
Das Sprachwirrwarr ist perfekt.
(Foto: imago/Panthermedia)
Brauchen wir englische Wörter in unserer Sprache oder nicht? Darüber wird viel diskutiert, nicht erst seit wir "cool" und "sorry" sagen oder "News" und "Television" haben. Der "Anglizismus des Jahres" sorgt regelmäßig für neuen Diskussionsstoff.
Die Kids sind fresh, die Fakes sind deep und alles andere ist ab sofort for future - denn das ist der neueste sogenannte "Anglizismus des Jahres". Doch wollen wir überhaupt so sprechen? Während sich unsere Sprache rasant entwickelt, haben viele Menschen Schwierigkeiten, zu folgen. Oder sie haben ganz einfach keine Lust! So wie einst Walter Ulbricht, der sich legendär über das "Yeah Yeah Yeah aus dem Westen" aufgeregt hat.
Jedes Jahr poppen neue englische Begriffe hoch und sie hängen dann über unserem Sprachraum wie die Townhall Meetings der CDU. Erst viele Jahre später, wenn sie vielleicht uncool oder "out" sind (Achtung! Auf Englisch: "out of date" oder man bedient sich im Französischen mit "passé"), verschwinden sie wieder - und werden im Zweifel durch neue ersetzt. Wer sagt heute noch "Ich bin groggy"? Stattdessen sind wir "whacked".
Vielleicht waren es die Bahlsen Cakes, mit denen die Entwicklung ihren Anfang nahm. Im 19. Jahrhundert wurden sie in Hannover erfunden und 1911 vom Duden offiziell als "Keks" aufgenommen. Dadurch entstanden übrigens auch "Kekse", eine Art Supermehrzahl - und damit ein deutsch-englisches Kauderwelsch der Extraklasse!
Deutsch made in Germany
Doch zurück zur Frage: Brauchen wir überhaupt das Englische im Deutschen? Deutsch made in Germany hat große Vor- und Nachteile. Anders gesagt: Es ist so hilfreich und originell wie irreführend und lächerlich. Englische Lehnwörter und Anglizismen (also ganze Formulierungen) haben in der deutschen Sprache ihre Berechtigung, aber sie "machen nicht immer Sinn".
Wenn ich nur an flotte Floskeln wie not rocket science oder learnings denke. Ich spreche lieber von "keiner Hexerei" und von "Lehren". Doch was ist mit "Managern" oder mit "Computern"? Klar, kann man "Kaufmann/-frau" oder "Rechner" sagen. Zugleich zeigen gerade diese zwei alltäglichen Beispiele, dass englische Wörter nicht generell als überflüssig verurteilt und stets als Zeichen einer "Verrohung unserer Sprache" gedeutet werden dürfen. Vielmehr können sie unseren Ausdruck bereichern. Und sie bieten eine Form der Differenzierung, die weniger akademisch ist als lateinische und griechische Ausdrücke, mit denen sich die gehobenen Vorfahren geholfen und noch viel mehr geschmückt haben.
Dass im Deutschen relativ viele Anglizismen benutzt werden, hat auch damit zu tun, dass wir uns nach dem Zweiten Weltkrieg stark an der anglo-amerikanischen Kultur orientiert haben - nicht nur im Westen, aber dort vor allem. Hinzu kam die Bedeutung des Handels und der endgültige Aufstieg der Marke Made in Germany - so dass ausgerechnet der Markenkern der Bundesrepublik ein englischsprachiger wurde!
Oldtimer oder Vintage car?
Da die Nachkriegsgenerationen die englische Sprache noch nicht sicher beherrschten, blieb auch viel Raum, sich Wörter auszudenken und vermeintlich für Englisch zu halten. So entstanden die sogenannten Scheinanglizismen wie "Talkmaster" und "Showmaster". Oder "Oldtimer" statt eines englischen "Vintage car". Und weil wir nicht nur Meister im Autobau sind, sondern auch gerne Wörter zusammenschrauben, fällt es uns leicht, immer neue Scheinanglizismen zu bilden: "Topfußballer", "Powerfrau" oder "Spitzenmanager" … Manchmal denken wir uns sogar neue englische Wörter aus, obwohl es schon welche gibt, die genauso praktisch sind. In deutschen Hotels gibt es Nähsets, Rasiersets oder Zahnpflegesets. Im Rest der Welt sind es Sewing Kits, Shaving Kits oder Dental Kits.
Keine Frage: Viele Menschen mögen es, sich hinter englischen Begriffen zu verstecken. Das ist verständlich, wenn etwa die Satirikerin Caroline Kebekus von ihrer "Fuckability" statt ihrer "Fickbarkeit" spricht. Es klingt weniger drastisch, obwohl sie damit absolut dasselbe sagt.
Andererseits gibt es viele sprachliche Momente, in denen ich schöne und klare deutsche Sprachbilder vorziehe. Selbst eine Formulierung wie "fly on the wall", die mir im Englischen sehr gefällt, wirkt für meinen Geschmack aufgesetzt in einem deutschen Satz. Schließlich haben wir das "Mäuschen", das wir spielen oder das "Schlüsselloch", durch das wir gucken können. Hier eine kleine Liste flotter englischer Ausdrücke und ihrer - wie ich finde - noch flotteren deutschen Bedeutung
- Eye candy - Augenweide
- No-brainer - Kinderspiel
- Silver bullet - Wunderwaffe
- One-hit wonder - Eintagsfliege
- Ageism - Altersdiskriminierung
- Buzzword - Modewort/Schlagwort
- Free rider - Trittbrettfahrer
- Freeloader - Schnorrer, Schmarotzer
- Perfect storm - Super-Gau (wobei es gar nicht nötig ist, den "größten anzunehmenden Unfall" zum "supergrößten" zu machen.)
Für andere englische Wörter hingegen gibt es gar keine deutsche Bedeutung mehr oder nur solche, die niemand ernsthaft sagen möchte. Hier ein paar Beispiele, die der "Verein Deutsche Sprache" allen Ernstes vorgeschlagen hat:
- Airbag - (Auf)prallkissen
- Clown - Spaßmacher
- Fairness, fair - Gerechtigkeit, gerecht
- Fan - Anhänger, Bewunderer, Verehrer, Schlachtenbummler
- Laptop - Klapprechner, Schoßaufsatz
- Manager - Verwalter, Leiter, Besorger, Macher, Schaffer, Bewältiger
- Puzzle - Zusammensetzspiel
- Teaser - Lockangebot, Anreißer, Scharfmacher
Sagen Sie, was Sie wollen! Mein Sprachgefühl sagt mir, dass wir mit diesen sprachlichen Krücken nicht weiterkommen. Deutsch ist deshalb aus gutem Grund ein Mix - und Deutsch for future sollte es bleiben.
Quelle: ntv.de