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So weiß ist Taylor Swifts Afrika Der feuchte Traum des Kolonialisten

Oh, du wildes Afrika! In Taylor Swifts Musikvideo "Wildest Dreams" gibt es Natur, Tiere und Touristen - keine Einheimischen.

Oh, du wildes Afrika! In Taylor Swifts Musikvideo "Wildest Dreams" gibt es Natur, Tiere und Touristen - keine Einheimischen.

(Foto: Vevo)

In Afrika gibt es keine schwarzen Menschen. Jedenfalls nicht in dem Afrika, das Taylor Swift in ihrem Video zum Song "Wildest Dreams" präsentiert. Die nostalgischen Bilder spiegeln einen einfältigen Blick auf die Geschichte des Kontinents.

Was Taylor Swift anfasst, gelingt. Gerade dachte man, die 25-Jährige könne in Bezug auf ihre Karriere nichts mehr falsch machen, da tritt sie ins Fettnäpfchen. Ihr neues Musikvideo zum Song "Wildest Dreams" spielt an einem Filmset im Afrika der 1950er-Jahre. Und Afrika sieht darin genauso aus, wie Weiße sich den Kontinent damals am liebsten vorstellten: atemberaubende Savannenlandschaft, wilde Tiere, Männer in schneidigen Tropenanzügen - und auf den ersten Blick kein Schwarzer in Sicht.

Die malerische Natur eines im Zuge der Kolonialisierung ausgebeuteten Landes wird zur Kulisse westlicher Romantik. Mit Scott Eastwood, Sohn des berühmten Clint, tauscht Swift heiße Küsse aus.

"Hat Taylor Swifts 'Wildest Dreams'-Musikvideo gerade ganz Afrika weißgewaschen?", wundert sich etwa ein Twitter-User. "Taylor Swifts Video sieht aus wie der feuchte Traum eines Kolonialisten. Nur Weiße in Afrika und ein paar Tiere", ätzt ein anderer.

Nostalgie statt Authentizität

Während bei der geschichtlichen Betrachtung zuweilen noch heute die Kolonialisten als Abenteurer, Helden und Retter stilisiert werden, verkommen die Einheimischen als inkompetente Primitive oft zu Randfiguren ihrer eigenen Geschichte. Swift bedient sich in ihrem Video eines historischen Settings - historische Authentizität aber fällt einer zeitlosen Ästhetik zum Opfer.

Damit ist sie keinesfalls allein. "Jenseits von Afrika" ist einer dieser Filme, die zu allererst der Nostalgie verschrieben sind. Louis Vuitton inszeniert Elefantenbabys mit Luxusdeckchen. Und Dior hielt es tatsächlich noch vor wenigen Jahren für eine gute Idee, eine Fruchtbarkeitsgöttin zum Absatz für hohe Schuhe verkommen zu lassen, was unangenehme Assoziationen zu Beistelltischen mit schwarzen Sklaven als Sockel weckt. Die Kultur Afrikas jedoch muss mehr sein dürfen als ein exotisches Accessoire der westlichen Konsumwelt.

Ist Swift Kritik völlig egal?

Swift steht eben auf Retro-Optik. Vielleicht war das ja der Grund für ihr nostalgisches Afrika-Video.

Swift steht eben auf Retro-Optik. Vielleicht war das ja der Grund für ihr nostalgisches Afrika-Video.

(Foto: Vevo)

Es lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, was sich Taylor Swift und ihr Team bei dem "Wildest Dreams"-Video gedacht haben. Vielleicht hat man ganz plump geglaubt, die Wildnis sei eben die perfekte Kulisse für wilde Träume. Hinzu kam Swifts Retro-Affinität. Fertig war das Konzept. Vielleicht ist die Aufregung um den Clip Kalkül. Zuvor hatte Swift in den Videos zu Songs vom aktuellen Album "1989" mit pompösem Setting und ausladenden Roben, Ex-Freund-Anspielungen und Mega-Mädchenmannschaft für Gesprächsstoff gesorgt. Vielleicht ist Swift die Kritik an ihrer Arbeit auch einfach egal.

Die Sängerin selbst hat sich zu den Vorwürfen bislang noch nicht geäußert. Der Regisseur des Clips, Joseph Kahn, versuchte sich dagegen eher unbeholfen zu rechtfertigen. Wären in "Wildest Dreams" mehr schwarze Schauspieler zu sehen gewesen, hätte er sich wiederum vorwerfen lassen müssen, die Geschichte umzudichten, schrieb Khan auf Twitter. Außerdem sei die Produzentin des Videos ja immerhin schwarz - und obendrein "superheiß".

Irgendwann ist Schluss

Lange konnte Taylor Swift sich alles erlauben. Sie ist Publikums- und Presseliebling und hat es irgendwie geschafft, als dünne Weiße aus besserem Elternhaus von "The New York Times" als Underdog bezeichnet zu werden, obwohl sie eigentlich schon immer ein privilegiertes Mädchen war.

Swift ist die Nahbare, die beste Freundin, die Traumfrau, die Schwiegertochter, doch die Rolle des liebenswerten Außenseiters steht ihr nicht mehr. Sie ist das schnieke Mädchen in der Klasse, auf deren Party jeder tanzen will und irgendwie auch muss, um sich nicht ins Abseits zu katapultieren. Sie hat den schärfsten Freund und die heißesten Freundinnen.

Bei Swifts derzeitiger Omnipräsenz - sei es ihr Apple-Kampf, ihre Fan-Geschenke oder ihre A-Klasse-Clique - ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Leute genug von ihr haben. Dann wird die Kritik nicht mehr an Swift abprallen, dann muss sie sich ihr stellen. Es kann sein, dass das nun bei "Wildest Dreams" der Fall ist, vielleicht auch nicht. Der Tag wird kommen.

 

Quelle: ntv.de, mit spot

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