Auto

Internetriese auf Brautschau Vollautonom kann selbst Google nicht fahren

Auf dem Parkdeck der Google-Zentrale in Kalifornien wich das Google-Car geschickt einem Radfahrer aus.

Auf dem Parkdeck der Google-Zentrale in Kalifornien wich das Google-Car geschickt einem Radfahrer aus.

(Foto: REUTERS)

Viel wurde über das Google-Car berichtet und darüber, dass der Schritt zum autonomen Fahren ganz nah ist. Jetzt rudert der Internetgigant zurück. Die Idee, ein eigenes Auto zu bauen, bleibt. Aber ganz allein geht auch das nicht.

Vor wenigen Tagen präsentierte Google erstmals einen Prototypen seines selbstfahrenden Autos vor Journalisten. Ort des Geschehens war das Parkdeck der Forschungszentrale im kalifornischen Mountain View, berichtet die US-Zeitung "USA Today". Ein eher bescheidener Auftritt für den Internetgiganten. Der Zweisitzer, der aussieht, als hätten ihn die Grafiker der Pixar Animation Studios gezeichnet, kreiste fünf Minuten, schnurrend wie ein Kühlschrank, um die unterschiedlichsten Hindernisse. Dabei wich die Knutschkugel elegant anderen Autos, Fußgängern und einem Radfahrer aus.

Mehr als eine Präsentation

Google-Mitbegründer Sergey Brin sucht Partner für das Projekt "Google Car".

Google-Mitbegründer Sergey Brin sucht Partner für das Projekt "Google Car".

(Foto: REUTERS)

Allerdings war die Veranstaltung nicht nur eine Präsentation funktionierender Technologien, sondern auch eine Art Verkaufsveranstaltung. Bekräftigt wurde das durch die Aussage von Google-Mitbegründer Sergey Brin: "Wir sind darauf konzentriert mit anderen Partnern zusammenzuarbeiten." Und damit meint Brin etablierte Autohersteller, die ebenfalls daran interessiert sind selbstfahrende Autos auf den Markt zu bringen. Allerdings geht es Google weniger darum selbstfahrende Autos als Einzelstücke an Privatpersonen zu verkaufen, sondern vielmehr darum, sie in Carsharing-Dienste einzubinden.

Dabei verabschiedete sich Google vorerst auch von der Idee, dass seine selbstfahrenden Autos weder Lenkrad noch Bremspedal haben sollen. Und so räumte Chris Urmson, der Chef der selbstfahrenden Autos, ein, dass 94 Prozent aller Unfälle menschliche Fehler sind. Fehler, die im Augenblick auch ein noch so gutes Computerprogramm nicht berechnen kann. Ein Problem, dass auch etablierte Hersteller bei ihren autonom fahrenden Autos bis dato haben.

Das können andere auch

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(Foto: REUTERS)

Seit 20 Jahren forscht Mercedes - sozusagen Seite an Seite mit Google - im Silicon Valley an autonom fahrenden Autos. Den Beweis, dass autonomes Fahren möglich ist, stellten die Stuttgarter mit ihrer "Bertha-Benz-Fahrt" im August 2013 pressewirksam unter Beweis. Über 100 Kilometer schnurrte der S 500 von Mannheim nach Pforzheim. Auch Audi führte im A7 in Kalifornien und auf der bayerischen A9 vor, dass das Fahren ohne menschliches Zutun möglich ist. Allerdings funktioniert das eben nur so lange, wie die dem Computer vorgegebenen Parameter und die dazugehörigen Befehle übereinstimmen.

Auch bei Google gab es nach 1,2 Millionen abgespulten Meilen auf öffentlichen Straßen in Kalifornien ein Problem bei Testfahrten in Austin Texas. Die Ampeln im Sonnenstaat sind vertikal aufgestellt, während sie den Verkehr in Texas in horizontaler Anordnung leiten. Eine enorme Menge an Daten ist notwendig, um dem Programm diese zwei Möglichkeiten aufzuzeigen. Ähnliche Probleme gibt es beispielsweise bei veränderten Straßenführungen durch Baustellen. Die Abweichung von den bis auf den Meter genauen Kartendaten müssen blitzschnell in die Routenberechnung und die Reaktion des Fahrzeuges einbezogen werden. Ein Prozess, der so komplex ist wie das menschliche Denken und Handeln. Bis heute ist noch keine Maschine dazu in der Lage. Auch nicht, wenn sie von einem Internetriesen wie Google kommt.

Fahrspaß soll bleiben

Das autonome Fahren ist komplex wie das menschliche Denken und Handeln.

Das autonome Fahren ist komplex wie das menschliche Denken und Handeln.

(Foto: REUTERS)

Auch das ein Grund, warum sich Google auf die Suche nach Partnern begibt, die zum einen das Knowhow haben Autos zu bauen, aber auch in der Lage sind die bisherigen Forschungen mit Blick auf das autonome Fahren zu beflügeln. Nicht aber ohne zu betonen, dass man die Auto-Enthusiasten, die um den Verlust ihrer selbstbestimmten Fahrfreude fürchten, mit autonom fahrenden Autos nicht verprellen möchte. "Ich denke, wir brauchen eine Symbiose aus beiden Welten und ich bin sicher, dass es eine Zukunft für beide gibt", so Brin.  Und er fügt hinzu: "Ich glaube nicht, dass man in naher Zukunft Autos ohne einen menschlichen Fahrer sehen wird."

Damit zieht sich der Internetriese  genau auf die Position zurück, auf der sich die etablierten Autobauer bereits befinden: Fahre selber, solange du Spaß daran hast, aber in stressigen Situationen, wie zum Beispiel im Stau, lass fahren. Das ist ein Punkt, an dem kein Hersteller mehr Google braucht. Längst fahren Autos mithilfe von Sensoren und Frontkameras allein. Bremsen, Anfahren, Schalten, Beschleunigen und wieder Bremsen. All das ist keine Magie mehr, sondern gehört bei modernen Autos inzwischen selbst in den unteren Segmenten zum optionalen Standard. Hinzu kommt, dass auch das wirklich gute und viel gelobte Kartensystem, das in Form von Google Maps für jeden verfügbar ist, mit dem Kauf von Nokia Here für die deutschen Autobauer nicht mehr die Tragweite hat. Jedenfalls nicht, was die Zukunft des autonomen Fahrens betrifft.

Google ist nicht wegzudenken

Dennoch, trennen kann man die Autoindustrie von Google nicht mehr. In den Konsolen vieler Hersteller steckt der Internetgigant schon längst drin, denn der Käufer möchte das so. Schließlich ist sein täglicher Umgang mit dem Smartphone genau darauf ausgerichtet. Insofern scheint das Interesse des Internetgiganten wohl eher darauf ausgerichtet zu sein, ein echtes Auto zu bekommen, dem man dann die Funktionen des autonomen Fahrens einhauchen kann. Um diesen Prozess voranzutreiben, hat man auch einen echten Auto-Mann zum CEO des Projektes gemacht. Dem Ganzen steht jetzt der ehemalige Nordamerika-Chef von Hyundai, John Krafcik, vor.

An ihm ist es, einen Hersteller zu finden, der gemeinsam mit dem Internetriesen das Google-Car baut. Zumal auch Apple vor wenigen Tagen angekündigt hat, ins Geschäft mit den Autos einsteigen zu wollen. So wie Konkurrent Google will die Marke mit dem Apfel in vier Jahren ihr eigenes Auto in Serie auf den Markt bringen. Der Begriff des Smartphones auf Rädern bekommt angesichts dieser Konstellationen wieder eine ganz neue Bedeutung.

Quelle: ntv.de

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