Was würde Kanye West tun? Duran Duran hoffen auf Rapper-Beistand
09.09.2015, 19:04 Uhr
Genau im richtigen Alter: Duran Duran.
(Foto: Warner Music / Stephanie Pistel)
Duran Duran waren die "Wild Boys" der Achtziger. Mit Videoclips, in denen sie sich an exotischen Orten mit schönen Models vergnügten. Und einem massenkompatiblen New-Wave-Sound, der es rasch in die Charts schaffte. Genau genommen hat sich an alledem bis heute wenig geändert. Denn auch auf "Paper Gods", ihrem ersten Studioalbum seit fünf Jahren, stimmen Sound und Optik. n-tv.de traf Sänger Simon Le Bon und Drummer Roger Taylor in London zum Gespräch über Schönheitswahn, Männer um die 50 und zu viel Druck.
Simon Le Bon trägt ein T-Shirt mit der Jahreszahl 1978 aufgedruckt. "Dein Geburtsjahr?", fragen wir ihn scherzhaft, denn der mittlerweile 56-jährige Frontmann von Duran Duran hat sich extrem gut gehalten. Le Bon lacht und winkt ab: "Es ist das Geburtsjahr der Band."
Ist das wirklich schon über 35 Jahre her, dass die Briten mit Hits wie "Girls On Film", "Wild Boys" und dem James-Bond-Thema "View To A Kill" weltweit die Charts eroberten? Man mag es kaum glauben, wenn man sich ihr neues Album "Paper Gods" anhört. Denn die vier schmucken Herren geben auf ihrem 14. Studiowerk alles, um mit dem Zeitgeist zu gehen. Mit Nile Rodgers, Mark Ronson und Mr. Hudson scharen sie drei Produzenten um sich, die wissen, was in den Charts gerade angesagt ist. Als stimmliche beziehungsweise musikalische Unterstützung sind Janelle Monáe, Kiesza, Lindsay Lohan und John Frusciante (ehemaliger Gitarrist der Red Hot Chili Peppers) mit dabei.
Die Clubs im Visier
Bei so viel Bemühung um Berufsjugendlichkeit mutet es fast schon ironisch an, dass es in der funkigen, mit Rodgers und Monáe veredelten Vorab-Single heißt: "It's time to take the pressure off" - zu deutsch: Höchste Zeit, den Druck rauszunehmen! "Frisch und modern zu klingen, liegt in der DNA von Duran Duran - das macht uns keinen Druck", so Le Bon. "Wir hatten immer schon ein Gespür dafür, was sich rhythmisch, harmonisch, melodisch und textlich cool anhört. Manche Bands sind vielleicht glücklich damit, das zu machen, was sie schon vor drei Dekaden gemacht haben - wir aber nicht!"
Wurde ihr letztes Album noch in Gänze von Mark Ronson produziert, hat ihnen diesmal maßgeblich Ben Hudson geholfen, ihren von Elektronik dominierten Sound zu finden. Mr. Hudson arbeitete zuvor mit Rapper Kanye West. "Er fragte sich im Studio immer: 'Was würde Kanye jetzt tun?' Deshalb ist das Album jetzt so wie es ist", erinnert sich Drummer Roger Taylor.
Duran Duran hatten offenbar Lust, die Clubs von London bis Los Angeles zu beschallen, denn genau danach klingt "Paper Gods". Am deutlichsten wird das im Song "Danceophobia", in dem Hollywood-Schauspielerin Lindsay Lohan in einer Spoken-Word-Performance die Domina-Doktorin gibt, die Patienten von ihrer Tanzphobie kuriert.
Lindsay Lohan "gekidnapped"
Dass Duran Duran sie auf ihrem Album haben, ist wohl die größte Überraschung. Die von Drogen geläuterte Künstlerin könnte allerdings ein Comeback noch dringender gebrauchen als Duran Duran. "Sie ist seit Langem eine gute Freundin von mir. Auch wenn sie einer anderen Generation entspringt, hatten wir sofort eine Verbindung, als wir uns vor zehn Jahren bei einer TV-Show in New York trafen", erzählt Le Bon. "Alle rieten uns davon ab, sie mit aufs Album zu nehmen. Aber ich fand sie perfekt dafür."
Ganz einfach war das Unterfangen allerdings nicht. Mrs. Lohan hat Duran Duran immer wieder versetzt. "Wir sind dann irgendwann zu ihrem Appartement gefahren und haben gewartet, bis sie dort auftaucht. Wir haben sie dann quasi gekidnapped und ins Auto gepackt. Im Studio war dann alles innerhalb weniger Minuten im Kasten. Sie kann professionell sein. Aber sie ist auch eine richtige Drama Queen - umgeben von einer Wolke aus Parfüm und Zigarettenqualm."
"Ich mag mich heute mehr"

Das Line-Up der Gruppe ist das gleiche wie in den glorreichen 80ern.
(Foto: Warner Music / Stephanie Pistel)
Doch zurück zum Thema Druck. Was macht denn Le Bon, wenn doch mal alles zu viel wird? "Es hilft auf jeden Fall nicht, in einen Club zu gehen und sich hemmungslos zu besaufen!", weiß er aus Erfahrung, auch wenn ihr Album genau dorthin einlädt. "Das Mobiltelefon mal auszuschalten, ist ein guter Anfang. Aber ich spüre momentan sowieso gar keinen Druck. Wenn ich da an früher denke ... Da wurde ich schnell mal unwirsch. Aber heutzutage fühle ich mich glücklich, diesen Job machen zu können. Und ein Rezept dafür ist, ihn auf entspannte Art zu machen."
Le Bon scheint sich in den letzten Jahren eh viele Gedanken über sich und die Welt gemacht zu haben. "Das stimmt. Ich mag mich heute mehr. Und das bedeutet wiederum, dass ich andere Leute mehr mögen kann. Es klingt verrückt, aber ja, ich fühle mich so viel besser als noch vor fünf Jahren."
Feiern bis zum Untergang
So kommt es auch, dass sich Duran Duran trotz XL-Gästeliste und einigen Soundspielereien auch noch Gesellschaftskritik gegönnt haben. Im Titeltrack "Paper Gods" wird ein nach Meinung von Le Bon durch die Medien angeheizter Materialismus angeprangert. In "Last Night In The City", für das die kanadische Sängerin Kiesza die Sirene gibt, geht es ums Feiern bis zum (Welt-)Untergang, weil es "eh keinen kümmert, ob es ein Morgen geben wird". Und der Rausschmeißer "The Universe Alone" zeugt davon, dass sich die gereiften Männer auch um den Zustand von Planet Erde Sorgen machen.
Mit "What Are The Chances" und "You Kill Me With Silence" finden sich aber auch zwei melodramatische Balladen auf der Platte. Und das muss man Duran Duran einfach lassen: Sie tappen dabei nie in die Kitschfalle! Le Bons Stimme hat einfach Wiedererkennungswert. Ja, vielleicht sind Männer um die 50 wirklich besser. Roger Taylor stimmt seinem Kollegen jedenfalls zu: "Es ist eine ziemlich tolle Zeit. Andere finden Mitte 50 alt, aber ich finde das super. Du kannst auf dein Leben zurückblicken und siehst die ganze Reise. Ich würde gerade um nichts in der Welt etwas ändern wollen", so der 55-Jährige.
Der kleine Makel
Als Posterboys taugen die vier "Duranies" schließlich immer noch. Denken sie nicht, dass es bei anderen Männern ihres Alters Druck auslösen könnte, wenn sie sich an ihnen messen müssen? Taylor lacht: "Wir sind nicht verantwortlich dafür, wie andere aussehen und welchen Druck sie sich dafür machen." Und Le Bon ergänzt mit einem tiefen Seufzer: "Die Leute legen leider sehr viel Wert auf unsere visuelle Erscheinung. Also müssen wir daran arbeiten. Wir selbst haben ein bestimmtes Bild in unseren Köpfen, wie Duran Duran auszusehen haben. Denn ich will ja die Bühne mit so viel Selbstbewusstsein wie möglich betreten. Und das bedingt nun mal, möglichst gut auszusehen."
Was nervt ihn denn am meisten im Vergleich zu früher? Le Bon weiß es sofort: "Wenn ich alte Fotos von mir sehe und denke: 'Oh, wie schlank ich doch damals war!' Echt jetzt, das zieht mich total runter."
Quelle: ntv.de