Ministerium will sensibilisieren Milchmädchenrechnung auf gelben Zetteln?
07.10.2021, 17:34 Uhr
Ein Energiekostenvergleich in Form eines gelben Zettels des Ministeriums für Wirtschaft und Energie soll die Kundschaft an Tankstellen für alternative Antriebe sensibilisieren.
(Foto: dpa)
Mit einem gelben Informationsblatt will das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie alle drei Monate an Tankstellen über die Kosten der einzelnen Antriebsarten informieren und die Kunden so für alternative Antriebe sensibilisieren. Aber ist diese Auflistung seriös oder schlicht eine Milchmädchenrechnung?
Ein Spritkostenvergleich den das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erstellt hat, soll künftig an Tankstellen die Kundschaft für alternative Antriebe sensibilisieren. Der gelbe Zettel listet auf, wie viel Geld der Fahrer eines Benziners, Diesel, E-Auto, Brennstoffzellen- oder Gasfahrzeugs über 100 Kilometer in die jeweilige Antriebsart investieren muss. Die Daten, so das Ministerium, sollen alle drei Monate aktualisiert werden.

Auf der ersten Ausgabe des Energievergleichs des Ministeriums für Wirtschaft und Energie haben Elektroautos klar die besten Werte.
(Foto: BMWi)
In der ersten Ausgabe des Informationsblatts für den September schneidet das E-Auto in den aufgeführten Fahrzeugklassen des Rankings am besten ab. Lediglich 4,74 Euro beziehungsweise 4,84 Euro weist das gelbe Ministeriumspapier hier als Preis über 100 Kilometer aus. Am teuersten ist Super E5 mit 9,26 Euro beziehungsweise 11,42 Euro für größere Fahrzeuge. Grundlage der Berechnung bildet der Durchschnittsverbrauch der drei meistverkauften Pkw je Fahrzeugkategorie. Das heißt, die Energiekosten werden aus den durchschnittlichen Liter- beziehungsweise kWh-Preisen des Vorquartals gebildet. Wie hoch diese waren, weist der Zettel allerdings nicht aus.
Kritik an der Berechnung des Ministeriums
Gerade dieser Punkt sorgt für Kritik, ändern sich die Preise doch innerhalb kurzer Zeit vor allem bei Flüssigkraftstoffen rasant. Diesel etwa ist in den vergangenen drei Monaten durchschnittlich um neun Cent pro Liter teurer geworden, während der Benzin-Preis um durchschnittlich acht Cent in die Höhe ging. Da die Preise für Energie sich schneller ändern als der Kostenvergleich aktualisiert wird, stimmen dessen Angaben zu fast keinem Zeitpunkt.

Die Stromkosten an öffentlichen Ladestationen sind deutlich teurer als die an der heimischen Steckdose.
(Foto: dpa)
Ein weiteres Problem ist, dass für das Aufladen der Batterie eines E-Autos die Kosten an der hauseigenen Steckdose zugrunde gelegt werden. Und die liegen dort pro Kilowattstunde meist 10 bis 50 Cent unter den Preisen an öffentlichen Ladestationen. Wer also keine Möglichkeit hat, auf dem privaten Grundstück zu laden, wird sich in der Preisvergleichs-Tabelle nicht wiederfinden. Ebenfalls nicht berücksichtigt sind die Kosten für Wartung, Versicherung, Wertverlust und Steuern der jeweiligen Fahrzeugart. Allerdings würden E-Autos hier tatsächlich aufgrund der geringeren Wartungskosten deutlich besser abschneiden als Fahrzeuge mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren.
Bundesministerium sieht kein Problem
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sieht nach der Kritik bei seiner pauschalierten Berechnung kein Problem. Denn, so das Ministerium, "der Kostenvergleich soll vor allem für Vergleichbarkeit sorgen und für alternative Antriebe und Energieträger für Personenkraftwagen sensibilisieren". Denn gerade dieser Vergleich war aufgrund der unterschiedlichen Einheiten – Liter, Kilogramm, Kilowattstunden und Kubikmeter – bisher schwierig.

Die Menschen wissen zu wenig über alternative Antriebe, sagt das Ministerium für Wirtschaft und Energie.
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Vorausgegangen waren der Ministeriumsentscheidung verschiedene Verbraucherumfragen sowie ein Pilotprojekt an 15 Tankstellen. Diese hätten laut Ministerium gezeigt, "dass große Informationsdefizite bei den Verbrauchern zu alternativen Antrieben und Kraftstoffen bestünden". Beispielsweise stuften mehr als 80 Prozent der Befragten ihr Wissen zu alternativen Kraftstoffen und 50 Prozent ihr Wissen zu batterieelektrischen Antrieben als nicht ausreichend ein, 55 Prozent gaben an, dass zusätzliche Informationen zu den Kraftstoffkosten die nächste Fahrzeugwahl beeinflussen würden.
Gelber Zettel lediglich an 1500 Tankstellen
Verpflichtend sind die Angaben ab sofort an allen Tankstellen mit mehr als sechs Mehrfachzapfsäulen. Diese großen Betriebe machen mit knapp 1500 Standorten aber lediglich einen kleinen Teil der insgesamt 14.500 Tankstellen aus, die es in Deutschland gibt. Kleineren Betrieben steht es frei, die gelben Zettel aufzuhängen oder die Angaben auf einem Bildschirm zu präsentieren, denn auch das ist erlaubt. In der Vorgabe des Ministeriums heißt es nur, dass die Tabelle gut sichtbar sein muss, entweder an einer prominenten Stelle in Kassennähe oder an mindestens der Hälfte der Zapfsäulen.
Egal ob Display oder Papier, die Angaben sind identisch. Sieben Zeilen führen die einzelnen Kraftstoffe auf, angefangen bei Super E5, Super E10 und Diesel. Danach folgen Strom, Erdgas, Autogas sowie Wasserstoff. In zwei Spalten stehen daneben die Energiekosten, jeweils für einen durchschnittlichen Pkw der Kleinwagen- oder Kompaktklasse sowie für Fahrzeuge der Mittel- und Oberklasse. Ob der gelbe Zettel am Ende die Kunden tatsächlich dazu bewegt die Antriebsart zu wechseln oder ob es doch die immer weiter steigenden Preise für Flüssigkraftstoffe sind, wird sich zeigen.
Quelle: ntv.de, hpr