Von Meuffels im "Nachtdienst" Münchner "Polizeiruf 110" im Schnellcheck
07.05.2017, 22:09 Uhr
Nachts, wenn alles schläft ... da schiebt er "Nachtschicht": Hans von Meuffels (Matthias Brandt); neben Heimbewohner Claus Grübner (Ernst Jacobi).
(Foto: BR/die film gmbh /Hendrik Heiden)
Als Kommissar von Meuffels einer alten Dame ins Wohnheim folgt, geht es zunächst um einen vermeintlichen Mord. Doch hinter der Geschichte steckt ein Drama größeren Ausmaßes, an dessen Ende ein Bewohner nur noch einen Ausweg sieht.
Das Szenario
Schön nochmal eine dampfen und dann nach einem langen Tag in den Feierabend entschwinden - so hat sich Hans von Meuffels (Matthias Brandt) seinen Dienstschluss vorgestellt. Doch daraus wird nichts, ganz im Gegenteil: Dem eigenwilligen Kommissar steht eine Nachtschicht der extremsten Sorte bevor. Eine verwirrte alte Dame steht plötzlich vor ihm und behauptet, in ihrem Wohnheim hätte es einen Mord gegeben. Dass Elisabeth Strauß (Elisabeth Schwarz) Bademantel und Nachthemd trägt, mindert ihre Glaubwürdigkeit etwas, aber von Meuffels ist schon am Haken und lässt sich von der 80-Jährigen auf die Station lotsen. Das Szenario dort hat es in sich: Die chronisch unterbesetzte Nachtschicht mit Krankenpfleger Tscharlie (Florian Karlheim), Pflegerin Marija (Marina Galic) und Stationschef Sebastian Kroll (Philipp Moog) betreut drei Dutzend Demenzkranke: die einen bettlägerig, die anderen, wie etwa der eigenwillige Claus Grübner (Ernst Jacobi), noch halbwegs bei Sinnen, andere fabulierend über die Flure wandelnd. Von Meuffels kommt dem Mord tatsächlich auf die Spur, wird schlussendlich jedoch Teil einer ungleich größeren Katastrophe.
Die eigentliche Botschaft
Unterm Strich sind Pflegenotstand und Umgang mit Schwerstkranken die Themen des 13. Falls von Hanns von Meuffels. Dabei konzentrieren sich die Autorinnen Ariela Bogenberger und Astrid Ströher jedoch weniger auf dokumentarisch nacherzähltes Altenheim-Leben, sondern verpacken vielmehr ihre Kritik am Status Quo in eine dramaturgische Versuchsanordnung, die das Kunststück fertigbringt, Sozialkritik mit Arthouse-Crime zu kombinieren.
Darüber wird in der Mittagspause geredet
Ein gängiger Gedankengang beim Ansehen des Lebens und Arbeitens in einem Altenheim, deren Bewohner "nur noch Brokkoli" anstatt eines Gehirns haben: Was, wenn es mich trifft? Oder einen Angehörigen? Wer pflegt mich? Wer hilft und überhaupt: Was wird das alles kosten?
Der Plausibilitätsfaktor
Die Zahl der betreuungsintensiven Pflegebedürftigen steigt, Pflegepersonal ist knapp, Familien, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen, kapitulieren irgendwann vor der Belastung - die Ausgangslage von "Nachtdienst" ist schmerzhaft real. Ob die drastische Dramaturgie, auf deren Höhepunkt schlussendlich Grübner Amok läuft und über 20 Menschen in seinem Altenheim tötet, plausibel ist, sei dahingestellt. Als Ausrufezeichen am Ende eines ebenso verstörenden wie hochspannenden Falls jedoch eine durchaus passende "Pointe", von Regisseur Rainer Kaufmann schon in der Auftaktsequenz unheilvoll in Aussicht gestellt.
Die Bewertung
9 von 10 Punkten. Extrem, eigenwillig, schwer erträglich - ein "Polizeiruf", der sich ins Gedächtnis einbrennt.
Quelle: ntv.de