Auto

Wanderer zwischen den Welten Ist der Mercedes GLC ein Alleskönner?

Weg von den Kanten, hin zu Rundungen präsentiert sich der Nachfolger des GLK, der GLC.

Weg von den Kanten, hin zu Rundungen präsentiert sich der Nachfolger des GLK, der GLC.

(Foto: Holger Preiss)

Das von Mercedes ausgerufene "Jahr des SUV" hat einen Neuzugang: den GLC. Das Midsize-SUV löst den GLK nicht nur in der Nomenklatur ab, sondern macht auch sonst fast alles besser als sein Vorgänger.

"Wir schießen aus allen Rohren", sagte Mercedes Chef Dieter Zetsche, bevor die Stuttgarter ihre Modelloffensive gestartet haben, die sich unterdessen über fast das gesamte Portfolio erstreckt. Kaum ein Segment, das nicht besetzt wird und sollte es dennoch eine Lücken geben, dann steht jetzt schon fest, die wird geschlossen. So soll es noch in diesem Jahr einen GLS geben, eine S-Klasse im Bereich der SUV. Und das GLC Coupé, als Gegenspieler für den BMW X4 dürfte seine Premiere auf der IAA im September feiern.

Wachablösung für den GLK

Manchem mag die verchromte Verblendung der Endrohre zu viel sein, dem Autor gefällt es.

Manchem mag die verchromte Verblendung der Endrohre zu viel sein, dem Autor gefällt es.

(Foto: Holger Preiss)

Für den Moment konzentriert sich aber alles auf den GLC, der ebenfalls ab September bei den Händlern stehen wird und den ausgesprochen erfolgreichen GLK ablöst. Ganze 650.000 Exemplare wurden vom Midsize-Kraxler bis heute verkauft. Und es wären wahrscheinlich sogar mehr geworden, wenn nicht die Produktionskapazitäten ausgeschöpft gewesen wären. Aber das ist Schnee von gestern. Will doch der GLC ohnehin alles besser machen als sein Vorgänger.

Da ist die neue Optik: weg von den Kanten hin zu dem von Chefdesigner Gorden Wagner präferierten sportlichen Look mit weichen Rundungen und ein cw-Wert von 0,31. Das beweist, dass sich die Strichführung auch der Aerodynamik verpflichtete hat. Hinzu kommen ein Zuwachs an Raum, neue Motoren, ein bunter Strauß an Assistenzsystemen und die erstmals in einem SUV erhältliche Mehrkammer-Luftfederung mit kontinuierlicher Verstelldämpfung.

Mehr Platz, weniger Krach

Hochwertiger Innenraum mit scheinbar schwebender Architektur.

Hochwertiger Innenraum mit scheinbar schwebender Architektur.

Doch gucken wir zuerst in den Innenraum des GLC. Die Architektur ist bekannt, stammt aus der C-Klasse und passt hervorragend in den neuen Gegner des Audi Q5. Das Cockpit scheint zu schweben, wobei die kühn geformte Mittelkonsole und der frei stehende Bildschirm diesen Eindruck unterstützen. Dazu gibt es eine perfekte Verarbeitung in allen Details. Aber nicht nur, dass das Interieur hier frischer wirkt als beim GLK, auch die viel bemängelten Tücken des Vorgängers wurden konsequent ausgemerzt. So gibt es nunmehr in allen vier Türen Aufnahmeflächen für Flaschen von bis zu einem Liter Fassungsvermögen. Der neue Schwung der Armauflage verhindert, dass der Pilot sich, wie noch im GLK, bei Rangiermanövern den linken Ellbogen stößt und auch die fast ärmlichen 450 Liter Kofferraumvolumen sind auf 550 Liter gewachsen.

Wird die Rückenlehne, die sich jetzt im Verhältnis 40/20/40 klappen lässt, komplett umgelegt, sind es mit 1600 Liter immer noch 50 Liter mehr als beim Vorgänger. Hinzu kommt, dass die Heckklappe durch einen kühnen Schwung des Fußes unter dem Stoßfänger jetzt elektrisch öffnet. Auch für den Fond gibt es mehr Platz zu vermelden. Dank des um zwölf Zentimeter gewachsenen Radstands, haben die Passagiere in der zweiten Reihe fast sechs Zentimeter mehr Kniefreiheit. Damit ist auch die Fußeinstiegsfreiheit in den Fond größer geworden. Vorbei sind die Zeiten, in denen man sich schlangengleich auf die Rückbank winden musste.

Die Ladekante im GLC ist niedriger als im GLK und das Ladevolumen auf bis zu 1600 Liter gestiegen.

Die Ladekante im GLC ist niedriger als im GLK und das Ladevolumen auf bis zu 1600 Liter gestiegen.

Auch die Frage "Was hast Du gesagt?" sollte im GLC nicht mehr allzu häufig gestellt werden. Denn im GLK wurde ordentlich nachgebessert. Da Windgeräusche ab einer Geschwindigkeit von 120 km/h eine dominierende Größe sind, haben sich die Ingenieure vor allem mit der Umströmung des Fahrzeugkörpers auseinandergesetzt und die Dichtung an Fenstern, Türen und der Rohkarosserie nachhaltig verbessert. Insgesamt entspricht der sogenannte Windgeräuschindex jetzt dem Wert der E-Klasse, was einen deutlichen Mehrwert zum GLK darstellt.

Drei Triebwerke zum Start

Natürlich wurde das Augenmerk auch auf Motor- und Rollgeräusche gelegt. Letztlich führt das dazu, dass die beiden Dieseltriebwerke, die an die neue 9-Gang-Wandlerautomatik gekoppelt sind, im Innenraum beim besten Willen nicht mehr als Selbstzünder zu erkennen sind. Weder der 220 d mit 170 PS, noch der 250 d mit 204 PS machen tonal den Dicken. Leistungstechnisch schon! Fegt doch der große Diesel in 7,6 Sekunden an der 100-km/h-Marke vorbei, während der kleinere es immer noch in 8,3 Sekunden schafft. Klar, mit 500 Newtonmetern Drehmoment geht der 250 d deutlich druckvoller zu Werk, aber für die Sparfüchse sollte mit einer Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h der 220 d voll und ganz reichen. Zumal hier 6,9 Liter, gemessen bei einem ersten Ausritt, 7,8 Liter verbranntem Diesel entgegenstehen.

Reichlich Platz gibt es jetzt auch in der zweiten Reihe.

Reichlich Platz gibt es jetzt auch in der zweiten Reihe.

Deutlich durstiger zeigte sich der 2-Liter-Vierzylinder mit Turboaufladung und 211 PS. Der Benziner beschleunigt aus dem Stand in 7,3 Sekunden auf Landstraßentempo, fährt 223 km/h in der Spitze, saugt aber bei flotter Fahrt ordentliche 10,6 Liter über 100 Kilometer aus dem Tank. Dafür stellt er aber bei kurvenreicher Fahrt noch etwas anderes unter Beweis. Mit knapp 1,8 Tonnen ist der GLC kein Leichtgewicht, obwohl er gemessen an seinen Ahnen deutlich abgespeckt hat. Dennoch überrascht das SUV mit einer erstaunlichen Agilität und bestem Abrollverhalten. Und das nicht erst, wenn für 2261 Euro zusätzlich die Luftfederung geordert wird, die es bis jetzt einzig bei Mercedes in diesem Segment gibt. Über fünf Fahrstufen kann von Eco, über Comfort und Sport, bis Sport + und Individuell gewählt werden. Die Namen sind in jedem Fall Programm.

Sportler und Offroader

Wer nicht mehr sanft dahingleiten möchte, sondern es richtig krachen lässt, der muss sich schon ziemlich "dämlich" anstellen, um den Stuttgarter aus der Ruhe zu bringen. Sollte die Kurvenhatz tatsächlich zu arg werden, greifen selbst im Sport-Plus-Modus die elektronischen Helfer so hart ein, dass es schier unmöglich ist, den GLC aus der Bahn zu werfen. Auf die Frage, ob dieser Regeleingriff nicht etwas früh kommt, verweisen die Verantwortlichen von Mercedes auf die Philosophie der Sicherheit, der man folge und nach der unnötige Risiken einfach ausgeschlossen werden. Zur Serienausstattung gehören der Kollisionswarner, Seitenwindassistent, Fahrlichtassistent und der Müdigkeitswarner. Optional kann der GLC mit der Distronic Plus mit Lenk-Assistent und Stop-and-Go-Pilot ausgestattet werden. Für 2100 Euro zusätzlich folgt der Wagen im stockenden Verkehr dann den vorausfahrenden Fahrzeugen.

Der GLC kann auch Offroad und zwar richtig.

Der GLC kann auch Offroad und zwar richtig.

Aber nicht nur die Möglichkeit zum behänden Kurvenlauf und teilautonomen Fahren ist dem GLC mit permanentem Allradantrieb gegeben. Seinem Charakter entsprechend kann man ihn auch durch schweres Geläuf jagen. Natürlich wird das kein Mensch tun, wenn er mindestens 44.500 Euro bezahlt hat. Wenn er aber weitere 590 Euro für das Offroad-Paket draufpackt, dann könnte er es. Das Fahrniveau lässt sich jetzt nämlich über die Luftfederung um 5 Zentimeter auf 22,7 Zentimeter anheben, was einen Klassenrekord darstellt. Im Zusammenwirken mit einer besonders weichen Grundabstimmung können die Räder so länger den Bodenkontakt halten und das Durchsetzungsvermögen im Gelände erheblich steigern. Insofern sind auch Verschränkungsfahrten kein Problem für den GLC.

Zu den Offroad-Fahrprogrammen gehört auch das "Freischaukeln". Hier wird die Bodenfreiheit um 5 Zentimeter erhöht und die Antriebsschlupf-Regelschwelle zum Freiwühlen der Räder bis zu einer Geschwindigkeit von 20 km/h aktiviert. Eine Option, die sich mit Sicherheit in der nächsten Schneewehe bezahlt macht. Ebenfalls enthalten sind Fahrprogramme für Glätte, mit Anhängelast und für Steigungen. Apropos Anhängelast. Der GLK zieht mit den oben erwähnten Dieselaggregaten 2,5 Tonnen und mit dem Benziner immer noch 2,4 Tonnen weg. Zum Offroad-Technik-Paket gehört übrigens auch ein stabiler Unterfahrschutz, der heftige Grundberührungen puffern soll. Für kontrollierte Bergabfahrten gibt es außerdem die Downhill Speed Regulation DSR. Mittels Tempomat-Hebel kann der Fahrer eine Geschwindigkeit vorwählen, die der GLC dann auf Gefällstrecken ohne Betätigung des Bremspedals automatisch einhält.

Hybrid und AMG kommt noch

Während sich die Kundschaft für den Moment mit zwei Dieselaggregaten und einem Benziner begnügen muss, wird die Artenvielfalt des Mittelklasse-SUV im kommenden Jahr ihren Höhepunkt erreichen. Dann gesellt sich der GLC 350 e zur Modellpalette, ein Plug-In-Hybrid mit 320 PS Systemleistung, der dank der elektrischen Reichweite von bis zu 34 Kilometern auf einen Normverbrauch von 2,6 Liter Treibstoff auf 100 Kilometer kommen soll. In weniger als 6 Sekunden soll dieser GLC dank der Kraft zweier Herzen von 0 auf 100 km/h beschleunigen. 2016 sollen außerdem die AMG-Versionen mit Sechszylindermotoren folgen. Spätestens ab 2017 wird es dann aber auch eine Variante mit reinem Heckantrieb geben.

Aber egal wie der GLC vorfährt, er zeugt sich als erstaunlich wandelbares Fahrzeug. Zum einen kann man mit ihm sportlich ums Eck gehen, zum anderen Bergwanderungen machen, die ihn tatsächlich als Offroader ausweisen. Preislich bewegt sich der Stuttgarter seiner Herkunft entsprechend am oberen Ende der Fahnenstange. Das Einstiegsmodell ist rund 2000 Euro teurer als ein äquivalenter Audi Q5 ein BMW X3 mit Allradantrieb. Allerdings hat der Schwabe in der Grundausstattung einiges zu bieten, was man bei der Konkurrenz im Augenblick vergeblich sucht.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen