"Dr. House" mit Polizisten "Backstrom" hasst vor allem sich selbst
23.01.2015, 15:51 Uhr
Everett Backstrom (l.) ermittelt konzentriert - nicht aber ohne seine Kollegen regelmäßig mit fiesen Spitzen zu bedenken.
(Foto: Twitter/BackstromFOX)
Man kann nicht alles haben. Everett Backstrom hat zum Beispiel einen klugen Kopf, dafür aber einen schlechten Charakter. Wenn er nicht gerade betrunken ist, macht er seinen Mitmenschen das Leben schwer - und löst besonders knifflige Mordfälle.
Er ist mürrisch, hat keine Freunde, dafür aber alle möglichen schlechten Angewohnheiten. Everett Backstrom (Rainn Wilson) ist der klassische TV-Antiheld. Er trinkt, sieht aus, als würde er schlecht riechen, und beleidigt seine Mitmenschen in einem fort. Die ertragen es. Warum? Backstrom ist genial. So, wie das Princeton-Plainsboro Krankenhaus Dr. Gregory House ertrug, weil er seltene Krankheiten übers Telefon diagnostizieren konnte, duldet Portlands Polizei den sperrigen Chef eines Teams hoch qualifizierter Spezialermittler. In der vergangenen Nacht debütierte die Krimiserie "Backstrom" beim US-Sender Fox.
Nachdem Backstrom sechs Jahre lang für die Verkehrspolizei arbeiten musste, weil er sich mit seinen herablassenden Kommentaren bei seinen Vorgesetzten ins Aus gespielt hatte, darf er zu Beginn der Serie wieder machen, was er am besten kann: Mörder jagen. Dabei sieht der Tod eines attraktiven Teenagers erst einmal nach Selbstmord aus. In strömendem Regen baumelt seine Leiche von einer Brücke. Natürlich handelt es sich aber nicht um einen Suizid, sondern um Mord. Natürlich geht es auch um Drogen. Und damit die Geschichte an Komplexität gewinnt, handelt es sich beim Opfer um den Sohn eines einflussreichen Politikers.
Kunst des Zynismus

Everett Backstrom ist ein unangenehmer Typ, aber auch ein brillanter Ermittler.
(Foto: Twitter/BackstromFOX)
Wenn Backstrom ermittelt, versetzt er sich in die Täter hinein - ganz so wie "Hannibals" Will Graham oder auch der Dortmunder "Tatort"-Komissar Peter Faber. Mit Krimiserien hat "Backstrom"-Macher Hart Hanson bereits Erfahrung. Im Gegensatz zu seiner Hitshow "Bones - Die Knochenjägerin", von der bereits zehn Staffeln ausgestrahlt wurden, hat Hansons jüngstes Werk jedoch einen düstereren Einschlag.
Nun meistert Rainn Wilson die Kunst des wohl platzierten Zynismus nicht wie ein Hugh Laurie. Wilsons Bitterkeit wirkt allenfalls gelegentlich echt, viel zu oft gespielt. Das mag einerseits daran liegen, dass bei "Backstrom" dramatische Elemente immer wieder ungeschickt mit humoristischen gebrochen werden. Andererseits wirkt Wilson vielleicht auch deswegen nicht konsequent glaubwürdig, weil ihm noch immer seine Paraderolle des Soziopathen Dwight Schrute aus neun Staffeln "The Office" anhaftet.
Und ewig grüßt der Antiheld
Möglicherweise hat das Fernsehen aber auch insgesamt Polizisten-Cliches und die Idee des griesgrämig-genialen Antihelden etwas überstrapaziert. Während für Backstrom wie selbstverständlich keine Regeln gelten, müssen die Kollegen stets spuren - und sie tun es irgendwie auch gerne. Jedenfalls behandelt der Chef sie alle gleichschlecht, er möchte ja auch nur zurück in seine schmuddelige Wohnung und über einem Stück Pizza einnicken.
Backstrom will nicht geliebt werden, Freunde und Familie sind ihm egal, seine Gesundheit auch. Was für den Ermittler zählt, ist einzig und allein sein Ruf. Weil fiese Typen mit falschen Idealen und gequälten Seelen wie "Mad Men's" Don Draper oder "Californication's" Hank Moody mittlerweile einfach omnipräsent scheinen, wird es schwerer, über ihr destruktives Verhalten hinwegzusehen und die Brillanz dahinter zu feiern.
Quelle: ntv.de