Hit-Musical in Hamburg angelangt "& Julia" lebt ohne Romeo weiter
31.10.2024, 09:57 Uhr Artikel anhören
Feiert ohne Romeo in Paris: Julia.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die größte Liebesgeschichte aller Zeiten endet mit dem Tod von Romeo und Julia. Das neue Jukebox-Musical "& Julia" gibt der Geschichte nun ein neues Ende und lässt Julia in Paris weiterleben und feiern. Die Show ist ein Feuerwerk aus Pop-Hits, Tanz und Gänsehautmomenten.
Wie wäre wohl das Leben von Romeos Julia weitergegangen, wenn sie sich nach dem Tod ihres Liebsten nicht mit einem Dolchstich ins Herz umgebracht hätte? Das beantwortet das neue Hamburger Musical "& Julia", das am Mittwochabend im Stage-Operettenhaus auf der Reeperbahn seine umjubelte Deutschlandpremiere feierte. Unter den Premierengästen waren auch Tokio-Hotel-Sänger Bill Kaulitz, Backstreet-Boy Howie Dorough und der schwedische Musikproduzent Max Martin.
Das Musical gibt der größten Liebesgeschichte aller Zeiten ein neues Ende - und Julia damit eine Zukunft. Umrahmt wird das von großen Hits der jüngeren Popgeschichte. Allen voran bestimmen die Songs von Britney Spears, den Backstreet Boys, Bon Jovi, Pink und Katy Perry den Sound der bunten Show, die vor allem Frauen euphorisiert zurücklassen dürfte.
Glitzer, gute Laune und Gänsehaut
Denn das Broadway-Musical "& Julia" ist wie eine Urgewalt. Von der ersten Sekunde reißt es das Publikum mit und steckt mit guter Laune und Tanzlust an. In ruhigen Momenten sorgt es gleichzeitig für Gänsehautmomente. Und das liegt nicht nur an den Songs, die allesamt aus der Feder des schwedischen Musikers und Hit-Garanten Max Martin stammen.
Das liegt auch am passenden Bühnenbild, an der jungen Sprache des Stücks, an den vielen kraftvollen Tanzeinlagen und an den Schauspielerinnen und Schauspielern. Vor allem Chiara Fuhrmann als Julia hat eine beeindruckende Bühnenpräsenz und eine faszinierende Stimme. Sie verkörpert mit einer großen Kraft eine junge Frau, die sich selbst finden will.
Den Rahmen der Geschichte um Selbstbestimmung und die Suche nach dem eigenen Ich bildet quasi die Ehe von William Shakespeare (Andreas Bongard). Denn seine Frau Anne Hathaway (herrlich sympathisch und witzig gespielt von "Die Eiskönigin"-Darstellerin Willemijn Verkaik) findet das Ende von "Romeo und Julia" fürchterlich und will es umschreiben.
Divers, queer, emanzipiert
Romeo stirbt also und Julia - die am Grab ihres Geliebten von vielen anderen Frauen in seinem Leben erfährt - geht nun statt in den Tod trotzig und hoffnungsvoll nach Paris. Begleitet wird sie von ihrem nicht-binären Bestie May (Bram Tahamata), ihrer Amme Angelique (Jacqueline Braun) und Anne Hathaway selbst, die sich als April einfach mit ins Stück geschrieben hat. Dort erlebt das Quartett wilde Bälle, zarte Lieben, Leidenschaften, kämpft neue Kämpfe und muss sich auf eine plötzliche Wende der Geschichte einstellen - denn William Shakespeare pfuscht seiner schreibenden Frau immer wieder ins Handwerk.
"& Julia" ist ein hochmodernes Musical, das die Gesellschaft und die Themen der heutigen Zeit abbildet. Queere Liebe (passend mit "I Kissed A Girl" von Katy Perry untermalt) findet da ebenso Platz wie emanzipierte Frauen und frustrierte Männer, die damit erstmal klarkommen müssen. "& Julia" ist quasi eine Liebeserklärung an starke Frauen und Diversität.
Für konservative Zuschauerinnen und Zuschauer dürfte das durchaus herausfordernd sein. Alle anderen hingegen feiern das ordentlich und zwar schon direkt während der Show. Da wird bei Macho-Sprüchen gebuht, Julia für toughe Entscheidungen bejubelt, es gibt Szenenapplaus für beeindruckende Gesangseinlagen und bei Boyband-Choreographien werden Arme begeistert von links nach rechts geschwungen. Das hat in Ansätzen das Mitmach-Potenzial des Klassikers "Rocky Horror Show". Fans des Shakespeare-Stücks finden zudem auch die berühmte Balkonszene, Liebesszenen, ordentlich Drama und verständnislose Eltern. Den romantischsten Kuss der Show bekommt jedoch nicht Julia, sondern jemand anderes.
Das Musical "&Julia" zieht das Publikum zurück in die 90er- und 2000er-Jahre. Eine Pop-Hymne folgt der nächsten. Die werden auch - anders als sonst bei Stage-Musicals üblich - weitgehend auf Englisch gesungen. Das erleichtert das Mitsingen ungemein.
Quelle: ntv.de, Christiane Bosch, dpa