Mehr als Cover: The Analogues "With A Little Help From My Friends"
09.04.2018, 21:42 UhrNatürlich gibt es weltweit ganze viele Beatles-Cover Bands, aber hier ist das Konzept anders. The Analogues fangen da an, wo die Beatles mit ihren Live-Auftritten aufgehört haben. Die niederländische Band hat erfolgreich mit "Magical Mystery Tour" durch ausverkaufte Theater in ihrem Heimatland gespielt, ab Mai sind sie mit "St. Pepper's" wieder in Deutschland unterwegs. Live muss man sich das so vorstellen: es wird auf Original-Instrumenten aus der Zeit gespielt und wenn es zu einem bestimmten Song Streicher oder Bläser auf dem Album gab, dann werden diese auch live hier eingesetzt. In den Niederlanden gilt der folgende Satz: "Wenn du einen Beatle sehen willst, dann gehst du zu Paul McCartney. Möchtest du aber die Beatles sehen, dann musst du zu The Analogues" - so muss man das Konzept sehen. The Analogues spielen die Eröffnungsnummer bei den diesjährigen LEA Awards in Frankfurt/Main, sie selbst sind auch nominiert in der Kategorie "Beste Clubtournee 2017". Das Programm "The White Album" war in Holland ausverkauft. Ich spreche mit Fred Gehring, Band-Gründer, Drummer und selbstredend Beatles-Verehrer; außerdem Hundebesitzer von "Penny Lane", ehemaliger CEO bei Tommy Hilfiger und verheiratet mit einer Frau, die ruhig zittern darf, wenn sie mit Paul McCartney spricht.
Fred Gehring: Gute Schuhe ...
n-tv.de: Danke. Männer machen ja nicht oft Komplimente über Schuhe, dabei sind es nur Tennisschuhe.
Aber die sind cool. Ich wünschte, ich könnte Tennis spielen ...
Keine Zeit?
Eher kein Talent (lacht).
Naja, man kann nicht alles haben. Dafür sind Sie total erfolgreich mit Ihrer Tour und den "Analogues".
Wir hatten so ein Glück, als wir 2014 "entdeckt" wurden. Wir haben ein wirklich kleines Konzert gespielt, circa 300 Leute, aber im Publikum war ein ziemlich bekannter Musikjournalist, der fürs holländische Fernsehen arbeitet, und er hat uns auf Twitter über den grünen Klee gelobt (lacht). Das war natürlich super hilfreich für uns. Dann war da noch ein Zeitungskritiker aus Amsterdam, der hat einen tollen Text über uns in seinem Blatt gebracht, und dann war noch einer der größten Booking-Agenten der Niederlande und der hat uns gesagt, dass er uns in alle Theater bringen wird - ab erst im darauffolgenden Jahr natürlich (lacht). Da hatten wir eine große Pause, zwischen Juni 2014 und September 2015, und waren in vielen Clubs. Aber unsere richtige Tour begann dann im September, ja.
Und das war dann in größeren Hallen oder Theatern ...
Ja, aber da hatten wir natürlich die Sorge, dass wir den Veranstaltungsort nicht füllen würden. Es waren ehrlich gesagt recht monumentale Gefühle, die uns da überwältigt haben. Wir haben jetzt in ein paar größeren Hallen gespielt, aber wir sind immer noch aufgeregt.
Sie sind den Erfolg doch aber gewöhnt?
(lacht) Ja, aber das war etwas anderes. Mein Job bei Hilfiger war auch großartig, da durfte ich 25 Jahre an der Gestaltung und dem Aufbau dieses Labels mitwirken, aber was ich jetzt mache, das liebe ich auf eine ganz andere Art und Weise.
Das muss aufregend sein, sich so zu verändern.
Ja, und ich habe großes Glück gehabt. Am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Jetzt ist es nochmal intensiver, und wir bauen wieder etwas auf. Das startete mit einer Idee und viele haben gesagt, warum musst das denn jetzt machen, die haben nicht sofort an uns geglaubt. Aber wir sind drangeblieben an unserer Idee, und dann wurde sie zur Wirklichkeit. Und jetzt sind wir so glücklich, dass wir es durchgezogen haben, denn nicht nur, dass wir eine Band sind, die sich großartig versteht - alle, die dabei sind, auch hinter der Bühne, gehören zum Team - nein, es macht einfach nur Spaß.
Hatten Sie je Angst, dass dieses Projekt nicht funktionieren könnte?
Ja! Aber das hat uns nicht aufgehalten. Das Versagen gehört zum Leben, es wird vollkommen überbewertet, wenn man mal scheitert. Dann versagt man eben mal, na und? Es ist Teil davon, dass man etwas immer wieder versuchen muss.
Jetzt füllen Sie Hallen mit 1000 bis 2000 Leuten, teilweise 10.000 - nervös?
Ja, und wie, aber wir machen das ja nicht, um zu sagen, oh, heute waren 1500 bei uns oder 1750, wir spielen das für einen ganz bestimmten Typ Mensch: Für den Liebhaber dieser Musik.
Waren Sie alle befreundet, bevor Sie auf die Bühne gegangen sind?
Ja, nicht alle, aber die meisten von uns.
Und Sie sind Multi-Instrumentalist?
Glücklicherweise schon. Aber Bart zum Beispiel ist unser musikalischer Leiter, wir sind seit Jahren befreundet, unser Kurator, der Fanatische und mein Partner-in-Crime. Er ist absoluter Vollblut-Musiker, auch schon vor den Analogues. Wir kennen uns von Partys und haben dann immer mehr festgestellt, dass wir dieselben Interessen haben. Er war ein bisschen skeptisch, wir die meisten anderen auch. Sie haben sich gefragt, warum wir noch eine Cover-Band brauchen. Aber ich hatte ja mehr im Kopf, eine andere Vorstellung.
Ist das nun mehr Hobby oder Berufung?
(lacht) Das geht so ineinander über, ist eine Definitionssache. Manchmal wird aus dem Hobby der Beruf. Das ist schwierig, weil es dann ja ernst wird. Man muss dann bestehen und mit seinem Hobby Geld verdienen. Für mich es so, dass ich endlich das mache, was ich schon immer machen wollte.
Und Ihren anderen Job haben Sie komplett an den Nagel gehängt?
Ich würde das nicht so drastisch ausdrücken, aber ja (lacht). Zum Glück bin ich mit Tommy Hilfiger noch befreundet.
Mittlerweile haben Sie Holland auch schon verlassen mit Ihrem Programm und touren zum Beispiel in Deutschland, ab Mai wieder.
Ja, denn die Beatles sind universell. Die Liebe für die Beatles geht über alle Grenzen hinaus. Das Wichtigste ist jetzt, dass wir mit einem ganzen Album unterwegs sind. Die heutige Musik ist ja bestimmt von einzelnen Songs, die man sich stückweise herunterladen kann. Die Beatles haben noch Alben erarbeitet. Das ist eine völlig anderen Herangehensweise gewesen. Die Beatles sind ein Kultur-Phänomen der Sechzigerjahre, das war eine Art Erweckung. Es ging um freie Liebe, um Drogen, um Einflüsse aus anderen Kulturen, um die Art, wie man sich kleidete. Erst trugen die Beatles brave Anzüge und Pilzköpfe, dann wurden sie immer flippiger. Und alles ändert sich: die Frisuren, der Look, die Einflüsse. Aber die Alben der Beatles, die bleiben bestehen. Sie leben in einer Art abstrakten Welt weiter.
Aber das ändern Sie ja gerade ...
Das wollen wir zumindest versuchen (lacht): Die Alben, die als unspielbar auf einer Tour galten, die tatsächlich noch nicht gespielt wurden, auch, weil die Beatles sich dann aufgelöst haben, die spielen wir jetzt. Es ist so, denke ich zumindest, dass, je digitaler unser Leben wird, die Sehnsucht nach Analogem immer größer wird. Digitaliät ist natürlich toll und perfekt, aber das ist nicht unbedingt das, was die Leute glücklich macht.
Unperfekt ist das neue Perfekt, oder?
Exakt! Es gibt den Retro-Trend, und wir machen da mit (lacht). Es gibt auch eine Renaissance von Vinyl, Sergeant Pepper wurde 50, "Let It Be" 50 ebenso, und dann noch 50 Jahre Abbey Road. Wir haben genug zu feiern (lacht).
Es gibt einfach eine gewisse Zeitlosigkeit bei Musik, oder? Dinge, die einfach immer gut sind.
Ich glaube, dass es viele Leute gibt, die die Beatles lieben, obwohl sie sie ja nicht mehr wirklich erlebt haben.
Ich zum Beispiel. Ich wurde geboren in dem Jahr, als die Beatles aufhörten zu touren.
Und von 1966 bis 1969 haben sie dann noch fünf Alben aufgenommen. Das finde ich unglaublich, dass sie die nie live gespielt haben. Und nie wieder können, unfassbar eigentlich! Selbst die klassische Musik wurde live performt, und zwar zuerst von dem, der sie kreiert hatte. Denken Sie an Mozart zum Beispiel. Und die Beatles nicht - deswegen tun wir jetzt das, was sie nicht mehr konnten. Wir covern sie mit vollstem Respekt und großer Freude! Und möglichst mit Perfektion. Naja, es gibt auch nicht so perfekte Stellen, aber die übernehmen wir, denn es ist die Perfektion der Imperfektion, die die Beatles damals geschaffen haben.
Sie sagten eben "wir covern sie" - das trifft es doch aber nicht, und eine "Tribute"-Band sind Sie auch nicht.
Das ist nett, dass Sie das sagen, und es stimmt auch. Es ist wohl eher so, dass - zumindest denken wir das und hoffen, andere sehen das auch so - ein Erbe verwalten. Wir müssten ein neues Wort erfinden. "Erbe" klingt ja auch ein bisschen verstaubt.
Haben Sie Paul McCartney oder Ringo Starr getroffen?
Nicht wirklich, leider. McCartney hat ein Haus in New York, ich auch. Wir waren auf einer Fundraiser-Party für Hillary Clinton und es waren Hunderte von Leuten da. McCartney war also tatsächlich im selben Raum wie ich und er war auch ansprechbar. Theoretisch. Aber ich war sprachlos, ich war wie paralysiert. "Hallo, ich bin Fred aus Holland und ich spiele Ihre Musik. Mit den Analogues, Sie haben vielleicht von uns gehört ...!?" (lacht) Hätte ich DAS sagen sollen? Aber meine Frau hat ihn gefragt: "Kennen Sie eigentlich die Band "The Analogues"?" Und er sagte: "Jajaja, na klar, helfen Sie mir kurz auf die Sprünge!?" (lacht) Egal, er ist toll. Und meine Frau kam dann zu mir und sage: "Ich habe mit IHM gesprochen, mit Paul McCartney." Sie hat gezittert.
Ich würde weinen ...
(lacht) Er ist so ein bodenständiger Typ und wie gesagt durchaus ansprechbar. Keine Bodyguards. Er hat so eine Art, einen zu berühren, emotional, er ist so authentisch. Seine Songs spielen noch immer eine Rolle, auch seine neuen.
Naja, wenn man das nächste Mal bei Hillary Clinton ist, dann ergibt sich vielleicht etwas ...
Mit Fred Gehring sprach Sabine Oelmann
"Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band" von The Analogues bei Amazon bestellen
Daten der Deutschland-Tour
2.5.2018 Essen - Colosseum
3.5.2018 Hannover - Theater am Aegi
5.5.2018 Offenbach - Capitol
6.5.2018 Stuttgart - Theaterhaus
9.5.2018 Halle (Saale) - Händel Halle
11.5.2018 Leipzig - Haus Auensee
15.5.2018 Hamburg - Mehr! Theater
Quelle: ntv.de