Unterhaltung

Biobummel mit King Charles Als Herr Kaiser den König traf

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Der König hatte ein offenes Ohr - und Durst.

Der König hatte ein offenes Ohr - und Durst.

(Foto: Peter Littger)

Auf seiner Erkundungstour durch die deutsche Hauptstadt besucht das britische Königspaar den "Berlin Brandenburger Bauernmarkt" – statt einfach gegenüber ins KaDeWe zu gehen. Für einige Händler ist es am Ende sogar mehr als eine nette Begegnung.

"Exploring" bedeutet auf Englisch, neugierig, aber letztendlich ziellos durch Landschaften, Häuser oder Städte zu ziehen - vorausgesetzt, die Orte sind interessant und fremd genug. Am besten erscheinen sie einem sogar ein bisschen unheimlich. So wie eigentlich ganz Deutschland für eigentlich alle Briten.

Ist "hohen Besuch" gewohnt: Obstbauer Hübner.

Ist "hohen Besuch" gewohnt: Obstbauer Hübner.

(Foto: Peter Littger)

Wer nun ausgerechnet den Berliner Wittenbergplatz - mit seinen baulichen Kriegsnarben und Nachkriegssünden - für eine angemessene Station auf der Erkundungstour eines englischen Monarchen halten möchte, der hätte vor wenigen Jahren sicherlich noch das "Kaufhaus des Westens" gewählt. Und für die gemischten Interessen eines Paares wie Charles und Camilla wäre es möglicherweise wirklich die beste Wahl - weil zwischen Luxusmarken in der Damenbekleidung und lokalen Lieferanten in der Feinschmeckeretage für beide Geschmäcker etwas dabei wäre.

Den Wochenmarkt gegenüber des KaDeWe zu besuchen, wäre jedenfalls für Charles' Mutter Elizabeth ähnlich absurd gewesen wie die diversen Currywurstbuden auf dem Platz oder das "Chicago Steakhaus" - jener Ort, wo ein gewisser Alois Hitler, der Halbbruder von Adolf, in den 1930er Jahren ein gutbürgerliches Restaurant betrieb.

"Bio" ist auf Englisch "organic"

Im Fall des neuen englischen Königs ist es aber nun einmal so, dass er unheimlich neugierig auf alles ist, was mit den Schlagwörtern "nachhaltig", "regional" und "bio" beschrieben werden kann. Wobei "bio" auf Englisch mit "organic" übersetzt werden muss, da das englische "bio" streng genommen "lebend" bedeutet. "Bio meat" ist deshalb genauso unmöglich wie der totgeschossene Hase, der auf der Sandbank Schlittschuh läuft.

Andererseits berichten englischsprachige Expats immer wieder, dass das deutsche "Bio" irgendwann abfärbt, wenn man nur lange genug bei uns lebt. Und wer weiß - vielleicht trifft diese sprachliche Spitzfindigkeit auch das Interesse des neuen Königs, der sich offenkundig um sprachliche Annäherung bemüht und an seinem Deutsch arbeitet. Doch das nur am Rande.

Dreckige Hände, selbst gestrickte Socken, glückliche Tiere

Vom "wilden Richard" war Camilla besonders angetan.

Vom "wilden Richard" war Camilla besonders angetan.

(Foto: Peter Littger)

Fest steht, dass Charles "and my wife" - wie er stets sagt - während seines Besuchs in der deutschen Hauptstadt tatsächlich etwas entdecken wollte, das er für typisch deutsch hält - und was aus seiner Sicht zu den besten Seiten unseres Landes zählt. Und das sind (seitdem es ihm Renate Künast irgendwann eingeredet hat) frische Lebensmittel direkt vom Erzeuger!

Nicht, dass es die nicht auch auf den britischen Inseln gäbe. Doch modische Begriffe wie "market town" oder "sustainable farming" haben dort stets einen ökonomischen Beigeschmack, der nach Gewinnstreben und Werbemasche klingt. Dagegen scheint ein deutscher Biobauernhof immer noch die Illusion von ehrlicher und harter Arbeit zu wecken: mit dreckigen Händen, selbst gestrickten Socken und überaus glücklichen Tieren.

So fiel die Wahl des königlichen Protokolls ungefähr vor acht Wochen auf den "Berlin Brandenburger Bauernmarkt" auf dem Wittenbergplatz. Händler wurden vorab von einer Delegation der Botschaft besucht und eine Gruppe von sechs Ständen wurde schließlich ausgewählt, um dem König den Mythos vom deutschen Biohonig, Biofleisch, Bioapfel, Biofisch, Biokäse und Biobrot zu erklären.

Eine königliche Einladung für den Imker

Hat ein Date mit Königs: Imker Perschke.

Hat ein Date mit Königs: Imker Perschke.

(Foto: Peter Littger)

"Wir wurden aufgefordert, den Besuchern unsere Produkte unter die Nase zu halten", erzählt Imker Martin Perschke. "Ich sollte sogar eigene Löffel zum Probieren mitbringen, doch ich habe geantwortet, dass ich keine goldenen Löffel besitze." Schließlich brachte Perschke Partyspieße mit - und machte damit einen großen Stich: Charles fragte nicht nur viel nach den Imkermethoden, sondern wollte tatsächlich mehrere Gläser Honig kaufen und soll schon seinen Portemonnaie-Diener herbeigewinkt haben. "Ich habe abgewinkt", sagt Perschke, "die Gläser habe ich ihm geschenkt". Daraufhin ließ Charles ein Geschenk für den Brandenburger hervorholen: "Buckingham Palace Garden Honey"! Was dann folgte, kann Perschke noch immer nicht ganz fassen: "Ich wurde nach England eingeladen, um den dortigen Betrieb zu besichtigen." Jetzt hofft er, dass die Botschaft den Kontakt vermittelt.

Etwas abgebrühter, aber nicht weniger erfreut reagierte Carsten Hübner, der mit seinem Obstbaubetrieb nicht nur regelmäßig am Markt teilnimmt, sondern auch an der Branchenmesse "Grüne Woche". "Hohe Besucher sind nichts Neues für mich, ich bin den Umgang gewohnt." Der höchste Besuch aus dem Königreich traf ihn dann doch etwas unvorbereitet. "Charles sprach die ganze Zeit von Apple Juice, aber ich hatte keinen Saft für ihn vorbereitet." Offenbar hatte der König einfach Durst und war ein bisschen verzweifelt. Am Schluss konnte ihm Hübner immerhin eine Flasche Apfelsaft mitgeben.

Der Duft des Bärlauchs hat den König gelockt

Bärlauchbauer Herr Kaiser an seinem Stand.

Bärlauchbauer Herr Kaiser an seinem Stand.

(Foto: Peter Littger)

Die Birnenstücke, die Hübner dem Monarchen reichte, hat er unterdessen genauso wenig gegessen wie den Brothappen mit Bärlauch, den Axel Kaiser für ihn geschmiert hatte - mit der Form einer Krone. Kaiser ist "Der Bärlauchbauer", ein größerer Betrieb, der mit Ständen über das gesamte Bundesgebiet präsent ist. Für den Besuch eines echten Königs ließ er es sich nicht nehmen, persönlich aus Niedersachsen zu kommen. "Darauf habe ich als Kaiser immer gewartet", sagt er mit erkennbarem Stolz - denn er stand nicht auf der ursprünglichen Liste der ausgewählten Stände.

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"Morgens kam die Protokollchefin zu mir und deutete an, dass mein Stand eventuell kurzfristig infrage käme." Die britischen Winkelemente und die Übersetzung von "Bärlauch" - "ramson" (oder noch besser: "wild garlic") - die Kaiser am Stand angebracht hatte, taten ihr Übriges. Charles stellte viele Fragen und blieb so lange, dass der spontane Abstecher den gesamten Zeitplan durcheinanderbrachte.

Camilla hat sich unterdessen auch königlich amüsiert - jedenfalls hat sie viel gelacht. Ob es am Wildfleischhändler lag, der eine Schürze mit der Aufschrift "Richard's wild" trug, bleibt eine freche Unterstellung. Es ist jedenfalls eine unverständliche Art, um von unserem "Wild" zu sprechen - das auf Englisch "game (meat)" heißt. Auf der Schürze steht, dass Richard ziemlich wild ist. Doch auch dieser Patzer passte zum Programm - vor allem, wenn man bedenkt, wer die Gastgeberin des Ausflugs in die Berliner Wildnis war: Franziska Giffey!

Quelle: ntv.de

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