Unterhaltung

Computerspiel über das Sterben Ein Vater begleitet seinen krebskranken Sohn

Als sein Sohn an Krebs erkrankt, macht Ryan Green aus der Familiengeschichte ein Computerspiel: "That Dragon, Cancer".

Als sein Sohn an Krebs erkrankt, macht Ryan Green aus der Familiengeschichte ein Computerspiel: "That Dragon, Cancer".

(Foto: Vimeo/Thank You For Playing)

Als bei Joel Green ein tödlicher Gehirntumor entdeckt wird, geht sein Vater einen ungewöhnlichen Weg. Er macht aus der Familientragödie ein Computerspiel. "That Dragon, Cancer" vermittelt den Schmerz, das eigene Kind leiden zu sehen.

Es gibt Erfahrungen, die möchte wirklich niemand machen. Das eigene Kind sterben zu sehen, ist so eine. Joel Green ist gerade einmal ein Jahr alt, als bei ihm Krebs im Endstadium diagnostiziert wird. Über Jahre wird er immer wieder operiert, macht eine Chemotherapie nach der anderen. Die Tumore machen ihn teilweise blind, teilweise taub, einmal verlernt Joel das Laufen. Und eines Tages ist er tot.

Ryan Green hat seinen Sohn vom ersten bis zum letzten Tag seines Lebens begleitet. Und wie auch andere Eltern die Geschichte ihrer Kinder mit Fotos, Videos oder Tagebüchern dokumentieren, hat auch er es getan - nur eben ein wenig anders. Green entwickelt Computerspiele. So entschied er sich, die niederschmetternden Erfahrungen mit der Krankheitsgeschichte seines Sohns auf die Weise zu verarbeiten, wie er es am besten kann. Das Ergebnis ist das Spiel "That Dragon, Cancer".

"Ich hasse diesen Raum"

Ein Demo-Clip führt direkt in ein tristes Krankenhauszimmer. Ein Tablett steht dort, es ist noch etwas Essen übrig. Aus dem Off hört man leise die Stimme des Vaters. Er bemerkt, wie das Orange des Sonnenlichts die gedämpfte Farbpalette des Raums erhellt, aber auch, dass ihm der Stuhl, in dem er sitzt, unbequem wird. "Ich hasse diesen Raum", sagt er. Und der Spieler muss verstehen, wieso.

Joel weint. Auch wenn sein Vater ihn kurz fröhlich glucksen lässt, Joel weint weiter. In Computerspiele kann man sich flüchten. Die virtuellen Probleme, denen sich Spieler stellen müssen, haben sich Spiel-Entwickler ausgedacht. Meist braucht es nur die richtige Waffe, einen versteckten Schlüssel oder einen verschobenen Block, um sie zu lösen. Mit "That Dragon, Cancer" ist das anders.

"Ich schluchze, ich brauche Frieden"

Die Avatare von Joel und Ryan Green.

Die Avatare von Joel und Ryan Green.

(Foto: Twitter/tyfpfilm)

Joel hört nicht auf, zu weinen. Der Spieler muss Schmerz fühlen, wenn er das schreiende Kind nicht beruhigen kann. Und wenngleich die Situation es nicht ist, das Gefühl könnte authentisch sein. Seiner Krankheit kann weder Joel noch sein Vater entfliehen. "Ich zittere, ich schluchze, ich brauche Frieden", sagt der "Ryan Green"-Avatar. Der echte Ryan Green lädt mit "That Dragon, Cancer" andere ein, seine Erfahrung zu teilen.

Das Spiel ist mit Point-and-Click-Bedienung schlicht gestaltet. Die Grafik ist nicht aufwendig, aber flüssig. Auf besondere Details in der Optik hat Green verzichtet. Joel beispielsweise hat im Spiel keinerlei Gesichtszüge, während sein Vater mit Brille und Bart noch recht realistisch portraitiert ist. Es ist freigelassen für Projektionen.

Was bei "That Dragon, Cancer" zurückhaltend aussieht, unterstreicht immer nur die heftige Wirkung anderer Aspekte - von Stimmen und Geräuschen zum Beispiel. Es ist das Lachen des echten Kinds Joel, das dem Spieler Hoffnung gibt, aber auch dessen echtes Schreien, was ihn erschüttert.

Fühlt mit meinem Sohn!

"That Dragon, Cancer" ist kein Spiel, das Spaß machen soll. Aber es ist eins, dass es Menschen ermöglichen könnte, in einen Dialog zu treten. "Wenn du ihn nur fest genug hältst, wird ihn nichts und niemand wegnehmen, richtig?", sagt der Vater-Avatar in der Demo-Version des Spiels. Als Green diesen Teil des Spiels programmierte, wusste er wohl bereits, dass das nicht stimmt.

Am Morgen des 14. März 2014 stirbt Joel Green. "That Dragon, Cancer" wird Ryan Greens Weg, die Erinnerung zu wahren. "Für mich ist das mehr als ein Videospiel. Es ist eine Art, über meinen Sohn zu sprechen", sagt er im Dokumentationsfilm über seine Geschichte "Thank You For Playing". Und dann geht es plötzlich nicht mehr um die Anderen - um die, die sein Spiel trösten oder auch nur informieren, vielleicht inspirieren könnte. "Meine größte Hoffnung ist ziemlich simpel: dass die Spieler vielleicht so für meinen Sohn empfinden, wie ich es tue", sagte Green dem Magazin "New Yorker". Es geht nur noch um einen Vater der seinen Sohn verloren hat.

"That Dragon, Cancer" soll im Herbst erscheinen.

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Quelle: ntv.de

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