
Die Autorin war sowohl in Ross, Chandler und Joey als auch in Rachel, Monica und Phoebe verknallt. Aber um die geht's hier gar nicht.
(Foto: imago images/Everett Collection)
"Friends" war damals, als sie zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, meine Lieblingsserie. Seit Jahren nun habe ich das Gefühl, dass ich meine eigene Serie lebe. Vor allem jetzt, in den Ferien. Es sind Freunde dabei, die ich seit Ewigkeiten kenne, und es sind neue "Friends" dabei. Eine Liebeserklärung.
Sind neue Freunde denn gleich Freunde, werden einige Bedenkenträger fragen. Kann man die nicht erstmal unter "Bekannte" abspeichern? Das kann in meinen Augen jeder halten wie ein Dachdecker, ich sag' "Freunde". Ist kürzer. Klingt netter. Könnte ja auch was werden. Wenn es nichts wird, dann eben nicht.
Ich hab' Ferien. Endlich Zeit, sich mal ein paar Gedanken abseits des Üblichen zu machen. Sprich: Über angenehme Dinge nachzudenken. Zum Beispiel über Freunde. Die Menschen, die uns am nächsten sind, weil wir sie uns ausgesucht haben. Nicht, weil sie uns nahe sein müssen, sollten, sind - wie Familie, die man sich nicht aussucht - nein, weil wir es so wollen. Man muss ja nicht gleich mit all seinen Freunden verreisen (kann man aber), denn Freunde erfüllen oft verschiedene Zwecke: Manche sind fürs Theater, manche zum Tanzen, manche zum Essen und Trinken, manche zum Erzählen, manche zum Zuhören. Einige sind für alles, mit denen kann man getrost mehr Zeit verbringen. Leider schaffe ich es nicht, mit all meinen Freunden zu verreisen, auf die diese Beschreibung zutrifft. Aber was nicht ist, kann ja noch werden!
Zitronenspaghetti vs. Steinpilzsoße
Mit Freunden kann man definitiv gute Zeiten haben. Aber auch schlechte. Wenn ich im Urlaub ankomme und sage: "Leute, ich bin ein Zombie, war'n bisschen viel in letzter Zeit", dann sorgen diese Freunde für mich. Sie lassen mich schlafen, kochen, fragen nach, lassen mich in Ruhe und dann hören sie zu. Fragen nochmal nach. Sind interessiert. Genauso umgekehrt. Wobei sich das mit dem Kochen bei mir nur auf "Spaghetti al limon" beschränkt, was immerhin von den VeganerInnen extrem goutiert wird. Die Steinpilzsoße, die meine Freundin und ich vor Jahren einmal fabrizierten, haben wir guten Gewissens in die Löcher auf der Straße vor dem Ferienhaus geschüttet. Die Straße ist immer noch tipptopp in Schuss.
Wenn man mit Freundinnen also seit 25 Jahren verreist, dann ist das was ganz Besonderes. Wir könnten unterschiedlicher nicht sein, aber wir ergänzen uns prima. Wir gehen uns auch mal auf den Keks, ich will hier kein Trallafitti-Bullerbü-Bild malen, das vollkommen unrealistisch ist. Mag durchaus sein, dass wir früher großzügiger, liberaler, geduldiger waren, vor 25 Jahren, als wir das erste Mal verreist sind. Wir kannten uns nur teilweise und wurden von unserer Orga-Freundin in Zweier-Zimmer gepackt. Ich mit der Frau, die mich später mit ihrem Ex-Freund verkuppelte und die dann später Patentante meines und seines Kindes wurde. So bleibt halt alles in der ausgesuchten Familie, und es ist gut.
Manche von den "Mädels" sehe ich öfter, andere weniger, wir wohnen nicht in einer Stadt. Wohnten wir aber (fast alle) mal. Wenn wir uns wiedersehen, schließen wir sofort dort an, wo wir aufgehört haben, und zwar tränenreich. Beim Wiedersehen sind es natürlich Freudentränen, beim Abschiednehmen das Geheule, wann wir uns denn nun bloß bald wiedersehen. Im Moment ist es easy, weil fast alle zwei bis drei Wochen (öfter, als manch andere in der Heimatstadt), einfach, weil es sich so ergibt. Und weil wir was zu feiern haben. Weil wir theoretisch immer noch so jung sind. Weil wir uns immer noch so sehen wie vor 25 Jahren, auch wenn wir alle wissen, was inzwischen passiert ist: Kinder, keine Kinder, Krankheiten, Eltern gestorben, Männer weg, keine Männer, Männer neu. Gute Zeiten, schlechte Zeiten eben (obwohl ich diese Serie nie gesehen habe).
Gossip, Girls!
Vielleicht ist es ein wenig Gossip, wenn wir über nicht anwesende Freundinnen sprechen, aber meist ist es so, dass wir uns Sorgen umeinander machen. Ich bin mir todsicher, dass in meiner Nichtanwesenheit auch über mich gesprochen wird: "Sabine war dieses Mal echt ein bisschen unentspannt, oder?", "Ach, findest du?". "Ihr neuer Typ ist echt 'n Netter, findet ihr nicht auch?" "Sie ist tatsächlich noch immer mit dem netten Typen zusammen, Wahnsinn, das gab's noch nie!" Ich weiß es, und es ist ok, Girls.
Alle unsere Kinder sind nun auch Freunde, sie sind größtenteils erwachsen, sie fahren noch immer mit uns in diesen Urlaub, und so wird es auch mit den Enkelkindern sein. Hoffentlich. Das wird noch ein bisschen dauern - nehmen wir an - und das ist fein, denn jetzt ist die Zeit, in der wir nochmal so sein dürfen wie früher. Wenn die Kinder groß sind, können Erwachsene nämlich machen, was sie wollen. Und deswegen bin ich auch eine Insel weitergezogen, auf die Insel der Erwachsenen und gleichzeitig ewig Kindlichen. Hier gehen wir in den angeblich besten Club der Welt, essen zu teure Pizza und fahren Boot ohne Schwimmweste. Und wenn das vorbei ist, dann sieht man seine Leute zu Hause wieder! Muss ich erwähnen, dass ich mein Leben sehr liebe?
Warum ich das aufschreibe? Manchmal sollte man Liebeserklärungen machen, und außerdem ist morgen, am Sonntag, 30. Juli, Internationaler Tag der Freundschaft. Freunde, macht was draus!
Quelle: ntv.de