry diese Aufgabe auch, wenn er erst fünf Sekunden nach der künstlichen Flossenbewegung ins Becken gelassen wurde. Und schließlich gelang es dem Tier selbst noch nach 35 Sekunden richtig anzuzeigen, wohin die vermeintliche Beute geschwommen war. Diese Leistung gelang mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit.
Reflektierende Partikel
Mit winzigen reflektierenden Partikeln im Wasser und Laserlicht sahen die Forscher außerdem, dass ihre künstliche Flosse im Wasser Wirbel und Strömungen verursachte, die jenen natürlicher Flossenbewegungen ähnelten. Nach fünf Sekunden erweiterten sich diese Wirbel im Wasser auf etwa 20 Zentimeter, nach 30 Sekunden waren sie rund 50 Zentimeter weit. Im Zuge dessen schwächsten sie sich ab.
Filmaufnahmen von Henrys Kopf zeigten, dass dieser noch auf kleinste Wasserströmungen reagierte: Er zuckte mit dem Kopf, sobald ein Ausläufer der schwachen Wasserwirbel auch nur eines seiner Barthaare streifte. Die Rostocker Wissenschaftler vermuten, dass die Tiere die Form und Struktur der Wirbel wahrnehmen und daraus auf die Richtung schließen, in die der Verursacher geschwommen war. "Seehunde können damit anhand der Strömungen einem Fisch selbst in trübem Wasser über hunderte von Metern folgen", heißt es bei Hanke. "Diese Leistung kommt durchaus an die Echo-Ortung von Walen und Delfinen heran".
Quelle: ntv.de, dpa