Unterhaltung

Klassischer Kölner "Tatort" Routine am Rhein

Jagen einer Leiche hinterher: Schenk und Ballauf.

Jagen einer Leiche hinterher: Schenk und Ballauf.

(Foto: WDR/Thomas Kost)

Schenk und Ballauf jagen ein Phantom - und mit ihm eine Wendung nach der anderen. Zum zweiten Weihnachtsfeiertag serviert der WDR einen Krimi klassischer Machart. Im Reigen der gerade so angesagten Experimentalfolgen ist das ein echtes Wagnis.

Karsten Holler ist tot. Zumindest offiziell, denn was soll sonst passiert sein mit einem, der auf einer Saharatour mit seinem ehemaligen besten Freund spurlos in der Wüste verschwindet. Dass irgendwas an der Geschichte nicht stimmen kann, bekommt Jahre später eben jener Freund und Geschäftspartner als Erster zu spüren: Der treibt nämlich aufgeschwemmt und ziemlich tot im Kölner Rhein. Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) sollen den Mord an der Wasserleiche aufklären und stoßen bald darauf auf einer Steuer-CD des Kölner Finanzamtes auf ein dubioses Nummernkonto in der Schweiz. So tot wie es scheint, ist Holler wohl doch nicht.

Der neueste Kölner "Tatort" ist über weite Strecken ein Krimi alter Schule: Die Macher wagen keine geistreichen Experimente wie in Wiesbaden, versuchen sich nicht an einem "Stirb langsam"-Abklatsch wie in Hamburg und greifen auch keine drohenden Politika wie bei den Dortmunder Ermittlern auf. Dafür können sich die Zuschauer am zweiten Weihnachtsfeiertag an einem spannenden Plot, sauberer Ermittlungsarbeit und ein paar unerwarteten Wendungen erfreuen.

Spannender Fall für Krimiliebhaber

Visuell liegt das maßgeblich an der Perspektive, die "Benutzt" einnimmt: Die Kamera folgt fast ausschließlich Schenk und Ballauf beim Stochern im Dunkeln. Je tiefer die Ermittler in den Fall eintauchen, desto klarer wird, dass das Phantom, das sie jagen, wie ein Schachspieler immer mehrere Züge im Voraus plant. Und genau wie beim Spiel der Könige scheint Holler alle Personen, die mit ihm in Kontakt stehen, wie Figuren auf dem Feld nach seinem Willen zu benutzen - angefangen bei seiner Ex-Frau, die die Millionen auf dem Nummernkonto erbt, über ehemalige Geschäftspartner oder die nach Liebe lechzende Zollbeamtin, die seinen schmutzigen Geschäfte durchwinkt.

Ganz so klar, wie alles zu Beginn scheint, ist es dann aber doch nicht: Die meisten Protagonisten haben ein Motiv, und immer wieder legt Regisseurin Dagmar Seume falsche Fährten, eben genau wie bei einem gut gemachten klassischen Krimi. Vor allem gegen Ende jagt ein Twist den nächsten - wer da im Verlauf der Episode nicht ganz genau aufgepasst hat, gerät leicht ins Schleudern.

Es ist ein bisschen paradox: So sehr man sich noch vor wenigen Jahren gewünscht hatte, dass der "Tatort" endlich das Fahrwasser der konservativen Krimiunterhaltung verlässt, so erfrischend kommt "Benutzt" im Reigen der Experimentalfolgen mittlerweile daher. Es ist mit Sicherheit keine Episode, die im kollektiven Gedächtnis hängenbleiben wird - dafür wird wohl eher der Murot-"Tatort" "Wer bin ich" am Tag darauf sorgen - ist aber ein spannender Fall für Krimiliebhaber. Auch wenn Schenk und Ballauf das wohl anders sehen: Ihre Currywurststammbude hat nämlich immer noch geschlossen.

Quelle: ntv.de

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