"2016! Menschen, Bilder, Emotionen" "Stärker als die Zeit"
05.12.2016, 03:16 Uhr
Ein manchmal zweifelhaftes Vergnügen: Jauchs Abgesang auf 2016
Ilka Bessin kämpft mit den Tränen, zwei Frauen berichten von der Silvesternacht in Köln, und Robbie Williams liebt das Leben. Günther Jauch verabschiedet in einer Mammut-Show live das alte Jahr - eine nicht immer dankbare Aufgabe.
"Es ist das erste Mal, dass ich vernünftig gekämmte Haare habe", sagte Ilka Bessin, besser bekannt als der pinke Strampelanzug Cindy aus Marzahn. Dass es mit dieser Kunstfigur nach all den Jahren des Erfolgs nun vorbei ist, scheint nicht jeder mitbekommen zu haben. Deshalb kehrt Cindy nun nicht als Cindy, sondern als Ilka zurück ins Rampenlicht und erzählt Günther Jauch im RTL-Jahresrückblick tränenreich zum ersten Mal und mit 1a Hollywood-Föhnwelle, warum sie die Faxen von der proletenhaften Kunstfigur dicke hatte und jetzt lieber mit Matthias Schweighöfer abhängt.
Sprichwörtlich wie der traurige Clown berichtet sie von wüsten Beschimpfungen im Netz, von Leuten, in deren Köpfen statt eines funktionierenden Hirns nur ein ganz schwach im Oberstübchen beleuchteter Kampfzwerg sitzt, der gehaltlose Grütze absondert wie: "Du gehörst zurückgefickt und abgetrieben." In der Summe waren es auch Hasskommentare wie diese, die letztlich zu viel für die sensible Künstlerseele waren.
Heiliger Abgesang auf 2016
In "2016! Menschen, Bilder, Emotionen" erzählen Promis und Normalos, warum das zurückliegende Jahr für sie besonders schön war oder warum sie froh sind, dass es sich endlich bald ausgesechzehnt hat.
Warnung: Wie das bei diesen Mammut-Sendungen gang und gäbe ist, können sie nur einen Querschnitt präsentieren, vollkommen subjektiv und somit für so manchen Zuschauer mit fortschreitender Zeit ungefähr so spannungsgeladen wie "Deutschland deine Bahnstrecken".
Der Abgesang auf das Jahr 2016 beginnt heilig. Drei Steppke berichten von ihrem persönlichen "One Moment in time", in dem sie gemeinsam mit dem Papst übers römische Kopfsteinpflaster knattern durften. Jauch will wissen, ob die Sitze im Papamobil aus echtem Leder sind und ob sie noch woanders in Rom rumschlumpften, aber das haben sie vor päpstlicher Aufregung natürlich schon wieder vergessen.
"Liebe ist was Schönes"
Aufgeregt ist auch Elyas M'Barek, der mit seinem Schauspiel-Kompagnon Eric Kabongo in Günthers Sessel lümmelt und über seinen aktuellen Film "Willkommen bei den Hartmanns" spricht. Vermutlich, weil die Flüchtlingskomödie der Sensationserfolg an den Kinokassen ist, geht ihm die Sprache verlustig. "Emm, emm und emm, emm ..." Jauch übersetzt das mal: Elias hat jetzt eine Freundin und ist weg vom Markt. Die deutsche Damenwelt, orakelt der Moderator, möglicherweise - erzürnt. Darauf Elias stotterfrei: "Liebe ist was Schönes."

Sieht mittlerweile nicht mehr so aus: Ilka Bessin alias Cindy aus Marzahn
(Foto: picture alliance / dpa)
Sportlich plappert es sich dahin. Jauch trifft den Kreuzbandriss-gebeutelten "Hero de Janeiro", Andreas Toba, der seinem Knie noch nicht vertrauen kann, den Olympia-Goldmedaillen-Einheimser Fabian Hambüchen, die neue Nummer 1 der Tennis-Weltrangliste, Angelique Kerber und fragt alle: Was ist das für 1 Live nach so einem Sieg? Ein Schönes, versichern die Sportskanonen. Auch Fußball-Hinterherrenner Toni Kroos ist mit von der Partie. Manchmal sagt er etwas Schönes in die Kamera, meistens lächelt er aber nur schön.
Musikalisch wird es mit Andreas Gabalier, der in kurzen "Peter von der Alm"-Buxen die im Jahre 2016 Verstorbenen verabschiedet und mit Udo Lindenberg, der wirklich "stärker als die Zeit" ist. Robbie Williams besingt in Butterfly-Hosen und Samt-Pantoffeln, wie sehr er his "life loves" und Mark Foster, wie "klein" die Welt und wie "groß" wir sind.
So groß, dass Günther einen knauserigen Engländer als "Sparbrötchen des Jahres" abfrühstückt und ihm freundlichst ein paar Münzen überlässt. Der Schnäppchen-Jäger geigt durch die halbe Welt, um Reisekosten zu sparen. Ein Wort zum Brexit? Nö, das Thema ist durch. "Junge Menschen haben ja noch Zeit", sagt Jauch. Ja, bald aber vermutlich nicht mehr - wenn sie den Mist ausbaden dürfen, den die Generationen vor ihnen verzapft haben.
Das gute Herz des Wolfgang Bosbach
Dass Politiker aber auch ein gutes Herz haben, sieht man an Wolfgang Bosbach. Der TV-Show-Tingler der Herzen nimmt sich auch im Urlaub für die Menschen Zeit und berät sie sogar am Pool. Sowieso sind politische Themen in solchen Sendungen etwas heikel. Das sieht man, als Jauch mit zwei Frauen, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind, über die Silvesternacht spricht.
1200 Anzeigen habe es gegeben, 35 Personen wurden angeklagt, nur 2 Urteile wegen sexueller Übergriffe gesprochen. Eine der Frauen ringt mit den Tränen: "Das Schlimme ist", sagt sie, "dass diese Männer die Würde einer Frau missbrauchen, das ist das Schrecklichste." "Mit einer Armlänge Abstand" bedankt Jauch sich bei den beiden mit einem Blumenstrauß.
2016: Das waren aber auch Nico Rosberg, Barack Obama, Donald Trump, Angela Merkel, Aleppo, München, Nizza, Ansbach - und nicht zu vergessen, Angelina Jolie und Brad Pitt. Und dann das: kein Wort über Pietro und Sarah Lombardi. Aufatmen. Doch Howard Carpendale hat eine dunkle Vorahnung. "Hello Again" singt er sehr philosophisch und man weiß wirklich nicht, ob man sich darüber freuen soll.
Quelle: ntv.de