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Caddy CTS-V - echter Sledgehammer Ami verbläst deutsche Premium-Bolzer

Mit fünf Metern Länge fährt der Cadillac CTS-V ins Oberhaus. Aber mit dem 6,2 Liter V8 aus der Corvette geht es auch in Richtung Super-Sport-Wagen.

Mit fünf Metern Länge fährt der Cadillac CTS-V ins Oberhaus. Aber mit dem 6,2 Liter V8 aus der Corvette geht es auch in Richtung Super-Sport-Wagen.

(Foto: Holger Preiss)

Was fällt Ihnen bei Cadillac ein? Groß, schwer, laut. Straßenkreuzer eben. Das war mal! Groß sind sie immer noch, schwer schon lange nicht mehr und laut, nur wenn man es will. Und mit dem CTS-V will man.

Sledgehammer sagt nicht nur John Barrick, Engineering Manager der V-Serie, zum CTA-V, sondern alle, die mit dem Auto zu tun haben. Für das erste "Oh" sorgte dann auch der Umstand, dass unter der kantigen Haube der 649 PS leistende 6,2 Liter V8 Supercharged aus der Corvette Z06 pumpt. Natürlich wurde das Triebwerk nicht eins zu eins übernommen, sondern in Teilen modifiziert. Doch wie man es auch dreht und wendet, eins steht fest: Befeuert mit diesem Monstermotor wird - und jetzt kommt das zweite "Oh" - der CTS-V zur momentan schnellsten Serien-Limousine der Welt.

Die Optik ist gewöhnungsbedürftig. Genau wie der Umgang mit dem Sledgehammer.

Die Optik ist gewöhnungsbedürftig. Genau wie der Umgang mit dem Sledgehammer.

(Foto: Holger Preiss)

Sonst so bedacht, setzen die US-Amerikaner hier mit 320 km/h in der Spitze eine Marke, die ab Werk weder ein Mercedes E63 AMG noch ein BMW M5 und auch ein Audi RS6 nicht übertreffen können. Selbst beim Beschleunigungswert von 3,7 Sekunden auf Tempo 100 steht der Ami ganz vorn in der Nahrungskette. Und spätestens wenn beim Kickdown die 855 Newtonmetern an die Hinterachse geschickt werden und sich die 275er Michelin Supersport, die nur für den CTS-V entwickelt wurden, in den Asphalt fräsen, wird klar, warum dieses Auto die Bezeichnung Sledgehammer (Vorschlaghammer) verdient.

Der Kick für den Überflieger

Die neue 8-Gang-Wandlerautomatik prügelt auf dem Weg zur angegebenen Höchstgeschwindigkeit die Gänge rein, als gäbe es kein Morgen. Was den Fahrer hier ereilt, ist aber nicht der brachiale Tritt ins Kreuz, sonder eher der dezente, aber kraftvolle Hinweis, dass es jetzt nur noch einen Weg geben kann: den nach vorne. Um diesen Vorgang noch einen Tick spontaner zu machen, hat Cadillac dem CTS-V vier Fahrprogramme spendiert. Neben "Tour" und "Eis und Schnee" gibt es noch "Sport" und "Track". Im Letztgenannten verstecken sich weitere fünf Untermenüs, die im Einzelnen zu erläutern zu weit führen würde. Deshalb nur so viel: Der Sportlimousine kann hier auch die letzte elektronische Hilfe genommen werden, sodass es dann völlig nackt über den Rundkurs geht. Wer im Alltagsgebrauch allerdings mal Porsche-Fahrer weinen sehen möchte, der sollte es beim Sportmodus belassen

Hier greifen die normalen Standards: Die ohnehin angenehm straffe Lenkung zieht sich noch etwas zusammen, beim kräftigen Tritt auf den Pin verkürzt sich der Weg, bis die Nadel des virtuellen Drehzahlmessers die 6000 erreicht und der nächsthöhere Gang dem CTS-V Beine macht. Spannend ist bei dieser Art der Fortbewegung, dass selbst bei 250 km/h noch Schub da ist. Schub, der ausreicht, den Ami bis über die 300 fliegen zu lassen. Bis auf Tempo 311 hat es der Tester geschafft, dann konnte er sich von der Standfestigkeit der Bremsen überzeugen. Im CTS-V sind die der Kraftentfaltung entsprechend mächtig: Vorne beißen sechs Kolben von Brembo in 390 Millimeter breite Scheiben, hinten hacken vier Kolben in 365er Scheiben.

20 Liter dürfen sein

Die hier angezeigten 17,9 Liter erfährt man nur mit absoluter Disziplin.

Die hier angezeigten 17,9 Liter erfährt man nur mit absoluter Disziplin.

(Foto: Holger Preiss)

Der Moment nach der Landung aus dem Tiefflug gilt natürlich der Tankanzeige. Wobei dieses Thema bei solchen Autos eigentlich tabu sein sollte. Denn unter 20 Litern Super ist hier nichts zu machen. Der Verbrauch entspricht übrigens exakt der Angabe für den Stadtverkehr im Datenblatt. Wer längere Strecken "fliegt", darf natürlich gerne mit etwas mehr rechnen. Aber auch weniger ist möglich. Die Ingenieure haben dem Kraftwerk unter der Haube nämlich einen Sparmodus verpasst. Bei gleichmäßiger und gemäßigter Fahrt, macht die Elektronik aus dem V8 einen V4. In der Summe ließ sich der Verbrauch so von 22,3 auf 17,1 Liter senken.

Ähnlich wie mit dem Verbrauch verhält es sich mit dem Sound. Man muss ihn akzeptieren, wenn man die Leistung haben will. Für einen V8 geht der CTS-V nämlich sehr verhalten zu Werke. Natürlich ist er zu hören, selbstredend schüttelt er schon im Stand seine Insassen sanft durch. Aber er hat nicht das basslastige Spratzen, dieses tiefe Husten, das man von einem V8 aus Affalterbach kennt, wo die Drosselklappen die Musik machen. Beim Cadillac ist es eher ein heiseres, aber verhaltenes Husten. Dem Fahrspaß tut das keinen Abbruch und Blicke zieht der für hiesige Verhältnisse eigenwillig und kantig gezeichnete Ami ohnehin auf sich. Umso mehr, als dass es der Sportlichkeit folgend für die Optik einige Zugaben gegeben hat. Da sind Flicks und eine Frontspoilerlippe, eine Hutze auf der Motorhaube und am Heck ragt ein Spoiler weit in den Himmel. All diese Anbauteile sind in Karbonoptik und beredtes Zeichen für die Sportambitionen des CTS-V. Das Sportpaket kostet allerdings 3900 Euro extra.

Der Premium-Wille

Noch ist man, was die Gestaltung des Interieurs betrifft, nicht bei den deutschen Premiumherstellern, aber dafür stimmt der Preis.

Noch ist man, was die Gestaltung des Interieurs betrifft, nicht bei den deutschen Premiumherstellern, aber dafür stimmt der Preis.

(Foto: Holger Preiss)

Die hat die Limousine auch im Innenraum. Da gibt es - für den, der will - belederte Recaro-Sitze, die Fahrer und Beifahrer so eng umschließen, dass auch in der schärfsten Kurve nichts verrutschen kann. Ebenso finden sich Karbon-Intarsien und ein mit Alkantara bespanntes Volant, das extrem gut in der Hand liegt. Die Bedienung und deren Elemente hingegen kennt man zu Teilen aus dem Opel Insignia und die Mittelkonsole gibt es in gleicher Form auch im SUV-Ungetüm Escalade. Um dem Ganzen einen Hauch von Luxus zu geben, hat Cadillac die Armatur und die Türinnenverkleidungen mit Nappa bespannt. Zu Teilen ist es perforiert, dann wieder rau und an anderen Stellen glatt. Ob das gefällt, ist Geschmackssache.

Genau wie die schon erwähnte Hülle des kraftstrotzenden Caddy. Die Stoßrichtung ist aber in jedem Fall klar: man will den Premium-Bolzern aus deutscher Produktion Kunden abjagen. Damit das gelingt, ist nicht nur die Höchstgeschwindigkeit eine Kampfansage, sondern auch der Preis. Mit Vollausstattung, zu der eine V-getunte Stabilitäts- und Traktionskontrolle ebenso gehören wie graue Bremssättel, ein Velourlederlenkrad, 20-fach verstellbare Sportsitze, Fahrer-Warnsysteme und eine Bordsteinkamera vorn. Kostenpunkt: 98.500 Euro. Weniger kann in diesem Segment und in dieser Leistungsklasse keiner.

Auch der kleine Bruder ATS-V hat einiges zu bieten. Vor allem sportliche Gene.

Auch der kleine Bruder ATS-V hat einiges zu bieten. Vor allem sportliche Gene.

(Foto: Holger Preiss)

Deshalb bläst Cadillac auch gleich noch eine Stufe darunter mit dem ATS-V zum Sturm. Als Coupé und Limousine geht es hier mit einem 3,2 Liter V6-Triebwerk, 470 PS und satten 603 Newtonmetern gegen BMW M3 und M4, Mercedes C63 AMG und Jaguar XE S. Ganz so souverän wie der große Bruder zieht der US-Amerikaner hier nicht an der Konkurrenz vorbei. Da aber auch hier keine elektronische Blockade für die Leistungsentfaltung eingebaut wurde, steht er mit einer Spitzengeschwindigkeit von 304 km/h wieder ganz vorn. Und letztlich muss er sich nur in einem Punkt geschlagen geben. Mit 650 Newtonmeter hat der C63 AMG die Nase vorn. Wobei angemerkt werden muss, dass der Schwabe von einem V8 angetrieben wird. Aber selbst der könnte beim Ampelstart die schmalen Rücklichter des Amis sehen, denn in den Beschleunigungswerten von 0 auf 100 km/h steht es hier 3,9 Sekunden zu 4,0 Sekunden. Na gut, hier entscheidet wohl eher das fahrerische Können über den Sieg.

Kleiner Bruder mit schwänzelndem Heck

Doch wie dem auch sei, beim Einstieg gibt es beim ATS-V kein Vertun: Mit 60.924 Euro ist er geradezu unschlagbar preiswert. Und dafür bietet er nicht nur Performance, sondern auch eine Fahrdynamik, die dem CTS-V nur wenig nachsteht. Zugegeben: Er ist der junge Wilde. Bei einem kräftigen Kick auf den Pin neigt er zum fröhlichen Schwänzeln und wer hier zu übermütig wird, der muss gewahr sein, dass er nicht mehr mit dem ATS-V spielt, sondern der mit ihm. Ansonsten will auch der kleinere Bolzer beweisen, dass er sich nicht ohne Grund ins Premiumsegment drängelt. Da gibt es neben den verchromten Schaltwippen auch eine elektronische Parkbremse, 14-fach verstellbare Vordersitze, ein Bose Premium-Surround-Soundsystem mit neun Lautsprechern, eine Alarmanlage und 18-Zoll-Aluminiumräder mit "Premiumlackierung".

Erstaunlich ist, dass selbst die Premium-Ausstattung, die für 65.126 Euro ein adaptives Fahrwerk, ein elektronisches Sperrdifferential, ein zusätzliches Hochleistungskühlsystem und Hochleistungsbremsen bietet, fahrrelevante Sicherheitssysteme wie Abstandswarner Totwinkel-Assistent, Spurwechselwarner oder die Ausparkhilfe mit Querverkehrswarner nur im Zusatzpaket für 4800 Euro bietet. Ebenfalls darin enthalten sind aber ein farbiges Head-up-Display, einen Belüftungsauslass auf der Motorhaube, Frontsplitter, ein Heckdiffusor aus Karbonfaser und dunkle Schweller.

Hinzu kommen in der Premiumausstattung Recaro-Sportsitze, die schon ihr Lob im CTS-V bekommen haben. Der kühle Rechner wird sich sagen: "Da sind wir jetzt aber schon bei 69.926 Euro und der Mercedes-AMG C63 kostet auch nur 76.100 Euro!" Ja, aber beim Benz ist beispielsweise noch kein schlüsselloser Zugang dabei. Der muss für 1071 Euro extra bezahlt werden. Mit einigen anderen Beigaben ist die 80.000-Euro-Marke hier schnell geknackt. Ob das letztlich eine Rolle spielt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Und die letzte Erkenntnis dürfte für den Interessenten nur eine Probefahrt bringen.

Quelle: ntv.de

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