Nazi-Braut und Jesus-Schwester Weitere Einblicke in Hunzikers Sekten-Irrsinn
26.09.2018, 13:48 Uhr
Was sie zu berichten hat, klingt abenteuerlich: Michelle Hunziker.
(Foto: AP)
In einer neuen Autobiografie schreibt sich Michelle Hunziker ihre verkorkste Sekten-Vergangenheit von der Seele. Nun gibt sie weitere Details aus ihrem Leben mit den falschen Heilsbringern preis. Ein Leben, das sie nicht nur finanziell einiges kostete.
"Das Thema Sekten ist ein Tabu. Es existieren auch in Deutschland unzählige Sekten und Leute, die sich als Life-Coaches bezeichnen und sektenähnlich vorgehen. Die Übergänge sind fließend. Ich möchte Menschen davor bewahren, in die Fänge einer Sekte zu geraten." Das sagt Michelle Hunziker in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung, nachdem das Blatt zuvor bereits erste Auszüge aus ihrer kommenden Autobiografie "Ein scheinbar perfektes Leben" veröffentlicht hat.
In dem Buch, das am Freitag erscheint, geht die Moderatorin ausführlich auf ihre Zeit in der Sekte "Krieger des Lichts" ein, die sich von 2000 bis 2006 erstreckte. Ersten Passagen zufolge, die am Dienstag bekannt wurden, gehörte angebliche "Reinheit" zu den obersten Geboten der Gemeinschaft, die von einer im Buch "Clelia" genannten Führerin geleitet wurde. In Wahrheit hört die Sekten-Chefin auf den Namen Giulia Berghella.
"Lachen Sie bitte nicht"
Im "Bild"-Interview schildert Hunziker nun noch einmal ausführlicher, wie "Clelia" nach und nach die Kontrolle über ihr Leben übernahm. "Es geschah alles für eine vermeintlich höhere Sache. Clelia hat mich und uns alle psychisch vergewaltigt", erklärt die 41-Jährige in dem Gespräch. Zu den "Reinheitsritualen" hätte nicht nur eine "extrem strenge vegane Diät" gehört. "Meine Wohnung war so sauber wie ein Operationssaal. Wir trugen alle Weiß oder helle Farben. Wir durften bei Zusammenkünften keine Schuhe tragen und unsere Hände mussten mehrmals gewaschen sein. Und in den besten Jahren meines Lebens von 23 bis 27 musste ich enthaltsam leben", erläutert Hunziker.
Was sich für Außenstehende und im Nachhinein absurd anhört, ließ die damalige Frau von Sänger Eros Ramazzotti jahrelang offenbar ziemlich unkritisch über sich ergehen. "Ich war sowohl eine Nazi-Braut als auch die Schwester von Jesus. Sie haben mir weiß gemacht, dass ich gestorben wäre, weil ich den Nazi nicht bekehrt habe und Jesus nicht retten konnte", erklärt Hunziker im Interview, wohl wissend, wie abstrus dies klingt: "Lachen Sie bitte nicht - ich hatte schon auch meine Zweifel daran, aber steckte viel zu tief darin, als dass ich mich getraut hätte, etwas zu hinterfragen. So sehr war ich dieser Gehirnwäsche unterzogen."
Trennung von Ramazzotti

Die Moderatorin mit ihrer Tochter Aurora, der sie den Absprung von der Sekte verdankt.
(Foto: imago/Independent Photo Agency)
Auch wenn sie im Fernsehen, etwa als Moderatorin bei "Deutschland sucht den Superstar", aufgetreten sei, sei die Sekte im Hintergrund allgegenwärtig gewesen. "Sie warteten in meiner Garderobe und bewachten mein Handy", umschreibt Hunziker die Situation. "Auf der Bühne konnten sie mich aber nie kontrollieren. Das war mein Zufluchtsort", sagt sie weiter.
Schließlich habe "Clelia" auch alles daran gesetzt, sie und Ramazzotti auseinander zu bringen, macht Hunziker deutlich. Demnach bezeichnete die Sekten-Führerin den Sänger gar als "Antichrist". Als Ramazzotti ihr ein Ultimatum gestellt habe, sich zwischen ihm oder der Sekte zu entscheiden, habe "Clelia" letztlich ihr Ziel erreicht. "Das war für mich der Beweis, dass er mich nicht liebte - und für 'Clelia' der Sieg", resümiert Hunziker im "Bild"-Gespräch.
Ein Stich ins Herz
Doch nicht nur ihre Ehe ging aufgrund ihrer Verstrickungen mit der Sekte in die Brüche. Auch finanziell ließ Hunziker, die ihr Management und ihre Verträge in die Hände der selbsternannten Heilsbringer legte, ordentlich Federn. "Ich kann es nur schätzen: eine oder zwei Millionen Euro, vielleicht auch mehr", sagt sie mit Blick darauf, was sie die Zeit in der Sekte gekostet haben könnte.
Dass sie nach all den Jahren dann doch noch den Ausstieg geschafft habe, verdanke sie ihrer Tochter Aurora, erklärt Hunziker. "Sie sagte mir damals: 'Ich will meine blonde lachende Mama wieder zurück.' Das war wie ein Stich tief in mein Herz. Und der Beginn, mich zu lösen."
"Clelia" alias Giulia Berghella lebe heute auf einem Landgut in der südöstlichen italienischen Region Apulien und mache dort "im Grunde genommen das Gleiche wie zuvor", weiß Hunziker zu berichten. Kontakt zu der Frau habe sie seit ihrem Ausstieg aus der Sekte nie wieder gehabt. Trotz allem, was ihr angetan wurde, hege sie keinen Hass auf "Clelia". "Ich bin selbst für all das, was mir widerfahren ist, verantwortlich. Ich hätte Nein sagen können."
Quelle: ntv.de, vpr