Unterhaltung

Doch lieber Rosamunde Pilcher? Ballauf und Schenk zwischen Köln und Kongo

Die Kommissare und die Ärztin - was verschweigt sie?

Die Kommissare und die Ärztin - was verschweigt sie?

(Foto: dpa)

Der "Tatort" und das Thema Flüchtlinge - nicht unbedingt Stoff für Krimi-Entertainment. Dabei punktet der 66. Fall gerade in seiner latenten Unentschlossenheit. Und wenn der Assi so weitermacht, können die kölschen Phlegmatiker demächst gleich liegenbleiben.

Schon beim Auftakt der neuesten "Tatort"-Ausgabe bricht spontan der Blick, geht der Gedanke Richtung Rosamunde Pilcher und ob man den Sonntag nicht doch etwas leichter, etwas flachsinniger ausklingen lassen möchte. Schwarze Haut, Brüche, Falten und immer wieder, immer mehr Narben. Dann heißt diese Tatort-Folge auch noch so. Narben im Bild. Narben als Titel. Ein etwas arg plakativer Einstieg? Manchmal geht es eben nicht anders - da muss es direkt und wortspiel-fern und auch redundant sein. Denn darum geht es: um Narben. Und darüber, dass die Wunden bei jenen Flüchtlingen, die es aus dem Kongo nach Köln geschafft haben, vielleicht geschlossen sein mögen, aber dennoch nie wirklich heilen werden.

Narben überall - manchmal muss es eben ein wenig mehr sein.

Narben überall - manchmal muss es eben ein wenig mehr sein.

(Foto: dpa)

Im Mittelpunkt des Falles steht jedoch zunächst einer, der hierher kam, um zu helfen und eben zu heilen und schließlich selbst einem Verbrechen zum Opfer fällt. Erstochen wird Dr. Patrick Wangila im Park seines Klinikums gefunden, Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) verschlägt es direkt in die biografische Umlaufbahn des Afrikaners. Da ist seine latent verhuschte deutsche Ehefrau Vivien, die zwischen ahnungs- und fassungslos hin und her taumelt. Da sind die Frauen in der Klinik: Dr. Sabine Schmuck (Julia Jäger), die Wangila Jahre zuvor nach Köln geholt hat, und die Krankenpflegerin Angelika Meyer (Laura Tonke), die dem Doc näher gestanden hat, als sie zunächst zugeben will.

Auch aus Wangilas Heimat gibt es in Köln einige Landsleute, die mit dem Fall zu tun haben könnte. Da ist die schwer traumatisierte Cecil (Thelma Buabeng), deren Freundin in einer Flüchtlingsunterkunft unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist und die bei Dr. Schmuck heimlich Zuflucht findet. Und nicht zuletzt Théo Wangila (Jerry Kwarteng), der Bruder des Toten, der eine äußerst zwielichtige Rolle spielt.

Wer sind denn nun die Bösen?

Die Ausgangslage für diesen "Tatort" ist durchaus diffizil. Das Thema Flüchtlinge, ohnehin omnipräsent, strotzt vor Fußangeln und Sollbruchstellen zwischen political Correctness und paritätischem Imperativ: Wer sind die Bösen? Wer sind die Guten? Darf man das, soll man jenes? Und überhaupt: Muss es denn nun auch im Krimi genau darum gehen? Ja, es muss. Es kann. Es sollte. Gerade dann, wenn - wie hier aus der Feder von Rainer Butt ("Großstadtrevier", "Polizeiruf") - selbstbewusst allzu tiefe Klischee-Konstellationen umschifft werden und stattdessen auch vor einem politisch aktuellen und hochbrisanten Hintergrund ein Krimi erzählt wird.

Dabei bezieht der Fall seine Stärke gerade daraus, dass er sich uneins scheint, wo genau der Schwerpunkt liegt: Im Elend der Flüchtlinge? Den abgerockten Bullen vom Sondereinsatz, die politisch längst mit beiden Beinen auf der falschen Seite stehen? Beim abgewirtschafteten Klinikpersonal, dem weder mit zittriger Hand eingeschenkter Weinbrand noch hastiger Hinterzimmer-Sex mit dem Vorgesetzten den Alltag ein wenig versüßt? Oder den nicht minder frustrierten Ehrenamtlern, die versuchen, der Lage in den chronisch überlasteten Flüchtlingsunterkünften zumindest in Teilen Herr zu werden?

Auch dass das Handbuch mit den Erklärtexten hier fast durchweg geschlossen bleibt, trägt zur diffus bedrohlichen Stimmung bei. Kameramann Theo Bierkens und Regisseur Torsten C. Fischer verlassen sich auf ihre Bilder und Motive, auf Nähe und Narben und ziehen das Tempo an jener Stelle punktgenau an, da sie das Foltermotiv aus dem Subtext in die Szenerie heben. Apropos Tempo: Auch Ballauf und Schenk halten sich wohltuend mit Geplänkel und Privat-Petitessen zurück. Dass aber der wackere Assistent Tobias Reisser (Patrick Abozen) mittlerweile den Großteil der Arbeit macht, davon sollten die Vorgesetzten der Kölner besser nichts mitbekommen, sonst ertönt der Ruf des Altenteils früher als geplant.

Quelle: ntv.de

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