Unterhaltung

Dortmunder Dealer-"Tatort" Die Hoffnung stirbt zuerst

"Kollaps" skizziert die Hölle aller Eltern: Tod auf dem Spielplatz.

"Kollaps" skizziert die Hölle aller Eltern: Tod auf dem Spielplatz.

(Foto: WDR/Thomas Kost)

Der Ruhrpott ist die Hölle - zumindest in den Faber-"Tatorten". Die neueste Episode bildet da keine Ausnahme: Ein sechsjähriges Mädchen stirbt an Kokain und schuld sind irgendwie alle.

Täter und Opfer zugleich: Drogendealer in der Dortmunder Nordstadt.

Täter und Opfer zugleich: Drogendealer in der Dortmunder Nordstadt.

(Foto: WDR/Thomas Kost)

Langsam sinkt der Mann auf das graue Pflaster der Dortmunder Innenstadt, aufgeschlitzt von zwei schnellen Messerstichen. "Chance" und "Integration" steht auf den Büchern, die er eben noch unter dem Arm trug und die sich nun mit seinem Blut vollsaugen. Der Neuanfang des Mannes dauerte keine fünf Minuten - und der neueste Faber-"Tatort" macht zur Regel, was man schon geahnt hatte: In Dortmund stirbt die Hoffnung zuerst.

Wenn die Zuschauer nach dem Ende eines Films noch minutenlang gleichermaßen erschüttert wie beeindruckt sitzenbleiben, hat der Streifen etwas richtig gemacht. In den Dortmunder Mordfällen passiert genau das regelmäßig, sie verbreiten eine Beklommenheit, die sich nur schwer wieder abschütteln lässt. "Kollaps" ist da keine Ausnahme, Faber (Jörg Hartmann) und seine verkrachten Kollegen ermitteln zwischen allen Stühlen und wissen schon bald nicht mehr, wo Gut aufhört und Böse anfängt. Dabei ist die Antwort so einfach: überall und nirgendwo.

"Mir geht's scheiße ..."

Die Beweislage ist am Anfang recht eindeutig: Ein junges Mädchen stirbt auf einem Spielplatz in der Dortmunder Nordstadt an einer Überdosis Kokain. Afrikanische Dealer hatten das Koks auf der Flucht vor der Polizei in einem Sandkasten versteckt - angelehnt an einen tatsächlichen Kokainfund in Berlin im vergangenen Jahr. Damals passierte zum Glück nichts, im "Tatort" entwickelt sich die Sache naturgemäß anders: Das Mädchen hält das bunt verpackte Pulver für Bonbons und schluckt eine tödliche Dosis.

So klar, wie die Sache zu Beginn aussieht, ist sie natürlich nicht: Die beiden Hauptverdächtigen aus dem Senegal verticken schließlich nicht zum Spaß, sondern aus purer Not - während die Hintermänner in türkischen Teestuben süßen Cay nippen. Derweil radikalisiert der Tod ihres Kindes die Eltern und deren Freunde, die daraufhin mit dem Totschläger durch die Nordstadt ziehen und das Gesetz in die eigene Hand nehmen.

Das Besondere am Dortmunder Milieu ist die permanente Perspektivlosigkeit: Hinter jedem Hoffnungsschimmer wartet schon der nächste Rückschlag, auch und vor allem im Ermittlerteam selbst: Oberkommissar Kossik (Stefan Konarske) stalkt Ex-Freundin Dalay (Aylin Tezel), Martina Bönisch (Anna Schudt) tröstet sich mit wahllosen Affären über den Entzug des Sorgerechts über ihre beiden Kinder hinweg und Faber - naja, der ist halt einfach Faber: "Mir geht's nicht beschissen, mir geht's scheiße …"

"Kollaps" ist mit Sicherheit kein Krimi zum Genießen, obwohl Fabers Sprüche ("Amokläufe sind doch normalerweise mein Ding") immer wieder zum Schmunzeln animieren - dafür aber ein Film, der nachdenklich stimmt. Und das ist dem neuesten "Tatort" hoch anzurechnen: Denn je eher wir uns von einem Schwarz-Weiß-Denken wegbewegen, desto eher haben wir die Chance, der Zukunft realistisch ins Auge zu blicken, so die Botschaft. In einer Sache liegt Fabers neuester Rückschlag allerdings ganz bewusst falsch: Die Hoffnung stirbt zuletzt - selbst in Dortmund.

Quelle: ntv.de

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