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Der stärkste Wikinger Volvo V60 Polestar - alter Schwedenhammer

Äußerlich kaum verändert, präsentiert sich der Volvo V60 Polestar mit einem Hammertriebwerk unter der Haube.

Äußerlich kaum verändert, präsentiert sich der Volvo V60 Polestar mit einem Hammertriebwerk unter der Haube.

(Foto: Holger Preiss)

Mercedes hat AMG, BMW lässt seine sportlichsten Derivate bei der M GmbH aufbrezeln. Und Volvo? Die Schweden haben seit letztem Jahr Polestar. Die Zusammenarbeit dauert aber bereits 20 Jahre und so gibt's zum Geburtstag einen echten Schwedenhammer.

Dachspoiler und Klappenauspuff sind für den Volvo V60 Polestar ein Muss.

Dachspoiler und Klappenauspuff sind für den Volvo V60 Polestar ein Muss.

(Foto: Holger Preiss)

Zum 20. Geburtstag einen Bolzer mit 367 PS geschenkt zu bekommen, das muss schon ein Kracher sein. In diesem Fall handelt es sich nicht um den Sohn eines Superstars, sondern um Volvo. Die Schweden haben sich nämlich anlässlich der seit 1996 erfolgreichen Zusammenarbeit mit Polestar einen V60 derart aufbrezeln lassen, dass die Schwarte kracht.

Äußerlich sind die mehr als 50 Änderungen allerdings kaum wahrnehmbar. Auch wenn der Fahrer den Schweden-Boliden besteigt, fühlt er sich dezent in das Jahr 2012 zurückkatapultiert. In der Mittelkonsole macht sich die Knopfwut breit. Das Multimediadisplay wirkt echt klein, kann zwar getätschelt werden, hat aber keinen Touchscreen. Auch die Bedienelemente im Lenkrad und das Dashboard sind im besten Fall vertraut, aber nicht zeitgemäß.

Der Innenraum des Volvo V60 Polestar ist in die Jahre gekommen.

Der Innenraum des Volvo V60 Polestar ist in die Jahre gekommen.

(Foto: Holger Preiss)

Doch sei's drum. Die eigentliche Überraschung kommt, wenn der unscheinbare Startknopf gedrückt wird. Ein rauer Ton böllert aus den fetten Endrohren und überträgt sich unaufdringlich, aber durchaus potent in den Innenraum. Für den Moment könnte der Pilot geneigt sein, zu glauben, die schon erwähnten 367 Pferdchen werden von einem V6 generiert. Doch weit gefehlt. Das Kraftwerk unter der Haube ist - wie bei den Schweden mittlerweile üblich - ein Vierzylinder, der seine Power aus zwei Litern Hubraum schöpft und von einem Turbo und einem Kompressor unterstützt wird.

Fahrspaß bis in den Grenzbereich

Um den Sportfreund so richtig die Sporen zu geben, sollte der Ganghebel bis Anschlag nach hinten gezogen und dann nach links gekippt werden. Jetzt ist der Sportmodus für Motor und Getriebe aktiviert. Über die Matrix kann auch die Instrumententafel rot hinterleuchtet werden. Wer jetzt den Fuß von der Bremse nimmt und beherzt aufs Gaspedal tritt, wird allerdings sein blaues Wunder erleben. Über die "Launch Control" wird ein Blitzstart möglich, der untermalt vom heiseren Husten aus dem Klappenauspuff und der ansatzlos schaltenden Achtgang-Automatik den Polestar aus dem Startblock katapultiert. Das macht sich besonders gut, weil die Traktionskontrolle ein Durchdrehen der mit 470 Newtonmeter befeuerten Räder verhindert, wenn die 1,8 Tonnen Lebendgewicht angeschoben werden.

Das Herz des Volvo V60 Polestar ist eine Freude für jeden Sportfreund. Hier verteilen sich fast 100 PS pro Zylinder.

Das Herz des Volvo V60 Polestar ist eine Freude für jeden Sportfreund. Hier verteilen sich fast 100 PS pro Zylinder.

In 4,8 Sekunden schießt der Schwede jetzt an der 100 km/h-Marke vorbei, in 17,4 Sekunden ist Tempo 200 erreicht. Wie üblich endet der Geschwindigkeitsrausch, elektronisch eingebremst, bei 250 km/h. Aber die Beschleunigungsorgie beeindruckt nur bedingt beim Polestar. Schnell und schneller können nämlich viele. Aber von denen können nur wenige so brutal durch die Kurven gekickt werden wie der Volvo. Grund ist die im Sport-Modus versteckte "Curve hold"-Funktion. Sie sorgt dafür, dass der Gang in den Kurven gehalten wird, was wiederum ein maximales Herausbeschleunigen möglich macht. Hinzu kommt, dass das elektronisch gesteuerte Allradsystem von BorgWarner mehr Kraft an die Hinterräder schickt. Wer es fahrtechnisch am Ende wissen will, kann beim Volvo V60 Polestar sogar das ESC komplett ausschalten. Das ist dann allerdings - bei fast 100 PS pro Zylinder - Fahrspaß im absoluten Grenzbereich.

Nicht im Grenzbereich, aber Geschmackssache ist die adaptive und in drei Stufen verstellbare Lenkkraftunterstützung. Die wirkt trotz dieser Optionen immer einen Tick zu straff, ja fast etwas schwergängig. Ob der Fahrspaß hingegen vom Verbrauch gestoppt wird, darf bezweifelt werden. Beim flotten Auslauf auf den kurvenreichen Straßen des Taunus und einigen schnellen Autobahnpassagen standen am Ende 11,3 Liter auf der Uhr. Volvo verspricht für den potenten Pumper einen Drittelmix von 8,1 Litern. Diesem Wert mag man sich im Eco-Mode annähern; um ihn zu erreichen, muss der Fahrer allerdings sehr diszipliniert sein. Aber sorry, wer will sich in einem solchen Auto vom Verbrauch den Spaß verderben lassen?

Nicht aus der Schnäppchenabteilung

Die Sportsitze des Volvo V60 Polestar verdienen den Namen in besten Sinne.

Die Sportsitze des Volvo V60 Polestar verdienen den Namen in besten Sinne.

(Foto: Holger Preiss)

Das Grinsen könnte einem ein anderer Umstand aus dem Gesicht treiben. Zum einen der, dass es deutschlandweit lediglich 150 Polestar-Modelle geben wird. Zum anderen, dass der Schwedenhammer mit einem Preis von 69.600 Euro nicht wirklich unter die Kategorie Schnäppchen eingeordnet werden kann. Für das Geld gibt es aber eine wirklich umfängliche Ausstattungsliste, die gleich auch den Umstand, dass der 60er ein Auslaufmodell ist, für die nächsten Jahre vergessen lässt.

Vor allem die Sicherheits-Features sind vorbildlich. Dazu gehören unter anderem der Notbremsassistent mit Fußgänger- und Radfahrer-Erkennung, der Stauassistent mit Stop and Go, Geschwindigkeits- und Abstandsregelsystem, Totwinkelwarner und der Cross Traffic Alert zur Überwachung des rückwärtigen Querverkehrs. Natürlich gibt es auch eine Soundanlage von Harman Kardon und eine 3D-Navigation mit Sprachsteuerung.

Letztlich ist der V60 Polestar auf jeden Fall mehr als ein in die Jahre gekommener Pumper. Vielmehr ist er auch immer noch ein echter Designerkombi, dessen Laderaum immerhin 1,75 Meter lang ist und zwischen 430 und 1241 Liter Gepäck fasst. In Kombination mit seiner dynamischen Seite macht ihn das zum Familienfreund und Sportkumpel. Hinzu kommt, dass der V60 Polestar bis auf Weiteres der stärkste seiner Art sein wird. Mindestens so lange, bis auch diese Modellreihe auf die modulare Plattform gesetzt worden ist.

Quelle: ntv.de

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